Mit zunehmender Erderwärmung steigt die Wetterempfindlichkeit der Menschen, in der Fachsprache Biotropie genannt. Hitzewellen sowie rasche Temperaturänderungen zum Vortag und Temperaturschwankungen binnen eines Tages werden mit einer erhöhten Wetterfühligkeit in Verbindung gebracht, was zur Folge hat, dass bereits vorhandene Krankheiten und Beschwerden verstärkt oder ausgelöst werden können. „Der Klimawandel schlägt vor allem auf den Kreislauf und bereitet insbesondere Menschen mit Herz- oder Bluthochdruck große Probleme. Es kommt zu Erschöpfung, Konzentrationsschwierigkeiten, Muskelkrämpfen bis hin zu Herzrhythmusstörungen“, erklärt Prof. Dr. Stefan Frantz, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Uniklinikums Würzburg (UKW).
Eine aktuelle Übersichtarbeit untermauert die Hinweise auf die Erhöhung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch einen Temperaturanstieg und Hitzewellen Es seien evidenzbasierte Präventionsmaßnahmen erforderlich, um die Spitzenwerte bei kardiovaskulären Ereignissen während Hitzeperioden abzuschwächen und so die weltweite Gesamtbelastung durch hitzebedingte Morbidität und Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken, heißt es in der Studie.
Regulation der Körpertemperatur
Wer sich nicht rechtzeitig Kühlung verschafft, riskiert sogar einen Hitzschlag. Auch die Nieren können unter den erhöhten Durchschnittstemperaturen und extremer Hitze leiden. Generell hat der Körper verschiedene Möglichkeiten, die eigene Körpertemperatur zu regulieren und überschüssige Wärme abzugeben. Die bekannteste Maßnahme ist das Schwitzen. Stellt unser Temperaturkontrollzentrum im Gehirn, der Hypothalamus, fest, dass die Körpertemperatur von 37 Grad überschritten wird, werden die Schweißdrüsen in der Haut zur vermehrten Produktion angeregt. Darüber hinaus stellt der Körper die Hautgefäße weit. Das Herz pumpt vermehrt warmes Blut in die erweiterten Hautgefäße, wodurch ebenfalls Wärme abgeleitet wird.
Nierenversagen durch Flüssigkeitsverlust
„In Folge des vermehrten Schwitzens kommt es naturgemäß zu einem Verlust von Flüssigkeit und wichtigen Körpersalzen, den sogenannten Elektrolyten. Der Mangel an Flüssigkeit und die hitzebedingte Weitstellung der Gefäße führen zu einem Absinken des Blutdrucks. Das Herz pumpt nicht mehr ausreichend Blut durch den Körper - und die Nieren“, berichtet Prof. Dr. Christoph Wanner, Leiter der Nephrologie am UKW und Präsident der European Renal Association ERA und Initiator der Kampagne Strong Kidneys. „Wer diesen Flüssigkeitsverlust nicht ausgleicht, trocknet aus. Das kann ein Nierenversagen zur Folge haben. Auch das Risiko für die Bildung von Harnsteinen und Harnwegsinfektionen wird durch eine Austrocknung des Körpers erhöht.“
2 Liter Wasser pro Tag
Pro Tag scheidet der Mensch knapp einen Liter Wasser über den Urin aus, einen halben Liter über den Schweiß und einen weiteren halben Liter über die Atmung. An heißen Tagen und bei großen Anstrengungen mehr. Damit der Körper weiterhin einwandfrei funktioniert, muss dieser Verlust ausgeglichen werden - idealerweise mit ein bis zwei Liter zuzüglich zur sonstigen Trinkmenge, also unterm Strich zwei bis drei Liter. Experten empfehlen Leitungs- oder Mineralwasser, je nach Geschmack mit etwas Zitrone oder wenig Saft gemischt sowie ungesüßte Tees. Am besten trinkt man morgens direkt nach dem Aufstehen schon ein großes Glas Wasser, das füllt die Speicher wieder auf, kurbelt den Kreislauf an und fördert die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit.
