Führt Digitalisierung zu mehr Belastungen in der Arbeitswelt?
Die Untersuchung des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen (SOFI) zeigt, dass Gesundheitsgefährdungen nach wie vor vielschichtig sind. Ein Schlüssel für gesünderes Arbeiten liege in intakten Team- und Führungsbeziehungen sowie in einer aktiven Mitwirkung der Beschäftigten bei der Gestaltung von Digitalisierungsprozessen. Nicht die Digitalisierung an sich sei für Arbeitsbelastungen verantwortlich, sondern wie die neuen Technologien in den Betrieben umgesetzt werden.
Steigende psychische Beschwerden vermutet
Trotz reger Forschungsaktivitäten zum Thema Digitalisierung, ist der Zusammenhang von Arbeit, Technik und Gesundheit empirisch immer noch relativ wenig durchdrungen. Wie genau wirkt sich Technikeinsatz auf die Belastungen im täglichen Arbeiten für die Beschäftigten aus? Häufig wird nahegelegt, dass ein genereller Trend zu mehr Digitalisierung mit steigenden Arbeitsbelastungen einhergeht. Überforderungsgefühle und eine zunehmende Überwachung der Beschäftigten werden als Ursachen für steigende psychische Beschwerden vermutet.
Probleme durch schlecht gestaltete Arbeitsabläufe sowie Personalmangel
„Auf der Grundlage von Fallstudien in Betrieben, Interviews und Fragebogenerhebungen zeichnen wir in unserer Studie, die wir in Kooperation mit und gefördert durch die AOK Niedersachsen durchführen, ein sehr viel differenzierteres Bild“, betont SOFI-Direktor Dr. Martin Kuhlmann: „Stress und Zeitdruck gehören zwar aktuell zu den größten Belastungen in der Arbeitswelt, sind weit verbreitet und nehmen im Zusammenhang mit Digitalisierung oft sogar zu. Belastende Umgebungsbedingungen und Arbeitszeiten, schlecht gestaltete Arbeitsabläufe sowie Personalmangel und steigende Leistungsanforderungen spielen als Ursachen für Gesundheitsgefährdungen aber nach wie vor eine erhebliche Rolle. Der Digitalisierung an sich stehen die Beschäftigten eher positiv gegenüber. Sie erwarten Arbeitserleichterungen und Verbesserungen der Qualität ihrer Arbeitsergebnisse. Allerdings machen sie bisher oft die Erfahrung, dass digitale Abläufe und Arbeitsmittel schlecht gestaltet sind und deshalb eher zu steigenden Arbeitsbelastungen führen.“
Beschäftigte frühzeitig aktiv in Planungsprozesse einbeziehen
Hinrich Gehrken, Mitautor der Studie, hebt zudem hervor: „Wenn Beschäftigte frühzeitig aktiv in Planungsprozesse einbezogen werden und arbeitsbezogene Mitgestaltungsmöglichkeiten haben, herrscht hingegen eine höhere Arbeitszufriedenheit. Arbeitsbelastungen verringern sich und die Arbeit wird als weniger gesundheitsgefährdend eingeschätzt. Dies ist ein zentrales Ergebnis unserer Studie.“ Nicht die Digitalisierung an sich sei für Arbeitsbelastungen verantwortlich, sondern wie die neuen Technologien in den Betrieben umgesetzt werden. Führungskräfte, die Mitgestaltung fördern und Teams, die ihre Arbeit gemeinsam gestalten und sich wechselseitig beim Umgang mit den neuen Technologien unterstützen, seien daher eine wichtige Voraussetzung für Gesundheit in der digitalen Arbeitswelt.
Carls, Kristin; Gehrken, Hinrich; Kuhlmann, Martin; Thamm, Lukas; Splett, Barbara: Digitalisierung, Arbeit und Gesundheit – Arbeitsbelastungen im Wandel? In: Buss, Klaus-Peter; Kuhlmann, Martin; Weißmann, Marliese; Wolf, Harald; Apitzsch, Birgit (Hrsg.) (2021): Digitalisierung und Arbeit. Triebkräfte – Arbeitsfolgen – Regulierung. Frankfurt a. M. und New York: Campus, S. 235-272.
Quelle: idw/SOFI
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