Durch multipotente Stammzellen können sich das menschliche Blut und auch die Knochen selbst regenerieren. Hämatopoetische Stammzellen (HSZ) sind Vorläufer für die Zellen des Bluts, und mesenchymale Stammzellen (MSZ) sind die Vorläufer des Bindegewebes und können sich zu Knochen, Knorpel- und Muskelzellen differenzieren. Im menschlichen Knochenmark sind sowohl HSZ als auch MSZ enthalten. Bei vielen Blut- und Muskel-Skelett-Erkrankungen ist dieses Regenerationsvermögen beeinträchtigt, doch die Wiederherstellung mithilfe von Stammzellen gilt als Schlüssel zur Behandlung solcher Erkrankungen.
Die Stammzellen des Bluts werden wesentlich von den Bedingungen ihrer natürlichen Umgebung, des Knochenmarks, beeinflusst – das hat die Forschung bereits gezeigt. Zum Einfluss von blutbildenden Stammzellen auf das Knochenmark und das knochenbildende System gab es bisher jedoch wenig Erkenntnisse. Mit ihrer Forschung „BloodANDbone – conjoined twins in health and disease: bone marrow analogs for hematological and musculoskeletal diseases“. versucht Dr.Cornelia Lee-Thediecke diese Lücke zu schließen.
In ihrem Projekt entwickelt die Forscherin In-vitro-Modelle des menschlichen Knochenmarks, um an der Entstehung und Entwicklung häufig vorkommender muskuloskelettaler Erkrankungen wie Leukämie oder Knochenmetastasen zu forschen. „Nur wenn wir die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Blut und Knochen untersuchen, können wir verstehen, wie ihr Regenerationspotenzial durch Krankheiten gestört wird und wie es sich durch neue Behandlungsansätze wiederherstellen lässt“, erklärt Lee-Thedieck.
Neuartige biomimetische Modelle
Dabei baut sie auf einer von ihrer Forschungsgruppe bereits entwickelten Knochenmarksnachbildung auf. Dort sind großporige, mit Zellen beladene Biomaterialien, deren physikalische, biochemische und biologische Eigenschaften sich gezielt einstellen lassen. „Auf dieser Basis entwickeln wir neuartige biomimetische Modelle, die biologische Strukturen nachahmen. Mit diesen Modellen können wir untersuchen, wie das regenerative Gleichgewicht im menschlichen Knochenmark im gesunden Zustand erhalten bleibt und wie es bei verschiedenen Erkrankungen gestört wird“, erläutert die Wissenschaftlerin. „Dies zu erkennen, ist eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung neuer regenerativer Therapien.“ Dank ihrer Skalierbarkeit sollen sich die Knochenmarksmodelle auch als In-vitro-Testsysteme für das Screening neuer Medikamente und Therapien eignen.
Das Projekt wird nun durch den Europäischen Forschungsrat (ERC) mit einem Starting grant von 1,5 Millionen Euro für fünf Jahre gefördert. Zielgruppe der ERC Starting Grants sind herausragende Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit wegweisenden Forschungsvorhaben, deren Promotion zwischen zwei und sieben Jahren zurückliegt.
Quelle: Karlsruher Institut für Technologie, 06.09.2017
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