Patientinnen und Patienten mit einer Herz- oder Nierenerkrankung sollten allerdings die tägliche Trinkmenge unbedingt mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt besprechen, möglicherweise muss sie überdacht werden. Denn wenn ihr Körper das Wasser nicht vollständig ausscheiden kann, sammelt es sich möglicherweise in Beinen, Lunge oder im Bauchraum an. Tägliches Wiegen hilft, Schwankungen im Flüssigkeitshaushalt zu vermeiden. Eine Zunahme von einem halben Kilo Körpergewicht innerhalb eines Tages deutet in der Regel auf eine zu hohe Trinkmenge hin.
Durstgefühl schwankt
Durst ist ein guter Indikator dafür, dass der Körper Flüssigkeit benötigt. Mit dem Alter lässt das Durstempfinden jedoch nach. Typische Anzeichen eines Flüssigkeitsmangels sind Müdigkeit, Kopfschmerzen, Verdauungsstörungen, da der Magen-Darm-Trakt langsamer arbeitet, Schwindel, Muskelkrämpfe, Gliederschmerzen und Hauttrockenheit.
Elektrolyte ersetzen
Über den Schweiß gehen auch viele Elektrolyte verloren, wertvolle Mineralstoffe wie Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium sowie Zink und Jod. Einem Mangel an Elektrolyten wirkt man gut mit einer Gemüsebrühe oder einer Gazpacho, der kalten Gemüsesuppe aus Andalusien, entgegen. Wer bereits an einer Herzerkrankung leidet, sollte vor allem seinen Kalium-Spiegel im Blick haben, da ein Kalium-Mangel die Herzfunktion noch stärker beeinträchtigen kann. Nehmen Sie jedoch nicht eigenmächtig, ohne ärztliche Absprache, Kalium-Tabletten ein.
Mittagshitze und körperliche Anstrengung meiden
Körperliche Aktivitäten wie Einkaufen, Haus- und Gartenarbeit sollten bei Hitze auf ein Minimum reduziert und in die kühleren Morgen- und Abendstunden verlegt werden. Das gilt auch für Sport. Kraft- und Ausdauertraining stärken zwar das Herz und bringen Sie besser durch die Hitzewelle. An extrem heißen Tagen gilt es jedoch, Überanstregungen zu vermeiden und Sport nur in gekühlten Räumen zu treiben. Bevorzugen Sie zudem leichte, luftige und helle Kleidung aus Baumwolle, damit sich die Hitze nicht staut. Und denken Sie an eine Kopfbedeckung, wenn Sie sich draußen aufhalten. Erfrischung bringen kalte feuchte Tücher im Nacken sowie kalte Fuß- und Armbäder. Für den Extra-Kühl-Effekt sorgen ein paar Tropfen ätherische Öle im Wasser wie Minze, Zitrone oder Eukalyptus.
Medikamente und Blutdruck im Blick behalten
Hitze weitet die Gefäße, sodass der Blutdruck sinkt. Gegebenenfalls muss die Dosis der Medikamente angepasst werden. Doch auch die Wirkungen und Nebenwirkungen von anderen Medikamenten können sich bei Hitze ändern, wie zum Beispiel Diuretika. Um unerwünschte Folgen zu vermeiden, sollte im Hochsommer die Dosierung der Medikamente ebenso wie die Anpassung der Trinkmenge mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnde Arzt besprochen werden.
Hitzenotfall
Wer bei Mitmenschen Symptome wie plötzlicher Verwirrtheit, Bewusstlosigkeit, Krampfanfall, Fieber, starken Kopfschmerzen oder wiederholtem heftigen Erbrechen beobachtet, sollte umgehend den Notarzt 112 rufen und bis zum Eintreffen des Rettungswagens erste Hilfe leisten. Bringen Sie die Person in den Schatten und sorgen Sie mit kalten Tüchern für Abkühlung. Bei Bewusstlosigkeit ist die stabile Seitenlage angebracht, bei Atemstillstand Herzdruckmassage.
Weitere Infos
Um sich für heiße Tage zu wappnen, lohnt sich ein regelmäßiger Blick auf die Webseite des Deutschen Wetterdiensts (DWD): www.dwd.de, Ausführliche Informationen zur Herzgesundheit bietet die Webseite des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz Würzburg: www.dzhi.de, Informationen zur Stärkung der Nieren gibt es unter www.strongkidneys.eu
Quelle: Universtät Würzburg (UKW)
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