Lungenhochdruck-Therapie: Neuer Hoffnungsträger

Meilenstein in der Versorgung?
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Professor Dr. Marius Hoeper und Professorin Dr. Karen Olsson
Durchbruch in der Therapie des seltenen Lungenhochdrucks PAH: Professor Dr. Marius Hoeper und Professorin Dr. Karen Olsson. © Karin Kaiser / MHH
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Bei der pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH) verengen sich die kleinen Lungengefäße immer mehr und behindern den Bluttransport in die Lunge. Ein neues Medikament könnte nun besser helfen.

Bei der „pulmonal-arteriellen Hypertonie“, kurz PAH (Nizza-Klasse 1), handelt es sich laut Herzstiftung um eine Erkrankung der Arteriolen in der Lunge. Sie sind verengt oder aufgrund von Zellwucherungen verändert. Die Erkrankung ist relativ selten, aber sehr schwerwiegend. Betroffen sind hier häufig auch jüngere Patienten, insbesondere jüngere Frauen. Durch die PAH muss die rechte Herzhälfte stärker pumpen, um das Blut in die Lunge zu transportieren und der Blutdruck im Lungenkreislauf steigt. Zur Behandlung sind weltweit bislang mehr als zehn Medikamente zugelassen, die vor allem die Gefäße erweitern. Dennoch überlebt nur die Hälfte der PAH-Betroffenen die nächsten sieben Jahre nach Diagnose. Neue Hoffnung gibt jetzt eine internationale klinische Studie, in der Patientinnen und Patienten zusätzlich zur bestehenden Therapie mit dem neuen Medikament Sotatercept behandelt wurden. „Wir konnten nachweisen, dass Sotatercept nicht nur die Symptome entscheidend verbessert, sondern direkt in die schädlichen Umbauprozesse der Lungengefäße eingreift“, sagt Professor Dr. Marius Hoeper, stellvertretender Direktor der Klinik für Pneumologie und Infektiologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), die als leitendes Zentrum die Studie betreut hat.

Schwierige Diagnose der PAH

PAH gehört zu den seltenen Erkrankungen, ist aber sehr schwerwiegend. Betroffen sind hauptsächlich Frauen im Alter zwischen 30 und 60 Jahren. Die Diagnose ist schwierig, weil die Symptome wie Kurzatmigkeit, Müdigkeit, geschwollene Füße, Schmerzen in der Brust, oder Kreislaufprobleme mit denen anderer Herz- und Lungenerkrankungen verwechselt werden können. Weil der chronisch erhöhte Blutdruck im Lungenkreislauf zugleich die rechte Herzhälfte belastet, führt PAH nicht nur zu eingeschränkter körperlicher Aktivität, sondern auch zu Rechtsherzinsuffizienz (Herzschwäche), Herzversagen und einer reduzierten Lebenserwartung. Ursache ist eine Fehlsteuerung in den kleinen Lungenarterien.

Umbauprozesse aus dem Gleichgewicht

Die kleinen Blutgefäße in unserem Körper, die vom Herzen zur Lunge führen, werden permanent umgebaut: Zellen der Gefäßinnenschicht sterben ab, neue Endothelzellen wachsen nach. Bei PAH sind diese Umbauprozesse innerhalb dieser Arteriolen aus dem Gleichgewicht geraten. Es werden mehr Endothelzellen gebildet als absterben. Anstelle einer einzelnen Endothelschicht lagern sich daher immer neue Schichten in der Gefäßinnenseite übereinander, und die Gefäße verengen sich. Der biologische Schalter für die Neubildung der Endothelzellen ist ein Protein namens Aktivin. Sotatercept bindet als sogenannter Ligand an dessen Oberfläche. Dank dieser „Ligandenfalle“ ist die Aktivin-Funktion blockiert und die krankhafte Signalübertragung unterbrochen. „Mit Sotatercept greifen wir in der Medizin zum ersten Mal überhaupt in die grundlegenden Mechanismen der Gefäßregulation ein“, betont Professor Hoeper.

Deutliche Verbesserung der Atembeschwerden

An der Studie nahmen mehr als 320 PAH-Betroffene aus 20 Ländern teil. Mehr als die Hälfte von ihnen litt trotz Maximaltherapie mit drei Medikamenten unter schweren Symptomen. Die Zusatzbehandlung mit Sotatercept bewirkte eine deutliche Verbesserung der Atembeschwerden und der allgemeinen Leistungsfähigkeit sowie eine Senkung des Blutdrucks in der Lunge. Gleichzeitig sank das Risiko, dass sich der Zustand der Patientinnen und Patienten verschlechterte, oder sie starben im Vergleich zur Standardtherapie um mehr als 80 Prozent. „Einige unserer Studienteilnehmenden konnten nach Behandlung mit Sotatercept die Intensivstation verlassen und ihre Berufstätigkeit wieder aufnehmen“, berichtet Professorin Dr. Karen Olsson, Oberärztin an der MHH-Klinik und Mitautorin der Studie. „Wir konnten sogar Patientinnen und Patienten von der Transplantationsliste nehmen, die bereits für eine Lungentransplantation vorgesehen waren.“

Eventuell Rückbildung möglich

In den meisten Fällen sank der Lungenhochdruck deutlich, bei einigen Studienteilnehmenden bildete sich die pulmonale Hypertonie sogar komplett zurück. „Diese Beobachtung in Kombination mit unseren experimentellen Daten spricht dafür, dass Sotatercept das Wachstum der Endothelschichten nicht nur stoppt, sondern diese Lungengefäßveränderungen auch teilweise zurückbildet“, stellt Professor Hoeper fest. „Der wissenschaftliche Beweis dafür steht aber noch aus.“ In Kooperation mit der MHH-Kinderklinik untersuchen die Forschenden außerdem, inwieweit Kinder mit PAH von der Therapie profitieren. Eine weitere Studie soll klären, wie sich die Sotatercept-Gabe auf Erwachsene auswirkt, bei erst seit kurzem mit einer PAH-Diagnose leben und bei denen die Gefäßveränderungen noch nicht so weit fortgeschritten sind. Die Zulassung für Sotatercept zur PAH-Therapie werde nun beantragt. Die Einführung des Medikamentes in Deutschland könnte im kommenden Jahr erfolgen.

Literatur:
Hoeper MM, Badesch DB, Ghofrani HA, et al.: STELLAR Trial Investigators. Phase 3 Trial of Sotatercept for Treatment of Pulmonary Arterial Hypertension. N Engl J Med. 2023 Mar 6. DOI: 10.1056/NEJMoa2213558. Epub ahead of print. PMID: 36877098.

Quelle: idw/MHH

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