Medizintechnik-Branche beklagt die schlechten Standortbedingungen

MedTech unter Druck
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Produktion eines Ballonkatheters
© BVMed/Kurt Paulus
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Aufgrund der anhaltenden Kostensteigerungen erwarten nur noch 10 Prozent der BVMed-Mitglieder in diesem Jahr Gewinnsteigerungen gegenüber dem Vorjahr. Die Folge: Investitionen am Standort Deutschland gehen zurück. Der Innovationsklima-Index des BVMed bleibt auf einem Tiefpunkt.

Das sind Ergebnisse der BVMed-Herbstumfrage, die Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll auf der 25. Jahrespressekonferenz des MedTech-Branchenverbandes in Berlin vorstellte. Der zunehmende Druck auf die Gewinnsituation der Branche wirke sich verstärkt auch auf die Investitionen am Standort Deutschland aus. 30 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen wollen ihre Investitionen gegenüber dem Vorjahr verringern. Dieser Wert steige seit Jahren kontinuierlich an und zeige, dass die Attraktivität des Standorts leidet, so Möll. Ein Drittel der befragten Unternehmen wollen dagegen Investitionen ins Ausland verlagern, davon 16 Prozent in die USA und 13 Prozent sogar ins EU-Ausland (obwohl dort die gleichen EU-Regularien gelten).Die Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes Medizintechnologie (BVMed) erwarten für 2024 zudem nur noch einen Umsatzanstieg von 1,2 Prozent in Deutschland. Das sei gegenüber dem Vorjahreswert von 4,8 Prozent ein „dramatischer Rückgang". Entsprechend betonte auch BVMed-Vorstandvorsitzender Mark Jalaß die deutlich verschlechterten Standortbedingungen hierzulande: „Der Medizintechnik-Standort Deutschland ist stark gefährdet.“ Beklagt werden vor allem die im internationalen Vergleich zu hohen Energiepreise, die überbordende Bürokratie und zu hohe Steuern. Dazu kämen noch die hausgemachten Probleme wie die regulatorischen Vorgaben für Medizinprodukte, die Innovationen ausbremsten. Dadurch sei nicht mehr gewährleistet, dass die Patienten die innovativsten Produkte bekämen, erläuterte Möll. Es seien davon nicht nur Breakthrough-Innovationen betroffen, sondern praktisch auch alle Bestandsprodukte. Dies liege daran, dass bei Schrittinnovationen bestehender Produkte eine neue Zertifizierung nötig werde, wenn es signifikante Änderungen sind. Entsprechend fordert der Verband, dass die Bundesregierung Druck auf die EU-Kommission ausübt, um die EU-Medizinprodukte-Verordnung rasch zu verbessern. Die Branche baut auf eine EU-Ratsinitiative, die im Dezember erwartet wird. Auch seien schnellere Bewertungsverfahren beim G-BA und beim Bewertungsausschuss mit klaren Fristenregelungen nötig. Kritisiert wird außerdem die „anhaltende Regulierungswut“ und eine schleppende Digitalisierung des Gesundheitssystems und eine mangelnde Datennutzung. Allein für den erklärten Green Deal der EU-Kommission erwartet die Branche weitere 40 Richtlinien und Verordnungen. Hier sei eine neue Balance nötig. Als große Stärken des Standorts Deutschland nennen die befragten MedTech-Unternehmen zu 71 Prozent die gute Infrastruktur, beispielsweise die Verkehrswege, sowie die gut ausgebildeten Fachkräfte (68 Prozent). Es folgen mit größerem Abstand als genannte Stärken das hohe Versorgungsniveau der Patientinnen und Patienten (40 Prozent) sowie gut ausgebildete Wissenschaftler/-innen und Ingenieurinnen und Ingenieure (34 Prozent).

USA mit deutlichen Vorteilen

Die Zeiten, in denen das europäische Regulierungssystem für Medizinprodukte dem US-amerikanischen FDA-System überlegen war, scheinen vorbei zu sein. Das zeigt auch die BVMed-Herbstumfrage. Eine deutliche Mehrheit von 67 Prozent der Unternehmen präferieren aktuell das FDA-System. Die MDR müsse nach Meinung der teilnehmenden MedTech-Unternehmen dringend weiterentwickelt und verbessert werden. 83 Prozent der Unternehmen wünschen sich dabei vor allem weniger Bürokratie. 65 Prozent erwarten vorhersehbare und klare Fristen, 57 Prozent berechenbare Kosten. Neben der Großbaustelle MDR beklagen die BVMed-Mitglieder auch zunehmend die fehlende Konsistenz nationaler und europäischer Regelungen zu umweltrechtlichen Auflagen und nachhaltigkeitsbezogenen Berichtspflichten. 65 Prozent sprechen sich explizit für die Vermeidung doppelter Berichtspflichten aus. 64 Prozent sind für eine bessere EU-weite Harmonisierung der Regelungen.

MedTech-Branche bleibt Jobmotor

Trotz der Krisenauswirkungen und dramatisch steigenden Kosten schafft die Medizintechnik-Branche in Deutschland weiter zusätzliche Arbeitsplätze. 32 Prozent der Unternehmen, die sich an der BVMed-Herbstumfrage 2024 beteiligten, wollen die Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber dem Vorjahr erhöhen, 42 Prozent wollen die Zahl der Stellen zumindest stabil halten. Auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) bewerten die Unternehmen das Innovationsklima für Medizintechnik in Deutschland im Durchschnitt mit 3,6. Das sei eine nur leichte Verbesserung vom absoluten Tiefstwert aus dem Vorjahr, so Möll. Als innovativste Forschungsbereiche schätzen die Unternehmen die Kardiologie (31 Prozent), Onkologie (30 Prozent), Diagnostik (21 Prozent) sowie Neurologie (20 Prozent) ein.

Quelle: BVMed

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