Mikrobe des Jahres 2025

„Keulenbakterium“ Corynebacterium glutamicum
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Corynebacterium glutamicum im Raster-Elektronenmikroskop
Corynebacterium glutamicum im Raster-Elektronenmikroskop. Die Stäbchen sind nicht ganz gleichmäßig und damit wie Keulen (griechisch coryne) geformt. Die „schnappende“ Zellteilung führt zu aufgeklappten V-förmigen Strukturen. Foto: Urska Repnik, Marc Bramkamp, Universität Kiel (CC BY 4.0), https://creativecommons.org/licenses/by/4.0/
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Mit dem „Keulenbakterium“ Corynebacterium glutamicum hat die VAAM einen der „hidden champions“ unter den Mikroben zur Mikrobe des Jahres 2025 gekürt.

Corynebacterium glutamicum – ein grampositives „Keulenbakterium“ – ist die Mikrobe des Jahres 2025. Die länglichen Corynebakterien verdanken ihren Namen ihrer Keulen-Form – griechisch coryne. Ursache ist ein ungleichmäßiges Wachstum der Zellwände an beiden Zellenden: Während des Wachstums wird neues Zellwandmaterial zunächst bevorzugt an einem Ende der Zelle eingebaut. Zudem schützt eine mehrschichtige, sehr stabile und wasserabweisende Zellhülle die Bakterien vor schädlichen Stoffen. Die besondere Zellhülle führt auch zu einer ungewöhnlichen Teilung: Die Tochterzellen schnappen einseitig auf, sodass eine charakteristische V-Form entsteht. Dieses Bakterium produziert Aminosäuren, die einen Güterzug quer durch Deutschland füllen würden. Corynebacterium glutamicum gilt als unbekannter Weltmarktführer: Allein 3,5 Millionen Tonnen des Geschmackstoffs Natriumglutamat jährlich liefere das Bakterium, zudem viele weitere Aminosäuren und Proteine für die Lebensmittel- und Futterproduktion. Die Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie (VAAM) ernennt mit Corynebacterium glutamicum eine Mikrobe des Jahres von hoher industrieller Bedeutung. Ein herzhafter Geschmack, „umami“ genannt, war der Auslöser für die Isolierung von Corynebacterium glutamicum: 1956 suchten zwei japanische Forscher gezielt Bakterien, die einen derartigen Geschmack produzieren. Ähnlich wie bei den Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter gibt es für umami spezielle Sinneszellen auf der Zunge. Natriumglutamat löst diesen herzhaften Geschmack aus und ist natürlicherweise etwa in reifen Tomaten, Parmesan und Schinken enthalten. Es wird als Würzmittel eingesetzt – vor allem in der asiatischen Küche und in Fertigprodukten.

Große wirtschaftliche Bedeutung

Nachdem Corynebacterium glutamicum als natürlicher Glutamat-Ausscheider identifiziert war, begann die industrielle Herstellung von Natriumglutamat aus Mikroorganismen. Seit etwa 40 Jahren erforschen wissenschaftliche Institute und Unternehmen in Deutschland diese faszinierende Mikrobe des Jahres. Sie nutzen gezielt gentechnische Methoden und neue Ansätze der synthetischen Biologie, um neben Aminosäuren eine breite Palette weiterer Produkte mit dieser Mikrobe herzustellen. Dazu gehören auch gesundheitsfördernde Naturstoffe, Antioxidantien und antimikrobielle Peptide. Um nicht wertvolle Nahrungsmittel als Grundlage für die Aminosäureherstellung zu „missbrauchen“, veränderten Forscherinnen und Forscher Corynebacterium glutamicum so, dass es alternativ Reste aus der Biodieselproduktion oder Pflanzenabfälle verwerten kann, beispielsweise Orangenschalen. Dies mindere die fossile Abhängigkeit und erlaube einen bioökonomischen Kreislauf aus nachwachsenden Rohstoffen. Die intensive Forschung an den Corynebakterien liefere zudem die Grundlage für weitere spannende Anwendungen, so die VAAM.

Verwandtschaft zu tödlichen Erregern

Neben dem harmlosen Corynebacterium glutamicum gibt es aber auch mit Corynebacterium diphtheriae einen Verwandten, der als „Würgeengel der Kinder“ in die Geschichte eingegangen ist. Er tötete hierzulande bis zum Ende des 19. Jahrhunderts jährlich etwa 50.000 Kinder, bis es eine Impfung gab. Außerdem sind sie verwandt mit Mycobacterium tuberculosis. Ebenfalls eine Geißel der Menschheit, die bis heute weltweit wütet.

Quelle: VAAM

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