Mikroplastik: Neue automatisierte Analysemethode

Identifikation und Quantifizierung möglich
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Dr. Natalia Ivleva, TUM
Dr. Natalia Ivleva hat mit ihrem Team neue Verfahren zur Analyse von Mikroplastik entwickelt. © Andreas Heddergott/TUM
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Mikroplastik ist in der Umwelt inzwischen allgegenwärtig. Doch wie hoch ist die Konzentration in der Umwelt, im Trinkwasser oder in Nahrungsmitteln? Mit einer neu entwickelten automatisierten Analysemethode können die Partikel identifiziert und quantifiziert werden.

Mikroplastik ist nicht nur allgegenwärtig, die winzigen Teilchen mit einer Größe von unter fünf Millimetern können außerdem Schad- und Giftstoffe aufnehmen und transportieren. „Wir benötigen dringend Analysemethoden, die Auskunft geben über die Größe, Konzentration und Zusammensetzung der Partikel“, erklärt Dr. Natalia Ivleva vom Lehrstuhl für Analytische Chemie und Wasserchemie der Technischen Universität München (TUM). Zusammen mit ihrem Team hat die Wissenschaftlerin ein neues Verfahren entwickelt.

Erhitzung der Proben nicht zielführend

Um das Mikroplastik zu detektieren, mussten die Forscherinnen und Forscher mehrere Hürden überwinden: Das erste Problem ist die geringe Konzentration der Partikel. Flusswasser zum Beispiel enthält jede Menge Schwebstoffe und feinen Sand, nicht einmal ein Prozent der Partikel sind aus Kunststoff. Diese Teilchen gilt es zu isolieren, dann muss deren Konzentration bestimmt werden und schließlich die chemische Zusammensetzung. Bisher wurden hierfür Analysemethoden eingesetzt, bei denen die Proben erhitzt und die Zersetzungsprodukte untersucht wurden. Anzahl, Größe und Form der Plastik-Partikel ließen sich auf diese Weise nicht ermitteln.

Einsatz von Raman-Mikrospektroskopie

„Unser Ansatz ist grundlegend anders“, betont Ivleva: „Wir arbeiten partikelbasiert, das heißt, wir zerstören die Teilchen nicht, sondern untersuchen sie direkt.“ Dabei nutzen die Forscherinnen und Forscher die sogenannte Raman-Mikrospektroskopie, bei der mit Hilfe eines Lasers monochromatisches Licht von den Molekülen einer Probe gestreut wird. Durch Vergleich des gestreuten mit dem eingestrahlten Licht lassen sich Rückschlüsse ziehen auf die untersuchte Substanz.

Um Plastik-Partikel mit mehr als einem Mikrometer Durchmesser auf diese Weise zu analysieren, müssen die Kunststoff-Teilchen aus der wässrigen Lösung herausgefiltert, unter dem Mikroskop detektiert und dann mit Laserlicht beleuchtet werden. Weil Kunststoffe wie Polyethylen, Polystyrol oder Polyvinylchlorid die Photonen auf charakteristische Weise streuen, erzeugen sie jeweils spezifische Signale, die sich wie ein Fingerabdruck zuordnen lassen.

Analyse innerhalb von Stunden

Die Entwicklung des Nachweisverfahren hat Jahre gedauert: „Als wir angefangen haben, waren manuelle Messungen erforderlich“, erinnert sich die Chemikerin. „Da haben wir Monate gebraucht, um ein paar Tausend Partikel zu untersuchen.“ Mittlerweile ist es dem Team gelungen, den Nachweis von Mikroplastik zu automatisieren. Eine Analyse dauert nicht mehr Wochen, sondern nur noch Stunden. Man muss die winzigen Partikel zwar immer noch aus einer wässrigen Probe herausfiltern und den Filter unter das Raman-Mikrospektroskop legen, doch alles Weitere steuert eine eigens entwickelte Software: Die Kunststoffteilchen werden zunächst lichtmikroskopisch lokalisiert, fotografiert und vermessen, wobei Partikel und Fasern unterschieden werden. Das Computerprogramm berechnet aus diesen Daten die Anzahl von Partikeln und Fasern sowie die Auswahl von Bildausschnitten für die anschließende Raman-Spektroskopie, die für ein statistisch signifikantes Ergebnis benötigt werden.

Verwendete Software „TUM-Particle Typer 2“ ist Open Source

Im nächsten Schritt fällt Laserlicht auf die Probe, die Streuung wird detektiert und ausgewertet. Anzahl, Größe, Form und Zusammensetzung von Mikroplastik lässt sich auf diese Weise schnell und zuverlässig analysieren. Die Software „TUM-Particle Typer 2“ ist Open Source basiert und kann ab sofort von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf der ganzen Welt genutzt werden.

Um auch Partikel untersuchen zu können, die Durchmesser von weniger als einem Mikrometer aufweisen, arbeitet Ivleva‘s Gruppe bereits an einem modifizierten Verfahren. „Solche Nanoteilchen sind unter einem Lichtmikroskop nur schwer oder gar nicht zu detektieren. Um die Partikel nachweisen zu können, müssen wir sie zuerst nach Größe fraktionieren und dann identifizieren“, erklärt die Forscherin.

System für Feldflussfraktionierung verwendet

Hierfür wird ein System für Feldflussfraktionierung verwendet. Dieses erzeugt einen Wasserstrom, der die Partikel erfasst und – abhängig von ihrer Größe – schneller oder langsamer transportiert und auf diese Weise trennt. Eine speziell entwickelte Vorrichtung erlaubt in Kombination mit Raman-Mikrospektroskopie die chemische Charakterisierung von unterschiedlichen Arten von Nanoplastik.

„Die neuen Analyseverfahren ermöglichen eine schnelle und genaue Untersuchung der Konzentration, Größe und Zusammensetzung von Mikro- und Nanoplastik“, resümiert Ivleva. „Damit wird es künftig möglich sein, auch den Einfluss dieser Partikel auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit zu erforschen.“

Zusammenfassung:

  • Mikroplastik ist in der Umwelt inzwischen allgegenwärtig.
  • Doch wie hoch ist die Konzentration in der Umwelt, im Trinkwasser oder in Nahrungsmitteln?
  • Mit der Raman-Mikrospektroskopie und einer Automatisierung soll die Analyse jetzt verbessert werden.
  • Die verwendete Software „TUM-Particle Typer 2“ ist Open Source.

 

Literatur:
Jacob O, Ramírez-Piñero A, Elsner M, Ivleva NP: TUM-ParticleTyper 2: Automated Quantitative Analysis of (Microplastic) Particles and Fibers down to 1 μm by Raman Microspectroscopy, Analytical and Bioanalytical Chemistry, 2023 Jun; 415 (15): 2947-61, DOI: 10.1007/s00216-023-04712-9. link.springer.com/article/10.1007/s00216-023-04712-9

Huber MJ, Ivleva NP, Booth AM, et al.: Physicochemical Characterization and Quantification of Nanoplastics: Applicability, Limitations and Complementarity of Batch and Fractionation Methods, Analytical and Bioanalytical Chemistry, 415, 3007–3031 (2023), DOI: doi.org/10.1007/s00216-023-04689-5.

Quelle: idw/TUM

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