Kritik an Finanzinvestoren in der ambulanten Radiologie

Private-Equity-Gesellschaften
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Prof. Dr. Hermann Helmberger
Prof. Dr. Hermann Helmberger fordert, die patientenorientierte Versorgung in den Vordergrund zu stellen. DRG
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Kapitalstarke private Finanzinvestoren werden auf den globalen Gesundheitsmärkten und im deutschen Gesundheitssystem immer aktiver – und dabei auch in Facharztsparten wie der Augenheilkunde, der Zahnmedizin und der Radiologie. Besonders niedergelassene Radiologinnen und Radiologen sind betroffen.

Seit 2013 hat es rund 130 Übernahmen von Unternehmen in der Gesundheitsbranche durch private Finanzinvestoren gegeben, davon 60 Prozent allein in den Jahren 2017 bis 2018. Das zeigt eine Studie des Instituts Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen. Die zunehmende Dynamik des Geschäftsmodells der sogenannten Private-Equity-Gesellschaften hat nicht nur etwa Pflegeheime oder Krankenhäuser erfasst, sondern auch Facharztsparten wie die Augenheilkunde, Zahnheilkunde und die Radiologie. Besonders niedergelassene Radiologinnen und Radiologen sind betroffen.



„Die Erwartungen der Investoren beruhen auf der Annahme, dass durch eine Verbesserung der Kosteneffizienz in der Radiologie hohe Gewinnmargen erreicht werden können“, erklärt der Radiologe Prof. Hermann Helmberger. „Dabei wird allerdings häufig übersehen, dass die radiologischen Praxen in Deutschland bereits heute über sehr effiziente Organisationsstrukturen zur Kostenreduktion verfügen und damit an der Belastungsgrenze arbeiten.“ Helmberger ist Leiter des Zentrums für Radiologie und Nuklearmedizin am Klinikum Dritter Orden München-Nymphenberg, Mitglied der Steuerungsgruppe des Chefarztforums CAFRAD der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) und des Bundesvorstandes des Berufsverbandes Deutscher Radiologen (BDR). Einen weiteren Grund für die vermehrten Aktivitäten von Finanzinvestoren in der ambulanten Radiologie sieht Prof. Helmberger in der Altersstruktur der inhabergeführten Praxen: „Praxisabgaben von Arzt zu Arzt gestalten sich aus vielfältigen Gründen schwierig. Ein unkomplizierter Verkauf an einen Investor hat demgegenüber vordergründig Vorteile.“

Renditemaximierung zieht Geld aus Solidarsystem ab

Kritik übt Helmberger daran, dass sich Finanzinvestoren primär weniger für die radiologische Leistung als vielmehr für die zu erzielende Rendite interessierten. „Dies führt durch Selektion zum Verschwinden geringer vergüteter Leistungen aus dem diagnostischen Spektrum und damit einer erheblichen Verschlechterung der allgemeinen Versorgungsqualität“, betont Helmberger. „Für die großen Medizinkonzerne steht das Gewinnen von Marktanteilen und weniger die radiologische Leistung im Vordergrund. Folgen hiervon sind eine marktbeherrschende Stellung einzelner sogenannter Portalpraxen mit allen Nachteilen monopolistischer Strukturen. Gefördert wird dies durch die Möglichkeit der Großkonzerne aufgrund der dann verfügbaren Datenfülle auch im Bereich der KI-gestützten Assistenzsysteme entscheidenden Einfluss zu gewinnen.“

Demgegenüber fordert Hermann Helmberger, die patientenorientierte Versorgung in den Vordergrund zu stellen. Die dazu erforderliche hohe diagnostische Qualität könne in der ambulanten Radiologie nur durch die inhabergeführte Praxis oder das ärztlich geleitete MVZ auf Dauer gewährleistet werden. „Leider steht die Politik der aktuellen Entwicklung hin zu rein finanziell getriebenen Strukturen nicht ablehnend gegenüber“, so Helmberger. „Übersehen wird dabei, dass jeder im Rahmen der Renditemaximierung an Finanzinvestoren ausgeschüttete Euro dem Gesundheitswesen als Ganzes und damit der Solidargemeinschaft fehlt.“


Ein ausführliches Interview mit Professor Hermann Helmberger finden Sie hier.


Quelle: 28.10.2021

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