In den letzten zehn Jahren haben Forschende große Fortschritte erzielt, Krebs mit seinen vielen Facetten besser zu verstehen. Lange Zeit ging man davon aus, dass Krebs primär durch eine Störung im Zellwachstum entsteht. Es deutet jedoch immer mehr darauf hin, dass es sich um eine Form von Stoffwechselstörung handelt. Mit anderen Worten: Krebs entsteht, wenn Zellen ihren Stoffwechsel umstellen, um sich unkontrolliert zu vermehren. Wie das funktioniert, zeigen Forschende um Prof. Dr. Michael N. Hall, Biozentrum, Universität Basel, am Beispiel des Stoffwechsels in Leberkrebszellen.
Krebszellen häufen Arginin an
Wenn sich eine gesunde Zelle in eine Krebszelle verwandelt, verändert sie ihren Stoffwechsel, um möglichst rasch wachsen zu können. So verbrauchen Tumorzellen beispielsweise mehr Zucker als gesunde Zellen und nehmen zusätzlich mehr Nährstoffe auf. „In Lebertumoren von Mäusen und Patienten haben wir große Mengen der Aminosäure Arginin gefunden. Die Krebszellen häufen Arginin an, indem sie mehr Arginin aufnehmen und zugleich weniger verbrauchen“, erklärt Erstautor Dr. Dirk Mossmann. „Die großen Mengen braucht es für das Tumorwachstum, unabhängig von der Rolle, die Arginin bei der Proteinherstellung spielt. Wir haben uns daher gefragt, wie Arginin die Tumorbildung fördert.“
Tumorwachstum angekurbelt
Ist die Konzentration von Arginin sehr hoch, bindet es an einen spezifischen Faktor, der stoffwechselrelevante Gene steuert. Diese lösen die Verschiebungen im Stoffwechsel aus und kurbeln das Krebswachstum an. Die Zellen werden dadurch in eine Art embryonalen Zustand zurückversetzt, also quasi verjüngt, und können sich wieder unbegrenzt teilen. Die Tumorzellen profitieren noch auf andere Weise davon, dass sie viel Arginin aufnehmen. „Denn so entziehen sie der Umgebung und damit den umliegenden Immunzellen das Arginin, die dieses jedoch brauchen, um richtig zu funktionieren. Dadurch können die Krebszellen dem Immunsystem leichter entkommen“, sagt Mossmann.
Neue Therapieoptionen?
Die Forschende empfehlen, den spezifischen Arginin-bindenden Faktor ins Visier zu nehmen, anstatt den Arginin-Spiegel im Ganzen zu reduzieren. „Wenn wir Lebertumore mit dem Krebsmedikament Indisulam behandeln, wird der Arginin-bindenden Faktor abgebaut, und die Stoffwechselveränderungen bleiben aus“, ergänzt Mossmann. „Und wir können die Nebenwirkungen, die mit verringerten Arginin-Spiegeln einhergehen, vermeiden, wie etwa eine beeinträchtigte Funktion der Immunzellen.“ Darüber hinaus könnten erhöhte Arginin-Werte zukünftig als Biomarker herangezogen werden, um Leberkrebs bereits frühzeitig zu erkennen. Dies ist für den Therapie-Erfolg und das Überleben der Patienten entscheidend.
Quelle: Universität Basel
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