Kostendruck belastet die MedTech-Branche

BVMed-Herbstumfrage 2022
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Aufgrund der dramatischen Kostensteigerungen wird erwartet, dass die Gewinne der Branchenunternehmen zurückgehen. Nur noch 11 Prozent der MedTech-Unternehmen rechnen in diesem Jahr mit Gewinnsteigerungen. 62 Prozent gehen von einer Verschlechterung der Gewinnsituation aus. Im Vorjahr waren es nur 42 Prozent.

Die Gründe für den erwarteten Gewinneinbruch sind vielschichtig. Stärkste Faktoren sind laut Branchenverband BVMed die steigenden Transportkosten (78 Prozent), die steigenden Rohstoffpreise (72 Prozent) sowie die steigenden Energiepreise (68 Prozent). Fast zwei Drittel der Unternehmen haben Probleme bei Zulieferern und Lieferketten (64 Prozent) sowie mit den steigenden Kosten durch die MDR-Implementierung (63 Prozent) [EU-Medizinprodukte-Verordnung]. Hinzu kommen steigende Lohnkosten (43 Prozent) und weniger Fallzahlen durch die Verschiebung elektiver Eingriffe (41 Prozent). 15 Prozent der BVMed-Unternehmen, die sich an der Umfrage beteiligten, sind vom Chipmangel betroffen. Bei den Lohnkostenerwartungen seien aber neue Abschlüsse noch gar nicht berücksichtigt, so der Verband. Einige Unternehmen seien so massiv unter Druck, dass sie durchaus gegen eine Insolvenzwand laufen könnten. Wenn diese Probleme nicht gelöst werden, laufe Deutschland Gefahr, Produktion nach China oder Malaysia zu verlieren, so der Vorsitzende Dr. Meinrad Lugan. 61 Prozent der befragten MedTech-Unternehmen rechnen in diesem Jahr mit einem besseren Umsatzergebnis in Deutschland als im Vorjahr. Das ist ein leicht besseres Ergebnis als im Vorjahr (57 Prozent) und deutlich besser als im ersten Corona-Krisenjahr (24 Prozent) – reicht aber noch nicht an die Werte vor der Coronapandemie heran (2019: 70 Prozent, 2018: 78 Prozent). Von einem Umsatzrückgang gehen immer noch 21 Prozent der befragten Unternehmen aus. Bei 10 Prozent sind die Umsatzrückgänge sogar im zweistelligen Bereich.

Politik ist gefordert

An die Politik appelliert die Branche, sich endlich mit den Unternehmen an einen Tisch zu setzen Ein geplantes Gespräch mit Wirtschaftsminister Robert Habeck sei ein erster Schritt, aber es müssten schnell konkrete Taten folgen. So fordert der BVMed beispielsweise einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent. Daneben müsse es eine Entbürokratisierung geben. Die Kostensteigerungen und bürokratischen Hemmnisse durch die MDR führen bereits zu einem Rückgang der Innovationsdynamik der Branche. Aufgrund der MDR-Probleme und der erheblichen Kostensteigerungen sei der Innovationsklima-Index der MedTech-Branche mit 3,6 auf einer Zehnerskala auf einem absoluten Tiefstwert angekommen. Das zeige die Dramatik der Herausforderungen für die KMU-geprägte (kleine und mittelständische Unternehmen) MedTech-Branche in Deutschland auf. Viele Ingenieure seien derzeit nur noch mit der Umsetzung der MDR-Verpflichtungen beschäftigt. Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll rechnete vor, dass ein Zertifikat im Durchschnitt etwa 300.000 bis 500.000 Euro kostet. Die Gesamtkosten für die Branche werden auf rund sechs bis 12 Mrd. Euro beziffert. Und weitere 80 Direktiven und Eingriffe seien aus Europa zudem noch zu erwarten, so Lugan bei der Jahrespressekonferenz.

Zumindest beim Thema MDR sieht der Verband aktuell Bewegung. Der Schulterschluss mit Frankreich habe etwas bewegt. Bei einer aktuellen Bearbeitungszeit von 18 bis 24 Monaten sei es ohnehin kaum mehr möglich, die Zertifikate bis Mai 2024 zu bekommen. Man brauche sehr schnell pragmatische Lösungen und auch Rechtssicherheit, betonte Lugan.

Hindernis für künftige Entwicklung

Die Hemmnisse durch die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) bleiben vor allem für die KMU ein beherrschendes Thema. So sehen 68 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen die steigenden Kosten und gebundenen Ressourcen durch die MDR als großes Hindernis für die künftige Entwicklung der Medizintechnologie-Branche an. Weitere Faktoren sind der Innovationsstopp durch die MDR (58 Prozent) sowie der verzögerte Markteintritt neuer Produkte durch die stark gestiegenen regulatorischen Anforderungen. Fast die Hälfte der Unternehmen hat mit Ressourcendefiziten bei den Benannten Stellen zu kämpfen (46 Prozent).

Großer Arbeitgeber in Deutschland

Die Medizintechnik-Branche beschäftigt in Deutschland über 250.000 Menschen und investiert (bisher) rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Gesamtumsatz der Branche liegt bei über 36 Milliarden Euro, die Exportquote bei 66 Prozent. Dabei sind 93 Prozent der MedTech-Unternehmen KMU.

Trotz der multiplen Krisen und dramatisch steigenden Kosten will die Medizintechnik-Branche in Deutschland weiter zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. 40 Prozent der Unternehmen, die sich an der BVMed-Herbstumfrage 2022 beteiligten, erhöhen die Zahl der Mitarbeiter/-innen gegenüber dem Vorjahr (2021: 38 Prozent), 43 Prozent halten die Zahl der Stellen stabil. Nur 12 Prozent der Unternehmen sind gezwungen, in diesem Jahr Personal abzubauen. 92 Prozent der Unternehmen halten die Berufsaussichten für unverändert gut bzw. besser (Vorjahr: 84 Prozent). Gesucht werden vor allem Ingenieure (37 Prozent), Naturwissenschaftler (32 Prozent), Medizintechniker (25 Prozent), Informatiker (24 Prozent) und Pflegekräfte (19 Prozent), aber auch MTA (9 Prozent). Als innovativste Forschungsbereiche schätzen die Unternehmen die Kardiologie (32 Prozent), Onkologie und Diagnostik (jeweils 23 Prozent), Neurologie (16 Prozent) sowie Chirurgie (11 Prozent) ein. Die Radiologie landet bei 7 Prozent.

Umfrage

Der BVMed führte bei seinen Mitgliedsunternehmen im August und September 2022 eine umfassende Online-Befragung mit insgesamt 25 Fragen durch. Von den angeschriebenen 240 BVMed-Mitgliedern haben sich 120 Unternehmen beteiligt, darunter alle größeren Hersteller von Medizinprodukten aus Deutschland und den USA. An der BVMed-Umfrage nahmen zu 68 Prozent Hersteller, zu 21 Prozent Handelsunternehmen, zu 6 Prozent Zulieferer sowie zu 5 Prozent Hilfsmittel-Leistungserbringer und Homecare-Unternehmen teil. Die Unternehmen, welche sich an der Umfrage beteiligten, haben ihren Hauptsitz zu 69 Prozent in Deutschland, zu 18 Prozent in den USA und zu 12 Prozent im europäischen Ausland – darunter 6 Prozent in Frankreich.

Quelle: BVMed

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