2015 studierten an deutschen Hochschulen rund 51.000 Menschen ohne Abitur. Prozentual gesehen wirkt sich diese neue Rekordzahl allerdings nicht aus. Der Anteil der Erstsemester ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung an allen Studienanfänger(inne)n in Deutschland ist im Vergleich zum Vorjahr leicht gesunken und zwar um rund 0,3 Prozentpunkte auf nun 2,5 Prozent. Eine ausgesprochen positive Entwicklung zeigt sich bei den Studienabschlüssen: 1,3 Prozent aller Hochschulabsolventen/-innen in Deutschland hat mittlerweile das Studium ohne vorheriges Abitur erfolgreich beendet. Damit ist auch hier gegenüber den Vorjahren ein neuer Höchstwert zu verzeichnen.
Ergebnisse positiv bewertet
Sigrun Nickel bewertet die aktuellen Ergebnisse positiv. Die Leiterin Hochschulforschung beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung erklärt: „Die Absolventendaten zeigen, dass man auch ohne Abitur erfolgreich studieren kann. Entgegen aller negativen Prognosen hat sich die Zahl der Hochschulabsolventen, die über den beruflichen Weg ins Studium gelangt sind, in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich gesteigert und liegt aktuell bei rund 6.200 Personen.“ Im Zeitraum 2010 bis 2015 konnten insgesamt rund 25.000 Studierende ohne allgemeine Hochschul- oder Fachhochschulreife einen akademischen Abschluss erwerben.
Unterscheide zwischen Ost und West
Auf Länderebene zeigen sich weiterhin sehr unterschiedliche Entwicklungen in Ost- und Westdeutschland. Während in Westdeutschland die Zahl der Studienanfänger/-innen leicht zurückgegangen ist, konnten im Osten besonders Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen deutlich mehr beruflich qualifizierte Erstsemester begrüßen. Die Länder mit dem höchsten Anteil an Studienanfänger/-innen ohne Abitur in Deutschland insgesamt sind weiterhin Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Berlin.
Am beliebtesten bei Studierenden ohne Abitur sind die Fachhochschulen bzw. Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Hier finden sich derzeit mit insgesamt rund 29.000 bundesweit die meisten beruflich Qualifizierten. Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Zahl der Studienanfänger/-innen. Im Jahr 2015 entschieden sich rund 7.400 beruflich qualifizierte Erstsemester für eine akademische Ausbildung an einer anwendungsorientierten Hochschule, rund 5.000 für ein Universitätsstudium und rund 150 nahmen ein Studium an einer künstlerischen Hochschule auf.
Bachelor im Vordergrund
Dabei steht für Studierende ohne Abitur eindeutig der Bachelorabschluss im Vordergrund. Nur sieben Prozent aller Studierenden ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung studieren einen Masterstudiengang. Innerhalb der gesamten bundesdeutschen Studierendenschaft ist dies dagegen jeder vierte. Bemerkenswert ist, dass es bereits 24 weiterbildende Masterstudiengänge in Deutschland gibt, für die weder ein Abitur noch ein Bachelor-Abschluss erforderlich ist. „Diese Angebote richten sich an beruflich Hochqualifizierte beispielsweise mit Erfahrung in einer Führungsposition. Daher handelt es sich bislang noch um ein kleines und exklusives Segment im Bereich der wissenschaftlichen Weiterbildung“, erläutert CHE Expertin Sigrun Nickel.
Meiste Erstsemester an FernUniversität Hagen
Bei der Fächerauswahl entscheiden sich mehr als die Hälfte aller Studienanfänger(innen) für die Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (54,1 Prozent), gefolgt von den Ingenieurwissenschaften (19,5 Prozent) und Medizin bzw. Gesundheitswissenschaften (10,7 Prozent). Die Hochschule, die bundesweit die meisten Erstsemester ohne hochschulische Zugangsberechtigung aufweist, ist die FernUniversität in Hagen (16,5 Prozent).
Voraussetzung für die Bewerbung um einen Studienplatz ohne allgemeine Hochschulreife und Fachhochschulreife ist mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie der Nachweis einer entsprechenden Berufserfahrung. Studieninteressierten stehen bundesweit knapp 7.000 Studienangebote offen.
Weitere Informationen für Interessierte
Ausführliche weitergehende Informationen bietet der Online-Studienführer. Dort finden sich u.a. auch alle aktuellen Daten, welche das CHE Centrum für Hochschulentwicklung basierend auf Angaben des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2015 berechnet hat. Studieninteressierte ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung können sich hier fundiert über Zugangsmöglichkeiten zu den Hochschulen und das Angebot an Studiengängen informieren. Als Neuerung bietet die Internet-Plattform eine Reihe interaktiver Datentools, die den Nutzern/-innen die Möglichkeit zu einer interessenbezogenen Datenauswahl und -anzeige bietet. (idw, red)
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