Früherkennung von Lungenkrebs

HANSE-Studie
Nadine Heuer-Olewinski
Titelbild zum Beitrag über die HANSE-Studie zur Früherkennung von Lungenkrebs
Abb. 1: Der mobile CT-Truck vor der LungenClinic Großhansdorf © N. Heuer-Olewinski
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Lungenkrebs war mit 2,2 Millionen Fällen der zweithäufigste diagnostizierte Krebs 2020 (11,4 Prozent). Die meisten Krebstoten (1,8 Millionen) gingen im Jahr 2020 auf ihn zurück (18 Prozent) [1]. Lungenkrebs wird oft erst im fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert. Frühe Stadien sind eher Zufallsbefunde, weil sie keine Beschwerden verursachen [2]. Derzeit gibt es in Deutschland kein Früherkennungsprogramm für Lungenkrebs.

Bei der HANSE-Studie handelt es sich um eine Screening-Studie mit dem Ziel, die Durchführbarkeit und den Einfluss eines strukturierten Früherkennungsprogramms für Lungenkrebs zu belegen. Die Laufzeit beträgt zwei Jahre. Es sollen 5.500 Probanden mit erhöhtem Risiko eingeschlossen werden. Zusätzlich mindestens 7.100 Probanden mit einem niedrigen Risiko, die keine Termine erhalten, sondern Fragebögen beantworten. Die Teilnahme ist freiwillig und kostenlos [3].

Schirmherr der HANSE-Studie ist Eckart von Hirschhausen. Die Einschlusskriterien erfüllen Raucher/-innen und Exraucher/-innen, die zwischen 55–79 Jahre alt sind. Durch Fragen zur Gesundheit, dem Rauchverhalten und zur Person wird das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, ermittelt. Interessierte, die ein erhöhtes Risiko haben, können sich telefonisch, per Brief oder Internet anmelden [4].

Ein erhöhtes Risiko an Lungenkrebs zu erkranken, bedeutet in diesem Fall, dass die Gefahr in den nächsten sechs Jahren bei 1,58 Prozent liegt [3]. Die LungenClinic Großhansdorf, die Medizinische Hochschule Hannover und das UKSH Lübeck führen die HANSE-Studie gemeinsam durch. Die Medizinische Hochschule Hannover ist der Hauptsponsor. Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung und AstraZeneca unterstützen finanziell [3]. Der mobile CT-Truck reist zwischen den drei Standorten hin und her und verweilt jeweils für zwei Wochen. Die Standorte haben feste Teams, nur die CT-Crew reist mit und wechselt regelmäßig. Während des circa 90-minütigen Termins findet ein Arztgespräch statt, Fragebögen zu verschiedenen Themen werden ausgefüllt, eine kleine Lungenfunktion und eine Pulswellenanalyse werden durchgeführt. Bei einigen Probanden erfolgen auch Blutentnahmen für wissenschaftliche Zwecke. Bei Bedarf wird über ein Raucherentwöhnungsprogramm informiert. Abschließend erfolgt ein Low-Dose-CT. Die Daten werden pseudonymisiert. Die Probanden erhalten keine Aufwandsentschädigung.

 

Die Studienteilnehmer werden per Zufall in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Hälfte erhält zusätzlich zu den Befunden weitere Informationen über ihre Lungen- und Herzgesundheit (zum Beispiel Kalkablagerungen, Emphysem), die andere Hälfte nur ihren LUNG-RADS-Score. Bei klinischer Relevanz erfährt jeder Proband, gruppenunabhängig, seine Befunde [3].

250 Probanden pro Woche

Im Schnitt kommen pro Tag 25 Probanden, die circa zwei Wochen später ihre Befunde per Post erhalten. Auch der angegebene Hausarzt erhält einen Befund. Somit kommen in zwei Wochen 250 Probanden zusammen und es werden 500 Briefe verschickt. Zusätzlich erfolgt die Dokumentation im Studienportal. Anhand der CT-Bilder werden die Befunde nach Größe und Morphologie bewertet und danach in den LUNG-RADS-Score eingeteilt. Probanden mit unauffälligen Befunden (LUNG RADS 1–2) haben kein Malignitätsrisiko und kommen nach einem Jahr zur Kontrolle wieder. Nur LUNG RADS 1 ist bezüglich der Noduli unauffällig. In LUNG RADS 2 fallen Noduli unter 6 mm. Auffällige Befunde (LUNG RADS 3–4 A) sollen nach drei bis sechs Monaten kontrolliert werden.

Besteht der Verdacht auf Lungenkrebs (RADS 4 B und 4 X), werden die Probanden als Patienten zur Diagnostik einbestellt. Im Rahmen der Biomarker-Substudie werden zu diesem Zeitpunkt, auf freiwilliger Basis, zusätzliche Blutröhrchen für die Biomarker-Forschung entnommen. Ziel ist die Detektion von neuen Biomarkern, die auf Lungenkrebs hindeuten könnten [5].

Folgetermin geplant

In der bekannten NDR-Gesundheitssendung „Visite“ wurde die HANSE-Studie erwähnt und hat die Öffentlichkeit auf die Studie aufmerksam gemacht. Es meldeten sich daraufhin zahlreiche Interessenten. Geplant ist, dass die Probanden nach einem Jahr zu einem weiteren Termin erscheinen, um die Untersuchungen zu wiederholen. Bei Probanden, die zwischenzeitlich mit dem Rauchen aufgehört haben, soll eine Urinprobe auf Tabakabbauprodukte untersucht werden. Auch hier gilt, dass bei Auffälligkeiten eine Kontrolle nach drei oder sechs Monaten erfolgt, je nach Lung RADS Score [3].

Weitere interessante Fragen sollen beantwortet werden: Haben die zusätzlichen Befunde aktive Raucher zum Raucherstopp bewegt? Kann die Sterblichkeitsrate der Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch die Erfassung dieser Erkrankungen gesenkt werden? [3]

Falls die HANSE-Studie verlängert wird, ist geplant, dass nach fünf und zehn Jahren Kontakt zu den Probanden aufgenommen wird und nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Entwicklung von Lungenkrebs gefragt wird [3].

Vielen lieben Dank an Frau Dr. S. Stiebeler und Prof. Dr. M. Reck für die Anmerkungen.


Literatur

1. Sung H, Ferlay J, Siegel RL, Laversanne M, Soerjomataram I, Jemal A, Bray F: Global Cancer Statistics 2020: GLOBOCAN Estimates of Incidence and Mortality Worldwide for 36 Cancers in 185 Countries.
2. Heuer-Olewinski N: Lungenkrebs – Aus der Arbeit einer Studienassistentin. MTA Dialog, 2020; 21 (8), 22–6.
3. Probandeneinwilligung zur HANSE-Studie.
4. Infoflyer zur HANSE-Studie.
5. Patienteneinwilligung zur HANSE-Studie mit Tumorverdacht.

 

Entnommen aus MTA Dialog 6/2022

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