Die europaweite Umfrage des Laborausstatters Starlab unter 378 Labormitarbeitenden aus fünf Ländern zeichnet ein alarmierendes Bild. Nach der heißen Phase der Coronapandemie, während der die Laborbranche noch als systemrelevant gefeiert und beklatscht wurde, habe sich die Versorgungssituation mit Labormaterialien nach zuvor beobachteten Schwankungen zwar normalisiert. Nur noch 21 Prozent der Befragten klagt über Materialien, die verspätet geliefert werden (2021/22 waren es noch 64 Prozent). Allerdings betonen die Befragten, dass Personalengpässe (26 Prozent) und steigender Kostendruck (42 Prozent) sowie die Konjunkturabschwächung belasten. 64 Prozent der befragten Labore haben bereits Sparmaßnahmen eingeführt. 58 Prozent berichten von konkreten Budgetkürzungen, während 42 Prozent gezwungen sind, Forschungsbereiche zu priorisieren und bei 31 Prozent gebe es bereits Personalmaßnahmen. „Diese Entwicklung gefährdet nicht nur einzelne Forschungsprojekte, sondern die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft ganzer Wissenschaftsstandorte“, warnt Klaus Ambos, Geschäftsführer der Starlab International GmbH.
Deutschland hinkt hinterher
Entsprechend fällt auch der Ausblick der Laborbranche nüchtern aus: 37 Prozent der Befragten erwarten demnach eine negative wirtschaftliche Entwicklung bis Ende 2025, nur 15 Prozent blicken optimistisch in die Zukunft. Die übrigen 48 Prozent äußern sich unentschieden. „Dass sich fast die Hälfte nicht festlegen möchte, zeigt, dass sich weder ein positiver noch ein negativer Trend verfestigt hat. Noch ist es nicht zu spät, das Ruder herumzureißen“, sagt Ambos. Besonders kritisch scheint die Lage in Deutschland: Hier erwarten nur 13 Prozent der Labore steigende Budgets – der niedrigste Wert im europäischen Vergleich. Mit einem Rückgang des Materialverbrauchs im Jahr 2024 um 22,5 Prozent verzeichnen deutsche Einrichtungen zudem die stärksten Einschnitte. Deutschland verliere an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Ländern wie die USA oder China. Auch Indien hole dramatisch auf, während hierzulande die Innovationskraft zurückbleibe, so Ambos. Europa müsse in diesem Umfeld sehr aufpassen, dass sich nicht der E-Auto-Effekt wiederhole.
Forderungen an die Politik
Die Forderung der Branche ist eindeutig: 79 Prozent der Befragten verlangen mehr politische Priorität für die Life Sciences-Branche. „Die Politik muss jetzt handeln“, mahnt Ambos. „Der Kontrast könnte nicht größer sein. In der Coronapandemie war die Wissenschaft der große Hoffnungsträger. Beispiele wie Biontech sind erstmals in der Breite sichtbar geworden. Heute, ohne akute Krise, werden Forschungsbudgets gekürzt. Dabei findet die ganze Zeit systemrelevante Forschung statt. In Deutschland und Europa werden so viele vielversprechende Ansätze allein in der Krebsforschung verfolgt, was aber nicht sichtbar genug ist.“ Dabei brauche es laut Ambos gerade jetzt Innovationen für Klimaschutz, Gesundheit und eine alternde Gesellschaft. „Wir können es uns nicht leisten, die Wissenschaft nur in Krisenzeiten wertzuschätzen. Das Fundament für künftige Krisen wird heute gebaut.“ Denn nach Corona sei vor der nächsten Pandemie. Ein Dorn im Auge ist Ambos auch die nach wie vor vorhandene Praxis der befristeten Verträge für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Forschungsumfeld. Da müsse etwas getan werden. Als wichtigste Skills im Labor werden von den Befragten aktuell interdisziplinäres Denken (62 Prozent), digitale Kompetenzen (54 Prozent) und Prozessoptimierung (53 Prozent) gesehen.
Kosten im Blick
Trotz der angespannten Situation zeige die Branche eine bemerkenswerte Innovationsbereitschaft: Über 65 Prozent der Befragten sehen Nachhaltigkeit und Umweltschutz als zentrale Zukunftsthemen. 95 Prozent würden recycelte Produkte nutzen, davon 70 Prozent bei garantierter Qualität, 12 Prozent uneingeschränkt, 13 Prozent, wenn der Preis gleich bleibt, und 5 Prozent abhängig vom Produkt. Lediglich 0,61 Prozent lehnen recycelte Produkte aufgrund zu vieler Bedenken generell ab. Viele Labore haben laut Umfrage bereits konkrete Maßnahmen ergriffen – 83 Prozent setzen Recycling-Programme um, 64 Prozent nutzen Mehrwegsysteme und 62 Prozent investieren in energiesparende Geräte. In den nächsten fünf Jahren gehen 90 Prozent davon aus, dass sich Recycling-Programme durchsetzen werden. Dennoch stehen der Umsetzung oft Hindernisse im Weg: 80 Prozent nennen Kosten als Hauptbarriere, gefolgt von Zeitaufwand (74 Prozent) und mangelnder Informationen zu Nachhaltigkeitsoptionen und Umsetzungsmöglichkeiten (63 Prozent). „Die Labore wollen den Wandel aktiv gestalten. Aber es braucht die richtigen Rahmenbedingungen und Unterstützung von allen Seiten“, sagt Ambos. „Das bedeutet konkret: Die Politik muss nachhaltige Forschung stärker fördern und regulatorische Hürden abbauen. Wir als Hersteller sind gefordert, innovative und bezahlbare Lösungen wie recyclingfähige Produkte und geschlossene Materialkreisläufe anzubieten. Und nicht zuletzt braucht es das Verständnis der Öffentlichkeit, dass Investitionen in nachhaltige Wissenschaft eine Investition in unser aller Zukunft sind.“ Ambos sieht die günstigen Preise bei ölbasierten Produkten als Hemmniss: „Unsere Umfrage bestätigt die hohe Bedeutung von Recycling im Laboralltag. Paradoxerweise kostet es uns als Hersteller mehr, bestehende Materialien aufzubereiten als neue zu verwenden – ein Widerspruch zur wahrgenommenen Kosteneffizienz.“ Die geschätzten Mehrkosten liegen laut Starlab-Chef bei rund 10 bis 12 Prozent, die aktuell nicht an die Kunden weitergegeben werden. Am TipOne® Recycling (alles außer den Spitzen selbst) nehmen aktuell 23 Prozent der Labore teil. Im Post Consumer-Bereich habe damit die Recyclingquote 24 Prozent (2024) erreicht. Den fehlenden Anteil zum vollständigen Recycling decke das Unternehmen mit Produktionsresten. Das Ziel sei ein geschlossener Kreislauf.
Quelle: Starlab
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