Forscher entdecken Giftigkeit von Thioarsenaten

Erhöhtes Risiko im Reis?
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Die Bayreuther Doktorandinnen Carolin Kerl und Colleen Rafferty
Die Bayreuther Doktorandinnen Carolin Kerl M.Sc. und Colleen Rafferty M.Sc. (v.l.) untersuchen die Aufnahme von Thioarsenaten in der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Christian Wißler
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Eine interdisziplinäre Forschergruppe der Universität Bayreuth hat festgestellt, dass es Arsenverbindungen gibt, die eine giftige Wirkung auf Pflanzen haben, aber bei chemischen Analysen von Reis und bei der Abschätzung des Gesundheitsrisikos für den Menschen bisher nicht berücksichtigt wurden.

Bei diesen Verbindungen handelt sich um Thioarsenate, Verbindungen von Arsen mit Schwefel, die auf Reisfeldern möglicherweise häufiger vorkommen, als bisher angenommen wurde. Thioarsenate entstehen im Oberflächen-, Boden- und Grundwasser, falls das Wasser einen hohen Sulfid-Anteil aufweist. Sulfid ist die reduzierte Form von Sulfat, es reagiert spontan mit Arsen und kann Thioarsenate bilden. Reisfelder bieten für diese Prozesse günstige Voraussetzungen. „Reis wird meist auf gefluteten Feldern angebaut. Wegen des daraus resultierenden Sauerstoffmangels im Boden kann Sulfat zu Sulfid reduziert werden. Wir konnten erstmals nachweisen, dass ein nicht unerheblicher Teil des Arsens in Reisfeldern – nämlich 20 bis 30 Prozent – in Form von Thioarsenaten gebunden ist“, erklärt Prof. Dr. Britta Planer-Friedrich, Professorin für Umweltgeochemie an der Universität Bayreuth. „Weitere Forschungsarbeiten, die über die Ausbreitung von Thioarsenaten genauere Erkenntnisse liefern, sind umso dringlicher, als wir jetzt erstmals zeigen konnten, dass Thioarsenate von Pflanzen aufgenommen werden können und schädlich für sie sind.“

Schädlichkeit für biologischen Modellorganismus

Die Bayreuther Untersuchungen, an denen auch einige Doktoranden mitarbeiteten, konzentrierten sich auf die Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana), eine auf Wiesen in Europa und Asien weitverbreitete Pflanze, die sich in der biologischen Forschung als Modellorganismus bewährt hat. In Zusammenarbeit mit dem Pflanzenphysiologen Prof. Dr. Stephan Clemens wurden unterschiedliche Mutanten der Acker-Schmalwand im Labor daraufhin getestet, wie sie auf Thioarsenate reagieren, sobald diese ihrer Nährflüssigkeit beigegeben werden. Die Ergebnisse sind eindeutig: Die Pflanzen nehmen die Arsen-Schwefel-Verbindungen auf und werden in ihrem Wachstum sichtbar beeinträchtigt. Je mehr Arsen auf diesem Weg in ihren Organismus gelangt, desto mehr verkümmern ihre Wurzeln.

Toxisch auch für den Menschen?

„Aufgrund dieser beunruhigenden Erkenntnisse wollen wir in den nächsten Monaten gezielt die Wirkungen von Thioarsenaten auf verschiedene Reissorten untersuchen. Bisher wissen wir noch zu wenig darüber, ob und in welchem Umfang Reispflanzen das schwefelgebundene Arsen aufnehmen und wie gravierend ihr Stoffwechsel dadurch gestört wird. Vor allem ist unklar, ob Thioarsenate auch bis in die Reiskörner gelangen“, erläutert Prof. Clemens, Sprecher des Profilfelds ‚Lebensmittel- und Gesundheitswissenschaften‘ an der Universität Bayreuth, und ergänzt: „In Bayreuth verfügen wir über alle nötigen Forschungstechnologien, um diese Untersuchungen vorantreiben zu können. Sollte sich herausstellen, dass Thioarsenate von den Wurzeln der Reispflanzen aufgenommen werden und unverändert in die Reiskörner vordringen können, besteht weiterer Forschungsbedarf. So muss dann insbesondere geklärt werden, ob Thioarsenate für den Menschen toxisch sind, falls sie über lange Zeiträume mit reishaltiger Nahrung aufgenommen werden. Darüber hinaus sind – neben den bislang bekannten Arsenformen – künftig auch Thioarsenate zu berücksichtigen, wenn es darum geht, Reispflanzen zu entwickeln, die weniger Arsen in den Körnern akkumulieren. Dies ist ein Ziel, auf das heute weltweit zahlreiche Forschergruppen hinarbeiten.“

Arsen als Gesundheitsrisiko

„Nicht allein die EU, in der seit 2016 erstmals ein Grenzwert für Arsen in Reis gilt, sondern vor allem auch Länder in Asien und Afrika, die oft einen jährlichen Reiskonsum von weit über 100 Kilogramm pro Kopf haben, sollten die weitere Reisforschung aufmerksam verfolgen und ihren Verbraucherschutz entsprechend weiterentwickeln. Spuren von Arsen sind auch im Trinkwasser und in weiteren Lebensmitteln enthalten. Sie können sich schnell zu einer täglichen Dosis summieren, die ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsrisiko darstellt“, meint Prof. Planer-Friedrich.

Die Bayreuther Umweltgeochemikerin hat erst vor wenigen Jahren entdeckt, dass Thioarsenate für den Arsenhaushalt der Erde eine größere Bedeutung haben könnten als bis dahin angenommen. Ausgangspunkt waren Untersuchungen an Thermalquellen im Yellowstone-Nationalpark in den USA. Hier stellte sich heraus, dass mehr als 80 Prozent des Arsens, das in diesen heißen Quellen vorkommt, in Thioarsenaten gebunden sind. In den Folgejahren zeigte sich, dass Thioarsenate auch unter weniger extremen Bedingungen in Böden und im Grundwasser auftreten können. Hier können sie, je nach Sulfidgehalt, gut ein Viertel des Gesamtarsens ausmachen. Diese Erkenntnisse gaben den Anstoß für weitere Untersuchungen zur Verbreitung dieser Arsenverbindungen, die sich an der Universität Bayreuth nun auf das Grundnahrungsmittel Reis konzentrieren werden. (idw, red)

Literatur:

Britta Planer-Friedrich, Tanja Kühnlenz, Dipti Halder, Regina Lohmayer, Nathaniel Wilson, Colleen Rafferty, and Stephan Clemens: Thioarsenate Toxicity and Tolerance in the Model System Arabidopsis thaliana. Environmental Science & Technology (2017), DOI: 10.1021/acs.est.6b06028.

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