„Unsere Smartpump ist nur fünfundzwanzig Quadratmillimeter groß und damit die kleinste Pumpe der Welt. Trotzdem hat sie ein hohes Kompressionsverhältnis“, sagt Dr. Martin Richter, der die Abteilung Mikrodosiersysteme an der Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT in München leitet.
Um in der Pumpkammer Druck zu erzeugen, nutzen Richter und sein Team den piezoelektrischen Effekt, der elektrische Spannung in mechanische umwandelt: Mit Hilfe von Wechselspannung wird die Silizium-Membran nach oben oder unten bewegt, dadurch Umgebungsluft durch ein Ventil eingesaugt, in der Pumpkammer verdichtet und wieder herausgepresst.
Druck wird durch Trick erhöht
Herkömmliche piezoelektisch angetriebene Mikromembranpumpen können nur relativ niedrige Drücke mit Luft erzeugen. Denn die Unsymmetrie des Piezoeffektes erfordert viel Platz in der Pumpkammer, um die Membran bewegen zu können. Dadurch entsteht unvermeidbar ein hohes Totvolumen, also ein Restvolumen, dessen Gasinhalt nicht ausgestoßen wird. Durch einen Trick ist es Richter und seinem Team gelungen, das Totvolumen zu reduzieren und so den Druck und das Saugvermögen zu erhöhen: „Wir spannen die Membran bei der Montage der Piezokeramik mit dem Piezoeffekt definiert vor. Das hat den Vorteil, dass wir keine tiefe Pumpkammer mehr benötigen. Dieser Trick ermöglicht nicht nur Mikropumpen mit hohen Kompressionsverhältnissen, sondern auch insgesamt kleiner zu bauen.“
Einkristallines Silizium hat Vorteile
Nicht nur die Membran, auch die Klappventile und die Pumpkammer werden aus einkristallinem Silizium gefertigt, was gegenüber Metallen und Kunststoffen zahlreiche Vorteile hat: Das Halbmetall, aus dem auch Solarzellen oder Computerchips hergestellt werden, ist elastisch und ermüdungsfrei. Zudem lassen sich die einzelnen Pumpenkomponenten sehr exakt aus der Siliziumschicht herausätzen und anschließend aneinanderfügen. Der Nachteil: Silizium ist verhältnismäßig teuer. Auch deshalb ist es so wichtig, die Pumpe so klein wie möglich zu bauen. „Unser Ziel ist, die Pumpe auf eine Größe von zehn Quadratmillimeter zu verkleinern. Dann wäre die Massenfertigung rentabel. Wir sind hier auf einem guten Weg“, sagt Richter.
Auch Atemluft-Analyse denkbar
Die Integration von Gassensoren in Smartphones wird derzeit unter anderem dadurch erschwert, dass die Reaktionszeiten für diese Sensoren viel zu lang sind. Die Smartpump könnte den Gassensoren gezielt Luft zuführen und so die Reaktionszeit von mehreren Minuten auf zwei Sekunden verkürzen. Messen ließe sich nicht nur die Feinstaub-Belastung, sondern beispielsweise auch, ob die Raumluft verbraucht ist und die Fenster zum Lüften geöffnet werden sollten. Auch eine Atemluft-Analyse wäre prinzipiell möglich, beispielsweise um den Alkohol-Gehalt zu kontrollieren. „Allerdings ist hier eine hohe Messgenauigkeit erforderlich, die zurzeit noch nicht erzielt wird. Sonst setzt sich jemand in dem Glauben, nur 0,3 Promille zu haben, hinter das Steuer, hat aber in Wirklichkeit 0,9“, warnt Richter.
Vielfältig einsetzbar in der Medizin
Die Mikropumpe könnte auch im medizinischen Bereich zum Einsatz kommen, zum Beispiel als Medikamenten-Pflaster, das kontinuierlich Kleinstmengen eines Hormons oder Schmerzmittels abgibt. Oder als Implantat, mit dessen Hilfe sich der Augeninnendruck bei einer Glaukom-Therapie regulieren ließe. Maschinen könnten durch die Pumpe mit exakt dosiertem Schmierstoff versorgt werden. „Diese Anwendung entwickeln wir bereits mit einem Partner aus der Industrie.“
Im Rahmen des Förderprogramms „Discover“, das unkonventionelle und originelle Ideen unterstützt, erforschen Richter und seine Kollegen noch ein weiteres Anwendungsgebiet: das Hinterlegen von Audio- und Videodateien mit Duftszenarien. „Unsere Smartpump wird in einem Headset verbaut und verabreicht nasennah genau dosierte Düfte. Die Gaming-Industrie hat bereits Interesse angemeldet.“ Generell sei die Smartpump für alle Anwender interessant, die kleinste Mengen an Flüssigkeiten oder Gasen genau dosieren wollen.
Das Smartpump-Projekt wird gefördert durch die Fraunhofer-Zukunftsstiftung, die das Ziel verfolgt, Innovation und Beschäftigung am Standort Deutschland mittels der Lizenzierung von Forschungsergebnissen an Unternehmen zu stärken. (idw, Fraunhofer, red)
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