Mikroplastik-Partikel zeigen unterschiedlich hohe Toxizität

Nur vermeintlich gleichartig
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Marcel Meinhart M.Sc.
Marcel Meinhart M.Sc. am 1-Gigahertz-NMR-Spektrometer der Universität Bayreuth, das bei den vergleichenden Untersuchungen der Polystyrol-Partikel zum Einsatz kam. Foto: Christian Wißler
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Mikroplastik ist inzwischen allgegenwärtig. Immer mehr Studien befassen sich mit den Auswirkungen vor allem im Hinblick auf Umwelt und Gesundheit. Oft verwenden sie kugelförmige Polystyrol-Mikropartikel und sind dabei zu teilweise widersprüchlichen Ergebnissen gelangt. Doch warum?

Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Bayreuth hat einen Grund für die widersprüchlichen Ergebnisse entdeckt: Handelsübliche, vermeintlich gleiche Polystyrol-Teilchen unterscheiden sich je nach Hersteller signifikant in Bezug auf ihre Strukturen und Eigenschaften. Deshalb haben ihre Wechselwirkungen mit lebenden Zellen unterschiedliche Folgen für den Zellstoffwechsel. Die neuen Forschungsergebnisse wurden exemplarisch an Modellzelllinien von Mäusen gewonnen. „Unsere Studie zeigt eindrucksvoll, wie problematisch es ist, verallgemeinernde Aussagen über gesundheitliche oder ökologische Auswirkungen von Mikroplastik machen zu wollen. Wenn gleich große Partikel des gleichen Kunststofftyps in der gleichen Form bei vertieften Analysen überraschende chemische und physikalische Unterschiede aufweisen und wenn sich diese Unterschiede auf Interaktionen mit lebenden Zellen auswirken – dann ist Vorsicht gegenüber voreiligen Schlussfolgerungen geboten“, sagt Prof. Dr. Christian Laforsch, Sprecher des SFB Mikroplastik an der Universität Bayreuth.

Polystyrol-Mikropartikel bisher nur schlecht charakterisiert?

„Unsere Befunde enthalten klare Hinweise darauf, dass die in Wirkungsstudien derzeit gern verwendeten Polystyrol-Mikropartikel bisher nur schlecht charakterisiert sind. Weil hochrelevante Unterschiede unentdeckt blieben, haben widersprüchliche Ergebnisse, die unter vermeintlich gleichen Bedingungen erzielt wurden, der Forschung Rätsel aufgegeben. Künftig werden wir in Bayreuth die in unseren Versuchen eingesetzten Mikropartikel noch genauer unter die Lupe nehmen. Die Replizierbarkeit von Experimenten muss in der Mikroplastik-Forschung höchste Priorität haben – gerade wenn es um die Untersuchung gesundheitlicher Auswirkungen geht“, ergänzt Anja Ramsperger, eine der Erstautorinnen der Studie.

Einige Unterschiede zu erkennen

Die deutlichen Unterschiede zwischen handelsüblichen Polystyrol-Partikeln, die von verschiedenen Herstellern stammen, betreffen zunächst ihren Gehalt an Monomeren. Diese Grundbausteine der langkettigen Kunststoffmoleküle, die bei der Herstellung der Kunststoffe verkettet werden, können schädlich auf Zellen oder Organismen wirken. Weitere Unterschiede betreffen laut Studie die elektrische Ladungsverteilung an der Oberfläche der Partikel, das sogenannte Zeta-Potenzial. Die Experimente wurden im Rahmen des SFB 1357 Mikroplastik in Laboratorien der Universität Bayreuth und des Leibniz-Instituts für Polymerforschung in Dresden durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eindeutig: Wenn Polystyrol-Mikropartikel mit einem höheren Zeta-Potenzial und einer einheitlichen Ladungsverteilung an der Oberfläche in Kontakt mit lebenden Zellen gebracht werden, kommt es zu weitaus häufigeren Interaktionen als bei der Verwendung anderer Polystyrol-Mikropartikel. Im Zuge häufiger Wechselwirkungen können vergleichsweise viele Partikel in die Zellen gelangen. Hier beeinträchtigen sie den Stoffwechsel und die Vermehrung der Zellen – vor allem dann, wenn die Partikelkonzentrationen hoch sind.

Vergleichbarkeit von Studien eingeschränkt

„Mittlerweile gibt es zahlreiche toxikologische Studien, die den Auswirkungen von Mikroplastik auf lebende Organismen auf die Spur kommen wollen. Aber erst wenn wir die chemische Zusammensetzung und die Oberflächeneigenschaften der dabei verwendeten Partikel im Detail kennen, lassen sich diese Studien wissenschaftlich vergleichen. Nur auf dieser Basis wird es möglich sein, die Eigenschaften zu entschlüsseln, die bestimmte Arten von Mikroplastik für die Umwelt und den Menschen potenziell gefährlich machen“, betont Ramsperger.

Die neue Studie beruht auf einer engen interdisziplinären Kooperation im DFG-Sonderforschungsbereich 1357 Mikroplastik an der Universität Bayreuth. Die beteiligten Autoren forschen und lehren auf Gebieten der Tierökologie, der Biomaterialforschung, der Bioprozesstechnik, der Biophysik und der Anorganischen Chemie. Weiterer Forschungspartner im Rahmen des SFB war das Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden.

Literatur:

A.F.R.M. Ramsperger, J. Jasinski, M. Völkl, et al.: Supposedly identical microplastic particles substantially differ in their material properties influencing particle-cell interactions and cellular responses. Journal of Hazardous Materials (2021), DOI: doi.org/10.1016/j.jhazmat.2021.127961.


Quelle: idw/Uni Bayreuth

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