Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) identifiziert und benennt mit ihrer Initiative „Klug entscheiden“ Über- und Unterversorgung in der Medizin. Denn oft bekämen Patienten medizinische Untersuchungen und Behandlungen verschrieben, die ihnen nicht nützen oder sogar schaden würden. Andere, hilfreiche Methoden kämen dagegen zu selten zum Einsatz. Warum es in der Praxis dazu kommt, erläuterten DGIM-Mitglieder in einer Onlinebefragung, die auf dem 122. Internistenkongresses in Mannheim vorgestellt wurden.
Bildgebung, zum Beispiel Kernspintomographien, und umfassende Blutuntersuchungen sind zwei Beispiele für Leistungen, die Ärzte erbringen, obwohl sie nicht notwendig sind. Das zeigt die Umfrage der DGIM unter rund 4.200 Ärzten. 70 Prozent der Befragten geben an, dass sie mehrmals pro Woche mit Überversorgung konfrontiert sind. Dass notwendige Leistungen nicht erbracht werden, erlebt rund die Hälfte der Befragten weniger als ein Mal pro Woche,– 22 Prozent mehrmals. Ein Grund: Leitlinien seien oft unverständlich, unübersichtlich und zu lang. „Das legt für uns die Vermutung nahe, dass ein Teil der Fälle von Über- oder Unterversorgung darauf zurückzuführen sind, dass den Ärzten die notwendigen Informationen fehlen. Darüber hinaus ist die Sorge vor Behandlungsfehlern bei 80 Prozent der Befragten ein Grund für Überversorgung“, sagt Gerd Hasenfuß, Kongresspräsident des 122. Internistenkongresses und Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie an der Universitätsmedizin Göttingen. Die Mitgliederumfrage bestärke die Fachgesellschaft darin, für Über- und Unterversorgungen anfällige medizinische Leistungen im Rahmen ihrer Initiative „Klug entscheiden“ zu benennen.
„Die Leitlinien, die aktuelles medizinisches Wissen abbilden, umfassen nicht selten über 150 Seiten und sind damit im Berufsalltag vieler Ärzte nicht geeignet, Informationen zu vermitteln“, betont auch Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM aus Kiel. Die Fachgesellschaft setze sich daher dafür ein, neue Formen von Leitlinien zu entwickeln.
Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, 08.03.2016
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