Interview mit Carola Jaster
 vom MVZ Labor 28

Die Fragen stellte Ludwig Zahn
Porträtfoto Carola Jaster
Carola Jaster © MVZ Labor 28
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Das Labor 28 blickt inzwischen auf eine über 40-jährige Geschichte zurück und ist heute ein modernes Facharztlabor.

Fast 350 Mitarbeitende der verschiedensten Berufsgruppen arbeiten hier unter Nutzung der bestehenden Möglichkeiten innovativer Automatisierung gemeinsam für eine bestmögliche medizinische Patientenversorgung mit fachärztlich verantworteter Labordiagnostik. Die Grundlage hierfür bilden eingespielte Prozesse, technische Unterstützung und ein wertschätzendes Miteinander sowie die Eigenschaft, Be­stehendes immer wieder kritisch zu hinterfragen und so Verbesserungen und Innovationen für die tägliche Arbeit zu etablieren. Seit 2008 gehört Labor 28 zu Sonic Healthcare Germany. Carola Jaster ist seit Juli 2021 Geschäftsführerin bei der Labor 28 Potsdam MVZ GmbH. Sie hatte von 1988–1991 ihre Ausbildung zur MTLA absolviert. Jaster engagiert sich ehrenamtlich als Vizepräsidentin im DIW-MTA und ist eine der Sprecherinnen der AG MTL im ALM e.V.

Frau Jaster, wie haben Sie die Änderungen durch das neue MTBG/MTAPrV in Ihrer täglichen Praxis erlebt? Wie lief der Start?

Viele Änderungen des MTBG und der MTAPrV sind richtig und wichtig, um den Beruf der Medizinischen Technologinnen und Technologen zeitgemäß abzubilden, ihn zu stärken und zukunftsgerichtet weiterentwickeln zu können. Insbesondere die Änderung der Berufsbezeichnung empfinde ich als große Wertschätzung für den Beruf. Viele Kolleginnen und Kollegen störten sich schon lange an dem Assistenzbegriff in der Berufsbezeichnung, sind wir doch dafür ausgebildet, die uns nach Gesetz vorbehaltenen Tätigkeiten eigenverantwortlich auszuführen. Die Attraktivität des Berufsbildes als Ausbildungsberuf wird durch Änderungen wie die Befreiung vom Schulgeld und die Zahlung des Ausbildungsentgeltes gesteigert. Die berufliche Kompetenz der Auszubildenden wird über die Kompetenzorientierung der Ausbildung, den höheren Anteil an praktischer Ausbildung und die vorgeschriebene Anleitung durch praxisanleitende Personen noch einmal gestärkt.

Der Start lief im vergangenen Jahr noch etwas holprig, da es noch einige Unsicherheiten in den Laboren gab und zum Teil noch immer gibt. Das Gesetz beinhaltet Regelungen, welche auf Länderebene konkretisiert werden können. Einige Bundesländer haben dies erst später im Jahr geregelt, wodurch in der praktischen Ausgestaltung der Ausbildung durchaus Unsicherheiten entstanden sind, insbesondere was die erforderliche Zeit der Praxisanleitung, den Nachweis der Fortbildungsstunden für Praxisanleitende (PAL) oder auch die Übernahme der Kosten der schulischen Ausbildung angeht. Letzteres ist noch immer ein Punkt, der in den niederge­lassenen Laboren eine große Rolle spielt. Labore im ambulanten Bereich, also ohne Anschluss an ein Krankenhaus als Träger, müssen entweder alle Ausbildungskosten allein tragen oder sich einen Kooperationspartner aus dem Krankenhausbereich suchen, welcher die Refinanzierungsregelungen der Ausbildungskosten über das Krankenhausfinanzierungsgesetz nutzen kann. Dies führt zu zusätzlichem Aufwand und nicht unerheblichen Transaktionskosten auf beiden Seiten.

Haben Sie weniger MTL ausgebildet als in den Vorjahren?

Da die Ausbildungssysteme nicht direkt miteinander vergleichbar sind, kann ich dies gar nicht so pauschal beantworten. Im Rahmen der Ausbildung nach MTAG haben wir pro Ausbildungsjahrgang zwei bis drei Förderverträge mit angehenden MTLA geschlossen, welche den überwiegenden Teil der Prak­tika in unserem Haus absolviert haben. Zusätzlich haben wir in Abhängigkeit von den jeweiligen Kapazitäten des angefragten Fachbereichs weitere Praktikumsplätze auf Anfrage der MT-Schulen vergeben. Insgesamt haben wir pro Jahr zwischen neun und zwölf verschiedene Praktikanten betreut.

