Extrem-Frühchen: G-BA pocht auf Mindestmengen

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Extrem-Frühchen: Mindestmengen angehoben
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Für die Versorgung von extrem untergewichtigen Früh- und Reifgeborenen steigt die Mindestmenge im kommenden Jahr von derzeit jährlich 20 pro Krankenhausstandort auf 25. Gefährdet das die flächendeckende Versorgung?

Im Auftrag des Gesetzgebers legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) sogenannte Mindestmengen für Krankenhäuser fest – sie müssen erreicht werden, damit die Leistung angeboten und abgerechnet werden darf. Für die Versorgung von extrem untergewichtigen Früh- und Reifgeborenen steigt die Mindestmenge im kommenden Jahr von derzeit jährlich 20 pro Krankenhausstandort auf 25. Kritisiert wurde jüngst, dass dadurch Standorte schließen müssten und so eine flächendeckende Versorgung gefährdet sei. Diese Befürchtungen teilen die unparteiischen Mitglieder des G-BA nicht.

Sterbewahrscheinlichkeit sinkt

„Das Festlegen von Mindestmengen ist ein grundlegendes und unverzichtbares Element der Qualitätssicherung, mit dem Sterbe- und/oder Komplikationsraten bei besonders komplexen und gefahrgeneigten Interventionen gesenkt und damit Menschenleben gerettet werden. Das trifft auch für die Versorgung von extrem untergewichtigen Frühgeborenen zu, die oft nur wenige Gramm wiegen“, so Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA: „Bei einer Erhöhung der jährlichen Fallzahl in einer Spezialklinik um nur 10 Neugeborene unter 1.250 Gramm Geburtsgewicht sinkt die Wahrscheinlichkeit, im Krankenhaus zu versterben, bereits um etwa 5 Prozent. Für mich ist klar: Mindestmengen retten damit Menschenleben!“

Beschluss aus 2020

Der Beschluss aus dem Jahr 2020, die Mindestmenge bei der hochkomplexen Versorgung von untergewichtigen Frühchen schrittweise von 14 über 20 auf 25 pro Krankenhausstandort hochzusetzen, sei maßvoll, findet Karin Maag, unparteiisches Mitglied des G-BA und zuständig für den Bereich Qualitätssicherung, zu dem die Mindestmengenregelungen gehören: „Erstens gab es eine lange, mehrjährige Übergangszeit für Krankenhäuser und die Bundesländer, die für Krankenhausplanung zuständig sind. Zweitens hatte der Beschluss gerade eine detaillierte Folgenabschätzung vorgenommen – die Wegezeiten erhöhen sich im Durchschnitt je nach Berechnungsmodell moderat auf 24/25 Minuten bei einer durchschnittlichen Wegstrecke von 24 Kilometern. Und drittens schützt der Beschluss vor allem jene, die eine exzellente Versorgung dringend brauchen, nämlich die Kinder, die weniger als 1.250 Gramm wiegen. Für den G-BA war der Gewinn an Sicherheit für die extrem untergewichtigen Frühchen in Kliniken bisher der leitende Gedanke.“

Fachgesellschaft pro „Scharfschalten“

Unterstützung findet die Entscheidung des G-BA, die Mindestmenge bei der Versorgung von untergewichtigen Früh- und Reifgeborenen hochzusetzen, auch in der Versorgungspraxis. Prof. Dr. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto/neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) und Vorsitzender der Deutschen Stiftung Kranke Neugeborene (DSKN): „Das ,Scharfschalten‘ der Mindestmengen wurde bereits wiederholt verschoben. Der aktuelle Kampf gegen die Mindestmengen ist Ausdruck der Unwilligkeit der Bundesländer, Versorgungsstrukturen an die aktuelle Gegebenheit anzupassen. Die existierenden Strukturen können künftig keine flächendeckende Versorgung mehr sichern und gefährden gleichzeitig das Leben extrem unreifer Kinder. Mit dem Zentrum für feto/neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden hat Sachsen ein Modell etabliert, welches nicht nur eine Zentralisierung der Versorgung extrem unreifer Kinder ermöglicht, sondern auch eine heimatnahe Betreuung von Risikoschwangeren und deren Neugeborenen.“

Längere Fahrtzeiten kein Problem?

Den Beschluss, die Mindestmenge für untergewichtige Früh- und Reifgeborene unter 1.250 Gramm schrittweise hochzusetzen, hatte der G-BA bereits im Jahr 2020 getroffen und dabei auch eine detaillierte Folgenabschätzung vorgenommen. In den letzten Wochen war dieses Vorgehen jedoch noch einmal Anlass für Diskussionen, da einige Bundesländer und Vertreterinnen und Vertreter von Krankenhäusern befürchteten, die höhere Mindestmenge könnte die Versorgung beeinträchtigen. Teilweise richtig ist, dass Schwangere längere Fahrtzeiten auf sich nehmen müssen. Das führt aber zu keiner Gefährdung des Kindes. Vielmehr ist eine Verlegung der Früh- und Reifgeborenen daher vermeidbar.

Der G-BA ist gesetzlich beauftragt, planbare stationäre Leistungen zu identifizieren, bei denen ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit von medizinischen Behandlungen und der Ergebnisqualität besteht. Für diese Leistungen legt er auf Basis der verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse Mindestmengen je Ärztin und Arzt und/oder je Standort eines Krankenhauses fest.

Quelle: G-BA
 

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