Doch wie kam es dazu?
Im Jahr 1890 eröffnete die Photographische Lehranstalt des Lette-Vereins als weltweit erste schulische Ausbildungsstätte im Bereich der Fotografie. Hier war Marie Kundt im Eröffnungsjahr Schülerin. Auf familiärer Seite verband Marie Kundt ein Zufall mit Wilhelm Conrad Röntgen, da ihr Onkel August Kundt ein Lehrer von ihm war. Mit der Entdeckung der „X-Strahlen“ 1895 wurde sehr schnell der medizinische Wert dieser neuen Strahlenart erkannt und aufgrund der voranschreitenden Weiterentwicklung entstand ein Bedarf an Fachpersonal zur Nutzung der notwendigen technischen Apparaturen der Röntgenstrahlen.
Aus diesem Fachkräftebedarf resultierte die Entwicklung und Ausbildung der Berufsbilder der Technischen Assistenten/-innen, an denen Marie Kundt als deren Urheberin einen wesentlichen Anteil hatte. So entstand 1896 an der Photographischen Anstalt des Lette-Vereins die erste MTRA-Ausbildung (damals Röntgenschwester), um die Kombination von Fotografie und Röntgenstrahlung für medizinische Untersuchungen anzuwenden.
Das Leben von Marie Kundt
Marie Kundt gründete 1895 den Verein der ehemaligen Schülerinnen der Photographischen Lehranstalt, ein Netzwerk von Fachfrauen, die weltweit Kontakt hielten, regelmäßige Fortbildungen organisierten und sich für die Berufsentwicklung einsetzten. 1919 entstand aus diesem Verein der BOTAWI, der Bund der Organisationen Technischer Assistentinnen, als dessen Nachfolger sich der DVTA mit seiner Gründung im Jahr 1969 sieht. Marie Kundt stand dem BOTAWI bis 1929 vor.
Nachdem Marie Kundt 1912 mit ihrer Meisterprüfung die Befähigung zur Ausbildung von Fotografen/-innen erhielt, wurde sie 1913 die Direktorin der höheren Fachschule. Sie war damit die erste Frau, der eine höhere Fachschule für die Ausbildung von männlichen und weiblichen Schülern unterstellt war. Dort war sie bis 1932 Direktorin.
Marie Kundt als Vorbild für Weiterentwicklung statt Stillstand
Aufgrund der Bedeutung von Marie Kundt für den MTRA-Beruf, wurde unser Preis nach ihr benannt. Sie hat den Grundstein für unseren Beruf gelegt und war maßgeblich an der Weiterentwicklung beteiligt. So können wir inzwischen auf eine über 125-jährige Berufsgeschichte zurückblicken. Unser MTRA-Beruf nimmt eine wichtige Rolle in der Gesundheitsversorgung ein, dabei müssen sich die Berufsangehörigen den Herausforderungen der stetigen medizinisch-technischen Weiterentwicklungen und den damit verbundenen Qualifikationsanforderungen stellen. Das hohe Engagement, die Motivation und die große Professionalität von MTRA bilden die Basis der sicheren Diagnostik und Therapie.
125 Jahre nach Gründung der ersten Schule für unseren Beruf ist 2021 endlich der langersehnte Schritt der Änderung der Berufsbezeichnung durch die Gesetzgebung erfolgt:
Aus „Assistenten/-innen“ werden Technologen/-innen
Die fachliche Kompetenz und die Qualifikation der Berufsgruppe wird durch den Erhalt und die Erweiterung der vorbehaltenen Tätigkeiten der MTR erneut vom Gesetzgeber anerkannt und weiterhin gesichert. Damit verdeutlicht der Gesetzgeber die Bedeutung und die Stellung des MTR-Berufs.
Prämierte Facharbeit 2022
Die prämierte Gewinnerarbeit hat den Titel „Lernsituationen, die handlungsorientiert von Schüler/-innen gestaltet sind“. Damit greift unser diesjähriger Preisträger ein sehr aktuelles pädagogisches Thema der MT(A)-Ausbildung auf, nämlich die aktive Partizipation der Auszubildenden in den Unterrichtsprozess. Im Rahmen der Facharbeit erfolgt eine übersichtliche Darstellung anhand eines schulinternen Projekts der Schule für MTRA in Münster. In Münster wurden viele Lernsituationen handlungsorientiert gestaltet, sodass die Auszubildenden nicht nur eigenständig neues Wissen erwerben und anwenden, sondern auch Unterrichtsinhalte reflektieren und einfacher Verknüpfungen herstellen können.
Das handlungsorientierte Lernen wurde in Münster zum Beispiel im Fachbereich Nuklearmedizin umgesetzt, dabei sollte das praktische Arbeiten an einer Gammakamera erlernt werden. Hierzu bekamen Auszubildende des zweiten Ausbildungsjahres die Aufgabenstellung, einen theoretischen sowie einen praktischen Unterrichtsteil für den ersten Ausbildungsjahrgang auszuarbeiten und durchzuführen. Die Vorgaben waren bewusst weit gehalten, um die Kreativität zu fördern. Den Auszubildenden wurde entsprechendes Handwerkszeug an die Hand gegeben. Das Projekt wurde anschließend ausgewertet. Dabei ergab sich, dass sich die Gestaltung gemäß handlungsorientiertem Lernen positiv auf die Teambildung in der Ausbildungsgruppe auswirkt. Um diese Methode zielführend und erfolgreich umzusetzen, müssen die Lehrkräfte jedoch über die Kompetenz verfügen, die pädagogische Methode anzuwenden und zu begleiten. Festgestellt wurde im Rahmen des Projekts ebenfalls, dass die Förderung der medialen Kompetenz gerade im digitalen Zeitalter und der weiter voranschreitenden technologischen Entwicklung in der Medizin relevant ist.
Aufgrund der positiven Erfahrung und den Rückmeldungen der Auszubildenden ist das handlungsorientierte Lernen in der MTRA-Schule in Münster zu einer etablierten Methode geworden.
Preisträger 2022
Der Marie-Kundt-Preis geht in diesem Jahr an Pál Nagyiván aus der Schule für MTRA in Münster. Herr Nagyiván absolvierte seine Ausbildung zum MTRA von 1988 bis 1990 in Osnabrück. Bevor 1995 seine pädagogische Berufslaufbahn in München begann, war er in der Röntgendiagnostik und Nuklearmedizin tätig. Seine Freizeit verbringt Nagyiván mit Bergsteigen und Fernreisen sowie der Affinität zum Schreiben, sodass er Autor einiger Fachpublikationen ist.
Dank an die Sponsoren/Partner
Wir freuen uns als Berufsverband, dass wir mit dem Marie-Kundt-Preis eine Möglichkeit haben, die fachliche Arbeit zu Weiterentwicklungen in unserem Berufsfeld zu würdigen und sind froh, mit dem Deutschen Ärzteverlag und der Firma Bayer Partner gefunden zu haben, die dies unterstützen.
Entnommen aus MTA Dialog 7/2022
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