Die Projektidee überzeugte die Europäische Kommission, die die Forschungsarbeiten an der HBC mit 1,4 Mio EUR fördert. Insgesamt beteiligen sich elf Projektpartner aus der Forschung und der Industrie; die Projektleitung liegt beim Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik, Stuttgart. Das Projekt ist auf vier Jahre ausgelegt und wird Ende 2020 seinen Abschluss finden. Unterstützt wird die Projektidee durch die European MS Platform (EMSP), einem Zusammenschluss von nationalen MS-Gesellschaften in Europa mit Sitz in Brüssel sowie der Europäischen Arzneimittelbehörde in London. „Unsere Forschungsarbeit soll direkt den Patienten zugute kommen“, beschreibt Professorin Dr. Katharina Zimmermann von der Fakultät Biotechnologie den Auftrag.
Blut-Hirn-Schranke umgehen
Die Verabreichung von Medikamenten in das zentrale Nervensystem ist sehr schwierig, da die Blut-Hirn-Schranke das empfindliche Gehirn nicht nur vor Bakterien schützt, sondern auch gegen Wirkstoffe abschirmt. „Das erschwert die Behandlung von neurologischen Erkrankungen“, so Zimmermann. Das Verbundprojekt „N2B-patch“ arbeitet daher an der Realisierung der Wirkstoffverabreichung über die Schädelbasis. An dieser Stelle ist das Gehirn nur durch einen dünnen porösen Knochen und einige Zellschichten von der Nasenhöhle getrennt. „Der Wirkstoff kann die Nase-Hirn Barriere einfacher überwinden als die Blut-Hirn-Schranke und das Gehirn so auf kurzem Wege erreichen“, erläutert die Professorin für Molekulare Pharmakologie. „Gelingt diese neuartige Methode, ist eine verbesserte Therapie von MS und anderen neurologischen Erkrankungen möglich“, so die Wissenschaftlerin über das patentierte Verfahren.
Gel-Pflaster minimal-invasiv eingesetzt
Das therapeutische System soll aus dem verpackten Wirkstoff bestehen, einem anhaftendem Hydrogel als Trägermaterial, sowie dem passenden Applikator zum Einsetzen des Gel-Pflasters – einem sogenannten Patch – in die Nase. „Wir gehen davon aus, dass das Gel-Pflaster etwa alle ein bis zwei Wochen durch einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt minimal-invasiv aufgetragen wird“, erklärt Prof. Dr. Chrystelle Mavoungou. Bei dem Wirkstoff selbst handelt es sich um ein Biomolekül, das die Regenerierung von Nervenzellen anregt; es wurde bereits in ersten Studien erfolgreich getestet. In den bisherigen Studien wurde der Wirkstoff jedoch ins Rückenmark gespritzt, was jedoch viele Risiken und Nachteile birgt, wie die Professorin für Qualität in der pharmazeutischen Herstellung erläutert.
Team ist inzwischen vollständig
An der Hochschule Biberach sind neben Katharina Zimmermann und Chrystelle Mavoungou eine Gruppe Doktoranden beteiligt sowie Mitarbeiter aus dem Forschungsmanagement und der Haushaltsplanung. „Ein solches EU-Projekt ist nicht nur wissenschaftlich eine Herausforderung“, sagt Zimmermann. Mit der Einstellung des siebten Doktoranden am Institut für Angewandte Biotechnologie ist das Team nun vollständig – „wir können uns nun mit aller Kraft auf unsere Forschungsarbeit konzentrieren“. (idw, red)
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