Fachärztliche Diagnose mit AppDoc

Teledermatologie
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Für die Diagnose per App müssen zwei Fotos der betroffenen Hautstelle aufgenommen sowie einige Fragen zu möglichen Symptomen beantwortet werden. Universitätsmedizin Essen
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Erstmalig dürfen Hautfachärzte ohne persönlichen Kontakt zum Patienten eine digitale Diagnose für Haut- und Geschlechtskrankheiten ausstellen.

Nach vielen Monaten Entwicklungsarbeit und strengen Prüfverfahren bei der Landesärztekammer können sich interessierte Patienten ab heute über eine Webseite (für Computer/iPhone-Nutzer) und über die für Android verfügbare App “AppDoc“ oder das iPhone eine fachärztliche Erstmeinung zu ihrem Hautproblem einholen.

 

Dazu müssen zwei Fotos der betroffenen Hautstelle aufgenommen, sowie einige Fragen zu möglichen Symptomen beantwortet werden. Die Bilder und Informationen werden anschließend über eine verschlüsselte Verbindung an einen Hautfacharzt aus Baden-Württemberg übermittelt. Patienten ohne Smartphone können auch über eine Digitalkamera und die AppDoc-Webseite die Bilder ihres Hautproblems bereitstellen. Innerhalb von 48 Stunden verspricht “AppDoc“ dem Patienten eine Ersteinschätzung des übersandten Hautbefundes digital zu übermitteln, ohne dass dieser dafür das Haus verlassen müsste. Auch Rückfragen können von den Online-Ärzten gestellt werden und werden inklusive der Antworten in einem nur für Arzt und Patient zugänglichen Online-Datenraum gespeichert.

Hautfachärzte aus Baden-Württemberg, die mit AppDoc arbeiten wollen, können den digitalen Service nach der Gebührenordnung für Ärzte abrechnen, der Plattform AppDoc zahlt der Patient eine Vermittlungsgebühr. Vermittlung und Befundung kosten 35 Euro pro Fall, die der Patient aktuell noch privat zahlen muss. Doch das Interesse auf Seite der Krankenkassen an teledermatologischen Anwendungen wächst zusehends. Die Projektbeteiligten hoffen, dass die externe Evaluation von AppDoc gute Ergebnisse liefern wird, damit die Kosten langfristig für alle Patienten von den Kassen erstattet werden können.

Hohe Treffsicherheit und Komfort für Patienten

Die Projektgruppe konnte in einem aktuellen Review zeigen, dass die angebotene Teledermatologie eine hohe Treffsicherheit und Komfort für Patienten sowie Ärzte bietet. Daten aus Deutschland fehlen jedoch. Am Universitätsklinikum Essen leitet Funktionsoberärztin Dr. Wiebke Sondermann die externe Evaluation von AppDoc.

Zentrale Fragestellungen dabei sind, wie oft die Ärzte tatsächlich anhand der eingesandten Patientendaten mit Diagnose und Handlungsempfehlung weiterhelfen können, mit welchen dermatologischen Krankheitsbildern Patienten vorstellig werden und wie diese Faktoren interagieren. Grundsätzlich begrüßt Dr. Sondermann den Vorstoß aus Heidelberg: „Oft kommen Patienten über Suchmaschinen fehlinformiert und teilweise unnötig in die Sprechstunde. Ich glaube, dass AppDoc Patientinnen und Patienten viel überflüssige Wartezeit ersparen kann und vor allem eine gegenüber Dr. Google deutlich überlegene erste Informationsquelle darstellen wird.“

„Leider kommen Patienten auch oft zu spät zum Facharzt“, berichtet Dr. Titus J. Brinker, Assistenzarzt an der Universitäts-Hautklinik Heidelberg und Leiter der App-Entwicklung am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg: „Beruflicher Stress, lange Anfahrtswege, Immobilität – das alles verzögert häufig zeitsensitive Diagnosen und fordert einfacher verfügbare Lösungen bei der Erstbefundung von verdächtigen Hautstellen. Die Nutzung von AppDoc dauert keine fünf Minuten und hat dadurch eine sehr viel niedrigere Hemmschwelle als ein Arzttermin.“

Behandlung per Videotelefonat oft enttäuschend

Aber nicht nur Hautkrebs kann schneller unter fachärztliche Augen kommen: Auch für Geschlechtskrankheiten bietet AppDoc einen entscheidenden Vorteil, indem die Plattform die anonyme Einsendung des medizinischen Problems ermöglicht: „Das ist nicht nur aus Datenschutzsicht sinnvoll, sondern respektiert auch die Privatsphäre des Patienten, der eine Lösung für sein im Einzelfall sehr intimes Problem möchte, ohne dabei identifiziert oder stigmatisiert zu werden“, betont PD Dr. Stefan Esser, Leiter der Ambulanz für sexuell übertragbare Erkrankungen der Universitäts-Hautklinik in Essen.

Die Techniker Krankenkasse testete in der Vergangenheit die Behandlung per Videotelefonat mit Hautfachärzten, doch die Ergebnisse waren eher enttäuschend. Oft wählten sich Patienten zu spät in den Videochat ein, vergaßen ihren Termin, oder technische Probleme verhinderten die ordnungsgemäße Durchführung der Videoberatung – auch langsames Internet auf dem Land machte die Bildqualität der Videoübertragung unscharf.

Die Ärzte beklagten, dass diese Methode eher eine zusätzliche Belastung statt eine Reduzierung der Versorgungslast darstelle, da die Befundung per Videotelefonat im Vergleich zum Praxisbesuch nicht nur ungenauer, sondern auch deutlich langsamer stattfände. Die Smartphone-Alternative von Dr. Brinker dagegen ließe sich sehr viel besser in den Arztalltag integrieren.

Methode ist nicht vergleichbar mit einem Arztbesuch

Eine europäische Studie aus dem Jahr 2015 zeigt, dass dieser Art teledermatologische Anwendungen in Bezug auf die Genauigkeit bei der Diagnostik von den immer besser werdenden Handy-Kameras profitieren: Die Forscher konnten eine über 90%ige Übereinstimmung der Diagnose mit modernen Handy-Fotos und Text im Vergleich zu der klassischen Diagnose in der Arztpraxis feststellen, sofern die Fotos nach Anleitung aufgenommen werden.

Ist die Diagnose per Smartphone also vergleichbar mit einem Arztbesuch? „Ein klares Nein“, mahnt Dr. Brinker: „Eine Diagnose über eine Teledermatologie-Anwendung sollte als ein möglicher Schritt vor einem Arztbesuch gesehen werden und ist sicherlich sinnvoller als die alleinige Befragung einer Suchmaschine. Durch die fachärztliche Ersteinschätzung per App kann in unserem sehr visuellen Fach vielen Patienten bereits geholfen werden, da viele Therapeutika frei verkäuflich sind. Dennoch ist die Ferndiagnose in ihrer Genauigkeit weiterhin dem klassischen Arztbesuch unterlegen. Bei Fällen, die digital nicht eindeutig zu befunden sind, werden Sie unsere Hautfachärzte auch weiterhin in die Praxis schicken.“


Quelle: Universitätsmedizin Essen, 21.11.2018 -

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