Momentan bieten wir in Kooperation mit einem Krankenhaus vier Ausbildungsplätze pro Jahr an, was bedeutet, dass wir zwölf verschiedene Auszubildende betreuen.

Wie sehen Sie die Finanzierung der Ausbildung?
Was muss sich ändern?

Wie bereits angesprochen sehe ich hinsichtlich der Finanzierung der Ausbildung noch dringenden Handlungsbedarf, um auch im Sinne einer Gleichbehandlung mit dem stationären Versorgungsbereich den Laboren im ambulanten Bereich ebenso die Möglichkeit zu eröffnen, zu einem vernünftigen Kostensatz Träger der praktischen Ausbildung zu sein. Das ist auch deswegen erforderlich, weil ein großer Teil der MTL mittlerweile ganz überwiegend oder ausschließlich in den niedergelassenen Laboren ihre praktische Ausbildung absolvieren. Denkbar sind hierfür verschiedene Lösungsansätze. Eine Möglichkeit wäre, über die Krankenkassen eine Refinanzierungsmöglichkeit für den niedergelassenen Bereich zu schaffen und damit eine Chancengleichheit im Rahmen der ­Ausbildung für den stationären und den ambulanten Sektor zu schaffen.

Alternativ wäre es auch denkbar, wie es einzelne Bundesländer bereits umsetzen, die finanzielle Verantwortung für die schulische Ausbildung auf Länderebene zu halten und die Finanzierung der MT-Schulen aus Landesmitteln zu bestreiten. Damit wäre die MT-Ausbildung in der Finanzierung gleich gehandhabt wie andere duale Ausbildungen. Unabhängig vom Lösungsansatz wünsche ich mir Chancengleichheit und Gleichbehandlung des stationären und ambulanten Versorgungsbereichs.

In jedem Fall braucht es auch eine sichere Refinanzierungs­perspektive für die Facharztlabore im ambulanten Bereich.

Welche spezifischen Maßnahmen haben Sie ergriffen, um den Anforderungen des neuen MTBG gerecht zu werden? Können Sie konkrete Beispiele für Anpassungen oder Neuerungen geben?

Infolgedessen, dass wir uns bereits lange vor der Novellierung des MTAG Gedanken darüber gemacht haben, wie wir die Qualität in der praktischen Ausbildung bei uns im Labor 28 verbessern können, waren die Anpassungen, die vorzunehmen waren, einzig den gesetzlichen Veränderungen geschuldet. Praxisanleitende Personen hatten wir bereits in allen analytischen und präanalytischen Bereichen etabliert. Jetzt galt es, diese auf die Veränderungen vorzubereiten, die mit Inkrafttreten des MTBG zu erfüllen sind. Da es mit mir eine Ausbildungskoordinatorin gibt, die mit den Praxisanleitenden ständig im Austausch steht, haben wir diese Plattform genutzt, um die notwendigen Informationen weiterzugeben. Auch erfahren wir in der Zusammenarbeit mit der kooperierenden MT-Schule sehr viel Unterstützung, was die Struktur der praktischen Ausbildung und Abstimmung der praktischen Inhalte mit den Unterrichtsinhalten anbelangt, sodass wir für die Einsatzpläne, welche wir auch zuvor bereits für jeden praktischen Einsatz erstellt haben, eine sehr gute Richtlinie haben und so sicherstellen können, dass die Auszubildenden alles ihrem jeweiligen Wissensstand Entsprechende in die Praxis transferieren sowie auch neue Erfahrungen machen können. Eine weitere notwendige Maßnahme war die Sicherstellung der jährlichen berufspädagogischen Weiterbildung für praxisanleitende Personen. Aufgrund des sehr hohen Bedarfs, welcher von den etablierten Bildungsanbietern im ersten Jahr schwer zu erfüllen war, hatten wir uns hier für eine Inhouse-Fortbildung mit erfahrenen Lehrkräften aus der MT-Ausbildung entschieden. So konnten wir gleichzeitig möglichst viele PAL in einem Termin bei uns vor Ort fortbilden. Dieses Angebot haben wir auch an unsere Verbund­labore der Sonic Healthcare Deutschland weitergegeben. In diesem Jahr wurde die Fortbildung auf der Verbundebene organisiert. Diese Form der Fortbildung im Verbund fördert wiederum enorm den Erfahrungsaustausch der praxisanleitenden Personen untereinander und trägt so zur weiteren Verbesserung der Ausbildungsbedingungen in unseren Laboren bei.

Wie hat sich die Rolle der Praxisanleitung durch das neue MTBG verändert? Welche neuen Verantwortlichkeiten oder Aufgaben kamen hinzu?

