Fremde Immunzellen gegen tödliche Hirnentzündung PML

Progressive Multifokale Leukenzephalopathie
mg
Hirninfektion PML
Haben innovative Therapie mit körperfremden Abwehrzellen gegen die tödliche Hirninfektion PML entwickelt: Professorin Dr. Britta Eiz-Vesper und Professor Dr. Thomas Skripuletz mit ihrem Team. © Karin Kaiser/MHH
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Ausgelöst wird die tödliche Hirnentzündung PML durch das humane Polyomavirus 2, auch John-Cunningham(JC-)Virus, und führt innerhalb weniger Wochen zum Tod. Doch Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover haben gezeigt, dass man Schwerstkranke mithilfe fremder Immunzellen heilen kann.

Ähnlich zu den humanen Papillomviren sind auch beim humanen Polyomavirus 2 70 bis 90 Prozent der Menschen infiziert – ebenfalls meist ohne eine Infektion zu bemerken. Es schlummert bis zur Reaktivierung, die durch eine Schwächung des Immunsystems aufgrund einer schweren Erkrankung oder immunsupprimierenden Medikamenten erfolgen kann. Verändert sich das Virus hier genetisch, kann es dank der Mutation ins Zentrale Nervensystem gelangen und dort Zellen infizieren – PML, progressive multifokale Leukenzephalopathie. So stirbt allmählich das Hirngewebe ab und es kommt innerhalb weniger Wochen zum Tod.

Abwehrzellen aus Blutspenden

Doch ein interdisziplinäres Team der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat einen neuen Weg gefunden, den Verlauf zu stoppen. Aus dem Blut gesunder Menschen, die jedoch mit dem Virus infiziert waren, isolieren sie allogene virusspezifische DIAVIS-T-Zellen. Denn sie besitzen passgenaue Abwehrzellen aus der Gruppe der weißen Blutkörperchen, wodurch die T-Lymphozyten die angriefenden JC-Viren als körperfremd erkennen können und eine Immunantwort einleiten.

Bisher war für Patientinnen und Patienten, die immunsupprimierende Medikamente zu sich nahmen, die einzige Möglichkeit gegen das Virus anzugehen, diese Medikamente abzusetzen. Doch dank der neuen Methode ist das nicht mehr notwendig und Patientinnen und Patienten aus dem In- und Ausland ersuchen an der MHH eine Behandlung. Innerhalb von 24 Stunden stehen die DIAVIS-T-Zellen aus dem Spenderblut zur Verfügung. Eine Auswertung der Daten von 28 Patientinnen und Patienten zeigt die hohe Wirksamkeit der neuen Methode: „Wir haben festgestellt, dass die Mehrheit unserer Patientinnen und Patienten auf die Behandlung anspricht, sich von ihren Beschwerden erholt und dank der Therapie die Virusinfektion überlebt“, betont Professor Skripuletz, Oberarzt an der Klinik für Neurologie mit Klinischer Neurophysiologie.

Schnelle Reaktionszeit

Voraussetzung für einen möglichen Einsatz der neuen Methode ist jedoch, dass die Zellen des Spendenden und des Empfangenden HLA-teilpassend sind, die Gewebemerkmale also in 50 Prozent übereinstimmen. Die Spenderzellen stammen in der Regel von Familienspenden oder aus dem T-Zell-Spenderregister alloCELL der MHH. In diesem Register werden nicht nur die HLA-Merkmale erfasst, sondern auch die Anzahl der spezifischen T-Zellen gegen unterschiedliche Viren. 

Dadurch können auf Anfrage innerhalb weniger Tage passende T-Zell-Spenderinnen und -Spender gefunden und die T-Zellprodukte zur Verfügung gestellt werden. Gerade diese schnelle Reaktionszeit ist von Vorteil für die Betroffenen, da auch hier zählt: „time is brain“. Zur weiteren Bestätigung der Ergebnisse planen die Forschenden eine klinische Phase-II-Studie. Bringt die Studie die erhofften Ergebnisse, kann hieraus eine neue zugelassene Therapie für PML-Betroffene entstehen. Zudem können die Ergebnisse eventuell auch für andere neurologische Viruserkrankungen von Bedeutung sein.

Literatur:
Möhn N, Grote-Levi L, Wattjes MP, et al.: Directly Isolated Allogeneic Virus–Specific T Cells in Progressive Multifocal Leukoencephalopathy. JAMA Neurol. 2024; 81 (11): 1187–98. DOI: 10.1001/jamaneurol.2024.3324.

Quelle: idw

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