EU-Parlament verstärkt Kampf gegen Antibiotikaresistenzen

Pharmapaket der EU-Kommission
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Das Europaparlament hat Plänen der EU-Kommission zugestimmt: Die Versorgung mit Arzneimitteln soll verbessert und erschwinglicher werden. Der Einsatz von Antibiotika soll künftig strenger reguliert werden.

Die Abgeordneten des Europaparlaments sprachen sich mit großer Mehrheit für das Gesetzespaket aus, das den Arzneimittelmarkt in der Europäischen Union reformieren soll. Die vorgeschlagene Überarbeitung zielt darauf ab, die Versorgung mit Arzneimitteln zu verbessern und sie leichter zugänglich und erschwinglicher zu machen. Sie soll die Innovationstätigkeit unterstützen, die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der EU-Arzneimittelindustrie steigern und gleichzeitig höhere Umweltstandards fördern. Zusätzlich zu dieser Reform schlägt die Kommission eine Empfehlung des Rates für eine intensivierte Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen vor.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sagte, damit solle sichergestellt werden, „dass Arzneimittel die Patientinnen und Patienten in ganz Europa zeitnah und auf gerechte Weise erreichen. Es handelt sich um eine Reform, mit der gewährleistet wird, dass Europa für Unternehmen attraktiv und unsere Arzneimittelindustrie ein weltweiter Innovationsmotor bleibt. Die Schaffung eines Binnenmarktes für Arzneimittel ist sowohl für unsere Bürgerinnen und Bürger als auch für unsere Unternehmen eine Notwendigkeit.“

„Keine stille Pandemie"

„Es ist ein Skandal, dass 35.000 Menschen jährlich (Tendenz steigend) in der Europäischen Union sterben, weil Antibiotika ihre Wirkung verlieren“, dies erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der EVP-Christdemokraten, Dr. Peter Liese, anlässlich der Abstimmung über das sogenannte Pharmapaket im Europäischen Parlament.

Prof. Dr. med. Volkhard Kempf von der Universitätsklinik Frankfurt, wie es in seiner Klinik regelmäßig zu Todesfällen kommt, weil Menschen an Keimen leiden, gegen die kein Antibiotikum mehr wirkt: „Es handelt sich hier keineswegs um eine stille Pandemie. Das Problem der hochresistenten Erreger ist seit Jahren bekannt. Diese Erreger sind nicht wählerisch. Wir beobachten solche Infektionen in allen Altersgruppen und auch bei Personen, die keine Reisen in Länder mit hoher Prävalenz von Antibiotikaresistenzen unternommen haben. Die Chance, an einer derartigen Infektion zu sterben, ist sehr hoch, weil keines der gängigen Antibiotika wirkt.“

Der Einsatz von Antibiotika soll überwacht werden

Der Einsatz von Antibiotika soll künftig strenger reguliert werden. In der Regel sollte vor der Verabreichung eines Antibiotikums eine Diagnostik erfolgen, wenn dies nicht möglich ist, weil zum Beispiel ein Notfall vorliegt und die Diagnostik zu lange dauern würde, muss dies begründet werden.

Außerdem soll der Einsatz von Antibiotika, wie dies in der Tiermedizin bereits geschieht, auch in der Humanmedizin künftig überwacht werden und aus dieser Überwachung sollen konkrete Hinweise für die Mitgliedstaaten erarbeitet werden. Weiterhin soll jedem Antibiotikum eine Awareness-Karte beigelegt werden. Damit soll Patientinnen und Patienten eindeutig signalisiert werden, dass sie die Antibiotika nur einnehmen dürfen, wenn sie ihnen persönlich verschrieben wurden und dass sie auch die vorgeschlagene Dauer der Therapie unbedingt einhalten müssen, um Resistenzbildung zu vermeiden. Zudem soll europaweit festgeschrieben werden, dass Antibiotika in jedem Land verschreibungspflichtig sind. Dies war bisher nicht flächendeckend der Fall.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist ein Anreizsystem, um neue Antibiotika auf den Markt zu bringen. „Das Parlament unterstützt im Wesentlichen einen Vorschlag der Europäischen Kommission, der ein sogenanntes Voucher-System vorsieht. Unternehmen, die ein neues Antibiotikum auf den Markt bringen, erhalten einen Gutschein, den sie auch an andere Firmen verkaufen können. Das heißt, das Antibiotikum wird zwar nur in kleiner Stückzahl verkauft, aber andere Medikamente, die in größerer Stückzahl verkauft werden können, erhalten dann, wenn die Firma diesen Gutschein verkauft, ein Jahr länger Marktexklusivität. Das heißt, Generika kommen entsprechend später auf den Markt“, erklärte Liese.

Kritik von Pharma-Unternehmen

Beim Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) stößt das Pharmapaket auf Kritik: „Für den Pharmastandort wurde eine Chance vertan. Weder wurde Europas Profil als Innovationszentrum geschärft, noch wird die Versorgung von Patientinnen und Patienten verbessert. Insbesondere die geplante Schwächung des Unterlagenschutzes ist innovationsfeindlich“, sagt vfa-Präsident Han Steutel.

Quellen: Europäische Kommission, PM Dr. med. Peter Liese, vfa

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