Das MTBG schreibt der Praxisanleitung eine große Bedeutung zu. Wie bereits beschrieben war diese Situation für uns nicht mehr neu, wodurch sich die Rolle der PAL nicht wesentlich verändert hat. Einzig die Dokumentation der angeleiteten Stunden und die regelmäßige berufspädagogische Fortbildung sind hinzugekommen. Auch begleiten die Praxisanleitenden nun die Auszubildenden über den gesamten Zeitraum der Ausbildung, was ein Lernen ermöglicht, was sich am jeweiligen Wissensstand orientiert und bei jedem Einsatz weiter auf Bestehendem aufbaut.

Welche Herausforderungen haben Sie bei der Umsetzung der neuen Anforderungen in der Praxisanleitung fest­gestellt? Wie wurden die neuen Herausforderungen gemeistert?

Die größte Herausforderung liegt aus meiner Sicht weniger in den neuen Anforderungen der Praxisanleitung als vielmehr in der Akzeptanz aller Mitarbeitenden für die Notwendigkeit, in einem hohen Umfang auszubilden. Gewiss ist es verstehbar, dass diese zusätzliche Belastung in einer bereits insgesamt aufgrund der zu geringen Anzahl an ausgebildeten MTL angespannten personellen Situation, schwerer zu akzeptieren ist. Dennoch ist es notwendig, sich diesen Folgen des demografischen Wandels zu stellen, insbesondere da das Potenzial an Automatisierung und Digitalisierung in vielen Laboren bereits ausgeschöpft ist und die nächste Entwicklungsstufe hier noch ein paar Jahre Zeit brauchen wird. Daraus resultierend ist es ebenfalls herausfordernd, beim Ausscheiden von bestehenden PAL Personen zu finden, die bereit sind, diese Funk­tion zu übernehmen. Manche MTL trauen es sich nicht zu, Wissen gut vermitteln oder die Verantwortung für Ausbildung übernehmen zu können. An der Stelle hilft es, Transparenz in die Arbeit der PAL zu bringen und aufzuzeigen, dass niemand allein Wunder vollbringen muss, sondern wir ein Team sind und uns gegenseitig unterstützen. Um dem Umstand vorzubeugen, in einem Bereich keine PAL zu haben und damit in diesem Bereich nicht mehr ausbilden zu können, haben wir in allen Fachbereichen mindestens zwei praxisanleitende Personen und achten darauf, auch bei Ausscheiden die Nachfolge für die Position rechtzeitig zu planen, um hier ausreichend Zeit zur berufspädagogischen Ausbildung zur Verfügung stellen zu können. Hilfreich wäre es, wenn auch andere Berufsgruppen mit staatlicher Ausbildung in Bereichen als PAL tätig sein dürften, in denen sie ausgebildet und geprüft wurden. Beispielhaft möchte ich hier die BTA in der Mikrobiologie nennen. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit eröffnet, dass diese Berufsgruppen im Labor tätig sein dürfen, sie aber von der Praxisanleitung explizit ausschließt. Hierdurch wird in der Zukunft angesichts der Fachkräftesituation möglicherweise ein Engpass geschaffen, der vermeidbar wäre und sich negativ auf die Ausbildungskapazitäten auswirken könnte.

Wie haben die Änderungen des MTBG/MTAPrV die Qualität der Ausbildung und Anleitung beeinflusst? Gibt es bereits spezifische Verbesserungen oder Verschlechterungen, die Sie bemerkt haben?

In meiner Wahrnehmung wirkt sich der frühe Beginn der praktischen Ausbildung in den Laboren positiv auf die Identifikation der jungen Menschen mit dem Beruf und auch mit dem ausbildenden Labor als Unternehmen und Arbeitgeber aus. Auch gelingt es den Auszubildenden besser, eine Verbindung zwischen in der Schule Erlerntem und der praktischen Arbeit herzustellen, was die Refle­xionsfähigkeit und Einordnung der Bedeutung des Berufsbildes stärkt, sicherlich bedingt durch die enge Zusammenarbeit und die fortlaufende Kommunikation mit den PAL und den Kolleginnen und Kollegen in den Fachbereichen.

Auch gibt es erste Anzeichen, dass die Abstimmung der praktischen Ausbildung auf die Unterrichtsinhalte positive Effekte zeigt. Für die Auszubildenden vertieft es die erlernten Inhalte. Und den Praxisanleitenden wird ermöglicht, die Auszubildenden besser bei ihrem Kenntnisstand abzuholen und so jahrgangsspezifisch aufbauend die fachlichen praktischen Inhalte mit den Auszubildenden zu erarbeiten.

