20 Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin in Deutschland forschen gemeinschaftlich zur Immunabwehr bei Frühgeborenen. Leiter der multizentrischen Studie ist Prof. Dr. Christoph Härtel von der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin der Universität zu Lübeck und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck. Die multizentrische Studie ist das Kernprojekt des Forschungsverbundes PRIMAL (“Prägung der Immunantwort am Lebensbeginn”), an dem Wissenschaftler aus Freiburg, Heidelberg, Homburg, Mainz und Tübingen mit Projekten rund um Reifung des Immunsystems bei Frühgeborenen beteiligt sind.
Etwa 10 Prozent Frühgeborene
Etwa 10 Prozent der Neugeborenen in Deutschland kommen als Frühgeborene zur Welt. Sie tragen aufgrund ihrer Unreife ein hohes Risiko für Infektionen und langfristige Erkrankungen, bei denen Entzündungen eine wichtige Rolle spielen (z.B. chronische Lungenerkrankungen wie Asthma bronchiale). Diese enorme Empfindlichkeit könnte u.a. durch eine Störung der frühen Prägung der Immunabwehr und des Wechselspiels mit den Bakterien bedingt sein, die den Darm besiedeln (Mikrobiom).
Die Arbeitsgruppe von Prof. Härtel untersucht im Rahmen einer randomisierten Studie bei 700 Frühgeborenen, ob die Gabe von natürlichen, in der Muttermilch vorkommenden Darmbakterien (Probiotika) die frühe Etablierung des Mikrobioms und die Prägung der Immunabwehr günstig beeinflussen kann. Im Alter von zwölf Monaten werden die ehemaligen Frühgeborenen im Hinblick auf Wachstum und Gedeihen, Häufigkeit von Infektionen und chronische Erkrankungen nachuntersucht. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bewilligte ihm dafür Fördermittel in Höhe von 1,6 Millionen Euro aus der Initiative „Gesund - ein Leben lang“.
Besiedlung mit Bakterien hat Auswirkungen auf Erwachsenenalter
„Die frühe Entwicklung des Immunsystems und die natürliche Besiedlung von Neugeborenen mit Bakterien sind wichtig für die kindliche Gesundheit und haben Auswirkungen auf das Erwachsenenalter“, sagt Prof. Härtel zur Bedeutung der Studie. „Dies gilt insbesondere für sehr kleine Frühgeborene, deren Immunsystem am Lebensbeginn durch zahlreiche Einflüsse in hohem Maße herausgefordert wird. So sind medizinische Maßnahmen wie Kaiserschnittentbindung, Antibiotikatherapie und Intensivmedizin unumgänglich, um das Überleben der Kleinsten zu sichern. All diese Aspekte können jedoch das frühe Wechselspiel zwischen Immunabwehr und Darmbesiedlung nachhaltig stören. Um dem vorzubeugen, suchen wir nach Möglichkeiten, um langfristig jedes Kind individuell schützen zu können. Probiotika sind dahingehend vielversprechend.“
Neben Lübeck und den PRIMAL-Verbundkliniken sind an der multizentrischen Studie Kinderkliniken in Hamburg, Rostock, Bremen, Hannover, Magdeburg, Paderborn, Bochum, Essen, Köln, Bonn, Wiesbaden, Aschaffenburg, Halle, Jena und Schwerin beteiligt.
Quelle: idw/Universität zu Lübeck
Artikel teilen