HEV trotzt gängigen Händedesinfektionsmitteln

Das Hepatitis E-Virus ist nur schwer kleinzukriegen
lz
Händedesinfektionsmittel gegen Hepatitis-E-Viren
Die meisten üblichen Händedesinfektionsmittel können Hepatits-E-Viren wenig anhaben © RUB, Marquard
Newsletter­anmeldung

Bleiben Sie auf dem Laufenden. Der MT-Dialog-Newsletter informiert Sie jede Woche kostenfrei über die wichtigsten Branchen-News, aktuelle Themen und die neusten Stellenangebote.


* Pflichtfeld

Das Hepatitis E-Virus (HEV) kann eine schwerwiegende Leberentzündung hervorrufen und ist weltweit die häufigste Ursache einer akuten virusvermittelten Hepatitis. Die Wirksamkeit verschiedener gängiger Händedesinfektionsmittel gegen HEV wurde nun untersucht.

Beim HEV handelt es sich um ein einzelsträngiges RNA-Virus aus der Familie Hepeviridae (Genus Orthohepevirus). Hierzulande sowie mehreren europäischen Ländern und auch in Nordamerika kommt die durch HEV Genotyp 3 verursachte Hepatitis E laut RKI endemisch vor. In vielen dieser Länder nimmt die Zahl der gemeldeten Infektionen kontinuierlich zu. Das RKI führt dies auf eine vermutlich erhöhte Aufmerksamkeit der Ärzte, häufigere Diagnostik und den Einsatz sensitiverer diagnostischer Tests zurück. Durch geeignete Hygienemaßnahmen lässt sich die Infektion mit HEV jedoch verhindern. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom TWINCORE, Zentrum für Experimentelle und Klinische Infektionsforschung, der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben gemeinsam mit Partnern aus der Industrie und unterstützt vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) die Wirksamkeit verschiedener gängiger Händedesinfektionsmittel gegen HEV untersucht. Sie konnten zeigen, dass die meisten Formulierungen das Virus nicht vollständig inaktivieren.

HEV als Zoonose

In Deutschland und Europa hat HEV sein natürliches Reservoir in Schweinen. Von den Tieren kann die Infektion auf den Menschen übergehen (Zoonose). Häufig geschieht dies durch nicht vollständig durcherhitzte oder rohe Fleischerzeugnisse wie beispielsweise Mett. In tropischen Regionen der Welt kommt es über verunreinigtes Wasser zu Infektionen mit teils größeren Ausbrüchen. „Manche dieser Ansteckungen ließen sich durch die richtigen Hygienemaßnahmen möglicherweise verhindern“, sagt Dr. Patrick Behrendt, Arzt in der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der MHH und Leiter der Nachwuchsforschergruppe „Translationale Virologie“ am TWINCORE. Dazu zählt vor allem im klinischen Alltag im Umgang mit Hepatitis-E-Patienten sowie mit infizierten Tieren die korrekte hygienische Händedesinfektion.

Nur ein Produkt wirksam

Gemeinsam mit dem Team von Prof. Dr. Eike Steinmann, Leiter der Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie an der RUB, hat Behrendt untersucht, ob gängige Händedesinfektionsmittel das Virus unschädlich machen können. „Wir haben die Wirkung der Alkohole Ethanol und Propanol, sowohl einzeln als auch in den von der WHO empfohlenen Mischverhältnissen und außerdem kommerzielle Händedesinfektionsmittel getestet“, sagt Steinmann. „Wirksam war allerdings nur ein Produkt, das noch eine weitere Komponente enthielt.“

Alkohol allein wirkt nicht

Normalerweise kommt HEV unbehüllt vor und ist wie alle unbehüllten Viren sehr widerstandsfähig gegen chemische Einflüsse. Im Blut von Patienten zirkulieren allerdings auch solche Viruspartikel, die von einer Lipidhülle umgeben sind. „Nicht alle Desinfektionsmittel sind gleichzeitig gegen behüllte und unbehüllte Viren wirksam“, sagt Steinmann. „Wir haben für unsere Prüfungen beide Formen von HEV verwendet.“

Phosphorsäure macht den Unterschied

Obwohl einige der geprüften Desinfektionsmittel für die Inaktivierung von behüllten und unbehüllten Viren zertifiziert waren, waren sie gegen HEV nicht ausreichend wirksam. „Die alkoholischen Komponenten lösen zwar die Lipidhülle auf, aber die entstehenden nackten Viren sind immer noch infektiös“, sagt Behrendt. HEV ist also sprichwörtlich schwer kleinzukriegen. Den entscheidenden Vorteil hatte ein Produkt, das neben Alkohol auch Phosphorsäure enthält. Damit wurden alle Viruspartikel ausreichend neutralisiert.

„Wir konnten zeigen, dass HEV den meisten gängigen Händedesinfektionsmitteln widerstehen kann“, sagt Behrendt. „Wir hoffen, dass diese Erkenntnisse zukünftig in Betracht gezogen werden, wenn Hygienemaßnahmen im Umgang mit kontaminierten Fleischprodukten und HEV-Ausbrüchen empfohlen werden.“

Literatur:
Patrick Behrendt, Martina Friesland, Jan-Erik Wißmann, et al.: Hepatitis E virus is highly resistant to alcohol-based disinfectants. Journal of Hepatology, 2022, DOI: doi.org/10.1016/j.jhep.2022.01.006.

Quelle: idw, TWINCORE, MHH und RUB

Artikel teilen

Online-Angebot der MT im Dialog

Um das Online-Angebot der MT im Dialog uneingeschränkt nutzen zu können, müssen Sie sich einmalig mit Ihrer DVTA-Mitglieds- oder Abonnentennummer registrieren.

Stellen- und Rubrikenmarkt

Möchten Sie eine Anzeige in der MT im Dialog schalten?

Stellenmarkt
Industrieanzeige