Wie wurde die Zusammenarbeit zwischen Praxisanleitern und Auszubildenden durch das neue MTBG beeinflusst? Haben Sie Veränderungen in der Interaktion und Kommunikation festgestellt?

In unserem Labor gab es diesbezüglich keinerlei Veränderungen, da wir ein ähnliches Konzept schon vor der MTBG-Reform seit einigen Jahren praktizieren. Jedoch kann ich mir durchaus vorstellen, dass es in manchen Fällen zu einer Aufwertung der praktischen Einsätze gekommen ist und den Auszubildenden mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als im Ausbildungsmodell nach MTAG. Es ist absolut nachvollziehbar, dass mehr Energie investiert wird, wenn es mit dem Ausblick getan wird, Unterstützung zu bekommen und die zukünftigen Kolleginnen und Kollegen auszubilden.

Wie haben die Auszubildenden auf die Änderungen durch das neue MTBG/MTAPrV reagiert? Haben Sie Unterschiede in der Lernkurve oder Motivation im Vergleich zu früher bemerkt?

Wir wurden von der großen Anzahl qualifizierter Bewerbungen, die wir dieses Jahr erhalten haben, durchaus etwas überrascht. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob dies dem MTBG und der MTAPrV zuzuschreiben ist, wenngleich der Umstand des weggefallenen Schulgeldes und der Zahlung eines Ausbildungsentgeltes sicherlich einen Einfluss auf die Berufswahl und auch die Motivation hat. In den Bewerbungsgesprächen sind mir insbesondere die hohe Motivation hinsichtlich der Sinnstiftung des Berufs und die gute Vorinforma­tion hinsichtlich der Arbeitsinhalte aufgefallen. Nur sehr wenige Bewerberinnen oder Bewerber waren jedoch in Bezug auf den Umstand einer Gesetzesänderung vorinformiert. Betrachte ich den ersten Jahrgang, der nach MTBG bei uns ausgebildet wird und die vorangegangenen Jahrgänge mit Fördervertrag, so kann ich keinen Unterschied hinsichtlich Lernkurve und Motivation feststellen und gleichzeitig sehe ich eine positive Steigerung der Lernkurve und Motivation im Vergleich zu Personen, welche nur ein oder zwei Praktika bei uns absolviert haben. Dieser Umstand erscheint mir durchaus logisch, identifiziert man sich doch besser, wenn man immer wieder an einen Ort zur praktischen Ausbildung zurückkehrt, als wenn man sich ständig an neue Umstände anpassen muss. Beides hat seine Vor- und Nachteile.

Wie unterstützen Sie die Auszubildenden dabei, die durch das MTBG festgelegten Lernziele zu erreichen?
Welche (neuen) Methoden oder Tools setzen Sie ein?

Wir bieten durch die Vielfältigkeit unseres Leistungsspektrums eine breit gefächerte Lernerfahrung. Des Weiteren achten wir in der Praxisanleitung auf den Lerntyp des Auszubildenden, um auch hier verschiedene Lernerfahrungen anbieten zu können. Wir haben Lernaufgaben erstellt, die eigenverantwortlich gelöst werden können und nutzen Online-Lernplattformen, um auch hierbei unterschiedliche Sinne ansprechen zu können. Insgesamt setzen wir sehr auf das praktische Erleben und versuchen, die Auszubildenden in Abhängigkeit von ihrem Ausbildungsstand möglichst viel selbst tun zu lassen. Für uns sind die Auszubildenden Kolleginnen und Kollegen und so behandeln wir sie auch. Unsere PAL stehen den Auszubildenden für Fragen auch außerhalb der praktischen Einsätze zur Seite und in der Phase vor der Prüfung unterstützen wir sie bei der Lösung von Unklarheiten.

Welche Rückmeldungen haben Sie von den Auszu­bildenden hinsichtlich der neuen Regelungen und der Praxis­anleitung erhalten? Gab es spezifische Kritik­punkte oder Lob, die besonders häufig geäußert wurden?
Gibt es hier schon Feedback?

Bisher gibt es hierzu wenig konkretes Feedback. Auch denke ich, für die Auszubildenden nach MTBG wird dies schwierig zu beurteilen sein, da sie ausschließlich dieses Ausbildungsmodell kennen. Gelobt werden in der Regel die organisatorischen Punkte wie etwa die Zusendung der Einsatzpläne in der Woche vor dem Praxiseinsatz mit Benennung der Arbeitszeiten, Arbeitsplätze und entsprechenden Ansprechpartnerinnen beziehungsweise -partnern.

 

Entnommen aus MT im Dialog 11/2024

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