Am 29. Mai 2015 fand im Haus der Ländervertretung NRW in Berlin eine Informationsveranstaltung zu den bisherigen Ergebnissen der hochschulischen Ausbildung von Pflege- und Therapieberufen an den Fachhochschulen in NRW statt. In NRW sind seit 2010 elf Studiengänge für Pflege-, Therapieberufe und Hebammenkunde an sieben Standorten entstanden, deren Hauptaufgabe darin besteht, die berufliche Ausbildung in den Berufen in eine hochschulische Ausbildung zu überführen. Das Modellprojekt soll 2017 beendet sein.
Im Einführungsvortrag betonte die Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen, Frau Barbara Steffens, die Bedeutung der Professionalisierung der Gesundheitsberufe zur Verbesserung der Patientenversorgung im Hinblick auf den demografischen Wandel. Darüber hinaus forderte sie die Entscheidungsträger des Bundes dazu auf, adäquate gesetzliche Rahmenbedingungen für die Gesundheitsberufe zu schaffen, um so die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und die Attraktivität der Berufe zu steigern.
Im weiteren Verlauf betonten Herr Prof. Heffels (KatHO NRW) und Herr Prof. Grüneberg (hsg Bochum) die erfolgreiche Verknüpfung der berufsschulischen und der hochschulischen Ausbildung im Rahmen des Modellprojektes. Die Hochschulen können, unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere der Erfüllung der praktischen Ausbildungszeiten, akademische Kompetenzprofile aufbauen und erweitern. Für die betreffenden Berufe bedeutet das eine Vertiefung wissenschaftlicher Inhalte und in der Folge das Erkennen und Beantworten wissenschaftlicher Fragestellungen, die sich im beruflichen Alltag ergeben. Ein zentraler Aspekt ist die Beteiligung an fachlichwissenschaftlichen Entwicklungen statt „nur“ ausführendes Organ auf Anweisungen anderer Berufsgruppen zu sein.
Frau Prof. Darmann-Finck (Universität Bremen) und Herr Prof. Reuschenbach (Stiftungsfachhochschule München) evaluieren im Rahmen eines Forschungsprojektes die Entwicklungen der Modellstudiengänge. Sie verglichen die bestehenden Studiengänge u.a. hinsichtlich ihrer organisatorischen und inhaltlichen Struktur (grundständig oder ausbildungsbegleitend). Dabei betonten sie, dass Studien aus dem Ausland belegt haben, dass ein erhöhter Anteil an Pflegekräften mit einem Bachelorabschluss in der Praxis eine Verringerung der Mortalitätsrate und Komplikationsrate für Patienten bedeutet.
Für andere Berufsgruppen liegen solche Studien nicht vor, da es im Ausland anscheinend keinen Bedarf eines solchen Beweises gibt, was in erster Linie daran liegen soll, dass diese Berufsgruppen sowieso hochschulisch ausgebildet sind.###more###
Im Rahmen der Evaluation wurden sowohl Studierende als auch Auszubildende sowie erfahrene Berufsangehörige befragt, wie sie eine Veränderung der Kompetenzen durch ein Studium wahrnehmen. Die Studierenden haben insbesondere in den Bereichen der interprofessionellen Arbeit mit anderen Berufsgruppen sowie der selbstständigen Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse im beruflichen Alltag eine größere Selbstwahrnehmung der eigenen Kompetenzen. Außerdem schätzen sie den Nutzen ihrer Wissensbestände für den praktischen Alltag als sehr hoch ein.
Im Resümee empfahl Frau Prof. Darmann-Finck die hochschulische Erstausbildung in den Pflegeberufen und der Hebammenkunde regulär einzuführen und die dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen. Darüber hinaus seien eine deutlichere Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Studienprogrammen sowie eine Evaluation der Versorgungsqualität notwendig.
Die Notwendigkeit der Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen betonte auch Herr Prof. Igl in seinem Vortrag. Darin machte er u.a. auf die Unterschiede im Prüfungsrecht zwischen Heilberufen (Bundesrecht) und dem Hochschulrecht (Länderrecht) aufmerksam. Die Ausbildung in den Heilberufen ist staatlich kontrolliert und durch das Zusammenspiel zwischen Praxis und Theorie geprägt. Sie endet mit einer komplexen staatlichen Abschlussprüfung, in der alle notwendigen Kompetenzen überprüft werden. An den Hochschulen können Prüfungen sukzessive abgelegt werden und die Eigenverantwortung der Studierenden für den eigenen Lernprozess stellt ein zentrales Merkmal dar.
Hier ist der Bund besonders gefragt, da ein verfassungsrechtlicher Schutzauftrag für das Gesundheitswesen besteht. Die einzelnen Bundesländer können entsprechend keine Vorgaben für eine Ausbildung in den Heilberufen machen und die Überführung der Ausbildungen in die alleinige Verantwortung der Hochschulen ist derzeit nicht möglich.
Tina Hartmann
01.07.2015
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