Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel (NEM) und angereicherte Lebensmittel ist vielfältig und wächst stetig. Die Werbung verspricht positive Effekte für Gesundheit, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit. Etwa ein Drittel der Erwachsenen in Deutschland greift regelmäßig zu NEM-Präparaten; viele davon enthalten Vitamine und Mineralstoffe. Daten über die Nährstoffzufuhr deuten allerdings darauf hin, dass in Deutschland nur einige wenige Vitamine und Mineralstoffe, wie Vitamin D, Calcium, Folsäure und Jod, von manchen Bevölkerungsgruppen nicht entsprechend den Zufuhrempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) aufgenommen werden.
Als Faustregel gilt, dass eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung den gesunden Körper ausreichend mit lebensnotwendigen Stoffen versorgt. Nimmt man zusätzlich hoch dosierte NEM ein und verzehrt gegebenenfalls noch angereicherte Lebensmittel, steigt das Risiko für eine Überversorgung mit den betreffenden Mikronährstoffen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) befasst sich seit etwa zwei Jahrzehnten mit der Bewertung der gesundheitlichen Risiken von Vitaminen und Mineralstoffen und hatte bereits im Jahr 2004 erstmals Höchstmengenvorschläge für NEM und angereicherte Lebensmittel erarbeitet. Diese wurden nun anhand neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse überarbeitet. „Viel hilft viel – das ist auch bei Vitaminen und Mineralstoffen ein Trugschluss“, sagt BfR-Präsident Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel. „Die Dosis entscheidet, ob sie unserer Gesundheit nützen oder schaden“.
Basis für die Schaffung von Höchstmengenregelungen auf EU-Ebene
Das BfR nimmt immer wieder umfangreich Stellung zu gesundheitlichen Risiken durch NEM und informiert Verbraucherinnen und Verbraucher über gesundheitliche Probleme, die mit dem Verzehr solcher Produkte verbunden sein können. Verbindliche Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in NEM und angereicherten Lebensmitteln existieren derzeit weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene. Vor diesem Hintergrund hat das BfR seine bisherigen Höchstmengenvorschläge geprüft und auf Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse überarbeitet. Sie sollen dem Risikomanagement als Diskussionsgrundlage und letztlich als Basis für die Schaffung von gesetzlichen Höchstmengenregelungen auf EU-Ebene dienen.
Die BfR-Empfehlungen zielen darauf ab, die Nährstoffzufuhr über NEM und angereicherte Lebensmittel so zu beschränken, dass durch den Konsum der Produkte signifikante zusätzliche Nährstoffaufnahmen möglich sind und zugleich die Mehrheit der gut versorgten Bevölkerung vor übermäßigen Nährstoffaufnahmen geschützt wird. Die Höchstmengen wurden unter Berücksichtigung von drei wesentlichen Parametern abgeleitet: den von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit abgeleiteten tolerierbaren Tageshöchstmengen (Tolerable Upper Intake Level, UL), den Zufuhrmengen von Vitaminen und Mineralstoffen durch die übliche Ernährung sowie den jeweiligen Zufuhrreferenzwerten (Dietary Reference Values, DRV). Im ersten Schritt der Ableitung der für NEM und angereicherte Lebensmittel empfohlenen Höchstmengen wurde vom BfR die Differenz aus dem UL und der Nährstoffzufuhr von Hochverzehrerinnen und -verzehrern aus der üblichen Ernährung gebildet.
Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen als Bezugsgruppe
Um sicherzustellen, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen durch den Verzehr von NEM oder angereicherten Lebensmitteln nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Jugendliche sehr unwahrscheinlich sind, wurde bei der Höchstmengenableitung für NEM die Altersgruppe der 15- bis 17-Jährigen als Bezugsgruppe gewählt. Zusätzlich wurde bei nahezu jedem Nährstoff ein Unsicherheitsfaktor von 2 verwendet. Damit soll wissenschaftlichen Unsicherheiten und einer möglichen Mehrfachexposition durch die Einnahme unterschiedlicher NEM Rechnung getragen werden. Bei der Höchstmengenableitung für angereicherte Lebensmittel wurden auch die ULs und das Ernährungsverhalten jüngerer Kinder berücksichtigt.
Bei einem Teil der Höchstmengen für NEM empfiehlt das BfR zusätzlich verpflichtende Angaben auf den Produkten. Außerdem macht das BfR darauf aufmerksam, dass durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse und künftige Marktentwicklungen gegebenenfalls Anpassungen der Höchstmengen erforderlich werden können.
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Quelle: BfR, 16.03.2021
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