Schlaganfälle erfordern schnellstes medizinisches Handeln. Der ischämische Schlaganfall, der einen Großteil der Schlaganfälle ausmacht, schädigt einen Teil des Gehirns aufgrund der ausfallen Blutversorgung. Hier wird die mechanische Thrombektomie eingesetzt, bei der das verantwortliche Gerinnsel minimalinvasiv entfernt und so die Blutversorgung wiederhergestellt wird. Bisher war es unmöglich vorherzusagen, ob der Patient oder die Patientin sich danach gut erholt oder ein schwerer Verlauf (Blutungen im betroffenen Hirnareal, ausgedehnte Gewebeschäden) folgen wird, um potenzielle Risikogruppen frühzeitig zu identifizieren und die klinische Praxis anzupassen.
Blutungsrelevante Matrix-Metalloproteinasen
Schon länger werden sogenannte Matrix-Metalloproteinasen (MMP) mit Blutungskomplikationen bei einem ischämischem Schlaganfall in Verbindung gebracht. Bisher fehlten jedoch entsprechende Studien, welche die Freisetzung dieser Enzyme in den entsprechenden Regionen mit dem Schlaganfall in Verbindung bringen. Genau diese Lücke schließt die aktuelle Studie der Wissenschaftler des Universitätsklinikums Würzburg. Für ihre Forschung untersuchten Dr. Alexander Kollikowski und Prof. Dr. Michael Schuhmann verschiedene MMP aus Blutproben von Schlaganfallpatientinnen und -patienten, die vor der Gerinnselentfernung entnommen wurden.
In jahrelanger Vorarbeit entwickelte das Forschungsteam das endovaskuläre Schlüsselverfahren. Die Untersuchungen belegten vorherige Annahmen, dass während des Schlaganfalls direkt eine Entzündungsreaktion im betroffenen Areal des Gehirns stattfindet. Diese ist durch bestimmte Botenstoffe und eine Immunzellinvasion ins abgeriegelte Gefäßsystem gekennzeichnet. 264 Proben der 132 Patientinnen und Patienten belegen, dass die eindringenden Neutrophile die enzymatisch aktiven MMP-9 freisetzen, aber nicht das zur gleichen Enzymfamilie gehörende MMP-2.
Nachweis des lokalen Biomarkers MMP-9
Somit konnten die Forscher den Beweis für einen lokalen Biomarker zur Identifizierung klinisch relevanter Hochrisikogruppen erbringen. „Die lokale Freisetzung von MMP-9 vor Thrombektomie war ein starker unabhängiger Prädiktor für raumfordernde Einblutungen und schwerste Behinderung oder Tod im frühen klinischen Verlauf trotz erfolgreicher Rekanalisation“, beschreibt Kollikowski. „Die Daten aus den gewonnen Proben deuten darauf hin, dass lokal stärkste Konzentrationserhöhungen von MMP-9 einen erheblichen Informationswert für die Vorhersage dieser Ereignisse haben, womit wir erstmals einen Konzeptnachweis für früheste lokale Biomarker vor einer therapeutischen Rekanalisation erbracht haben.“
Schon vorher war bekannt, dass MMP-9 die schützende Blut-Hirn-Schranke schädigen kann – was eine erhöhte Blutungsneigung nach sich zieht. „Unsere Ergebnisse haben damit weitreichende Implikationen für die zukünftige präklinische und klinische Schlaganfallforschung, insbesondere für die Implementierung erweiterter Behandlungskonzepte für die Akutphase zur Verbesserung des Outcome. Im Rahmen weiterführender Untersuchungen zeichnen sich schon jetzt vielfältige erweiterte Konzepte für zukünftige Schlaganfalltherapien ab“, resümiert Schumann.
Quelle: idw
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