Verschiedene Maßnahmen sollen verstärkt zum Wohlergehen der Tiere beitragen und eine Kultur der Fürsorge für die Tiere fördern. Die MPG hat das Papier nach umfangreichen Beratungen einer vom Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft einberufenen international besetzten Kommission verfasst.
In ihrer Grundsatzerklärung unterstreicht die Max-Planck-Gesellschaft, dass die biologische und medizinische Forschung auf Experimente mit Tieren nach wie vor angewiesen ist, um das komplizierte Zusammenspiel der Komponenten komplexer Organismen zu verstehen. „Vernetzte Systeme wie etwa das Immunsystem oder das Gehirn können wir nicht allein durch die Untersuchung ihrer einzelnen Bausteine oder durch vereinfachte Modelle und Computersimulationen verstehen“, erklärt Wolf Singer, Leiter der von Max-Planck-Präsident Martin Stratmann eingesetzten Expertenkommission und langjähriger Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, der heute am Ernst-Strüngmann-Institut in Frankfurt forscht.
Die Max-Planck-Gesellschaft betont in ihrer Grundsatzerklärung den Wert des Wissens an sich, selbst wenn dieses keine unmittelbare praktische Anwendung findet. Die Herausforderungen, vor der die Menschheit heute steht, ließen sich nur bewältigen, wenn der Mensch die Konsequenzen seines Handelns kennt. Es gebe folglich eine Verpflichtung, wissen zu wollen. Die Forschung der Max-Planck-Gesellschaft beruhe daher nicht auf kurzfristigen Nützlichkeitserwägungen, sondern auf dem zu erwartenden Wissensgewinn.
Betonung der ethischen Konflikte
Das White Paper betont aber auch die ethischen Konflikte, die sich aus Versuchen mit Tieren ergeben: Der erwartete Erkenntnisgewinn eines Experiments muss gegen die Beeinträchtigung des Versuchstiers abgewogen werden – eine Bewertung, für die es keine universell akzeptierten Maßstäbe gibt. „Deshalb müssen Gesellschaften immer wieder neu verhandeln, wie sie mit diesem ethischen Dilemma umgehen wollen“, betont Singer.
Die Max-Planck-Gesellschaft hat in ihrem Grundsatzpapier eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, mit denen der bestmögliche Kompromiss zwischen der Belastung von Versuchstieren und dem Erkenntniswert von Experimenten erreicht werden soll.
Dazu gehören unter anderem:
- Stärkung einer Kultur der Fürsorge für die Tiere. Dies soll durch eine verbesserte Koordination des Tierschutzes innerhalb der MPG erreicht werden, bei gleichzeitiger Wahrung höchster Qualität der Wissenschaft;
- weitere Verbesserung und Minimierung von Tierversuchen – wissenschaftliche Erkenntnisse sollen dazu genutzt werden, die Zahl der Versuche und die Belastung der Tiere zu verringern;
- transparente Darstellung von Tierversuchen gegenüber der Öffentlichkeit;
- Erforschung von Möglichkeiten zur verbesserten Umsetzung des 3R-Prinzips;
- Erforschung der Lebensbedingungen von Versuchstieren, ihrem Sozialverhalten, Schmerzempfinden, Bewusstsein und ihrem Recht auf Leben;
- Schulung aller mit Tieren beschäftigten Mitarbeiter in Fragen der Tierethik.
Die Max-Planck-Gesellschaft will sich künftig nicht nur kontinuierlich um die bestmögliche Umsetzung des 3R-Prinzips bemühen („Replacement, Reduction, Refinement“: Ersatz von Tierversuchen, Reduktion von Tierversuchen, Minimierung der Belastungen der Tiere), sondern auch wichtige, teilweise kontroverse Fragen in den Blick nehmen. Dazu gehört unter anderem die ständige Neubewertung von Schäden und Belastungen in Tierversuchen auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Empfindungsfähigkeit, das Bewusstsein und die Intelligenz von unterschiedlichen Tierarten. „Ansätze, die auf der Grundlage des heutigen Wissensstandes akzeptabel sein mögen, könnten schon in einigen Jahren anders beurteilt werden“, erklärt Singer in Bezug auf die mit dem 4. R verbundenen Verpflichtungen.
Quelle: idw/MPG, 12.01.2017
www.mpg.de/10882259/MPG_Whitepaper.pdf
Artikel teilen