Übermüdet durch den Alltag? Das trifft vor allem auf immer mehr junge Erwachsene zu. Laut einer bundesweiten Datenerhebung der KKH Kaufmännische Krankenkasse schlafen vor allem die 19- bis 29-Jährigen zunehmend schlechter: Deren Anteil mit ärztlich diagnostizierten, nicht organisch bedingten Schlafstörungen hat sich von 2007 auf 2017 fast verdoppelt (plus 89 Prozent). So hoch war der Anstieg in keiner anderen Altersgruppe. Insgesamt wurden 2017 bei rund 120.000 KKH-Versicherten jeden Alters Schlafstörungen diagnostiziert.
„Die Dunkelziffer dürfte aber noch viel höher sein, denn nicht jeder geht bei Schlafmangel zum Arzt“, erläutert Thomas Seidel vom KKH-Serviceteam in Krefeld. Der große Anstieg ist ein Warnsignal, denn Schlafstörungen können Begleiterscheinungen diverser Leiden sein und erhöhen unter anderem das Risiko, an Depressionen und Angststörungen zu erkranken. Und auch da verzeichnet die KKH bei den 19- bis 29-Jährigen einen deutlichen Anstieg.
Ein Gegenpol zu Büroarbeit und Medienkonsum
Rund 18.000 junge Erwachsene waren 2017 von Depressionen betroffen, das sind 45 Prozent mehr als noch 2007. Unter Angststörungen litten rund 9.000 Versicherte dieser Altersgruppe – gut ein Viertel mehr als noch 2007. „Leider spielt das Thema Schlaf in der Gesellschaft bislang eher eine untergeordnete Rolle“, sagt Seidel. „Dabei ist eine erholsame Nachtruhe die Grundvoraussetzung für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden.“
Auszubildende, Studenten und viele Berufstätige sind heutzutage vor allem psychisch hoch beansprucht. Gerade Berufsanfänger stehen häufig unter Erfolgsdruck. Viele kümmern sich noch nach Feierabend um berufliche Angelegenheiten, lesen dienstliche E-Mails oder planen den nächsten Arbeitstag. Gerade die Jüngeren chatten, posten und liken darüber hinaus häufig noch bis tief in die Nacht hinein.
Thomas Seidel rät deshalb dringend zu einem Gegenpol zu Büroarbeit und Medienkonsum. „Wer vor allem psychisch im Job gefordert ist, sollte sich zum Ausgleich unbedingt bewegen und den Feierabend nicht auch noch vor dem Computer verbringen.“ Seidel rät außerdem dazu, mindestens eine halbe Stunde vor dem Schlafen offline zu gehen. Denn das blaue Licht von mobilen Geräten stört die Ausschüttung des für einen geregelten Tag-Nacht-Rhythmus wichtigen Schlafhormons Melatonin.
- Regelmäßige Schlafzeiten: Im Idealfall jeden Tag (auch am Wochenende) zur gleichen Zeit aufstehen. Abends ins Bett gehen, wenn man sich müde und schläfrig fühlt.
- Ein persönliches Abendritual einführen, zum Beispiel ein entspannendes Bad oder eine CD mit Naturgeräuschen wie Meeresrauschen. Das kann helfen, Körper und Geist auf die Nachtruhe einzustimmen und problematische Gedanken loszulassen.
- Vor dem Schlafengehen keine Konfliktgespräche führen.
- Abends besser leichte Kost genießen und keine koffeinhaltigen Getränke zu sich nehmen. Auch zu viel Alkohol und Nikotin rauben den Schlaf!
- Stress abbauen, das heißt auf ausreichend Ruhezeiten achten, Verzichtbares von der To-Do-Liste streichen und auch mal Nein sagen. Yoga oder autogenes Training können außerdem helfen, bewusst zu entspannen.
- Wer nachts aufwacht und grübelt, sollte seine Gedanken aufschreiben und somit erst einmal ablegen. Wer trotzdem hellwach bleibt, sollte aufstehen und sich mit etwas Ruhigem beschäftigen, bis die Müdigkeit wieder einsetzt: einen Tee kochen, lesen.
- Schlafmittel sind immer die letzte Wahl! Wenn Schlafstörungen über einen längeren Zeitraum andauern oder immer wieder auftreten, sollte ein Arzt um Rat gefragt werden.
Quelle: KKH, 21.02.2019
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