Die überproportionale Ausgabenentwicklung des Krankengelds (zwischen 2006 und 2014 von 5,7 auf 10,6 Milliarden Euro) bildete den Anlass für den Gutachtenauftrag des Bundesministers für Gesundheit. Im Rahmen dieses Auftrags hat der Sachverständigenrat die Ausgabenentwicklung des Krankengelds analysiert und kommt zum Ergebnis: Die Zunahme der krankengeldberechtigten Versicherten, das Wachstum der entgeltabhängigen individuellen Zahlbeträge bzw. des Entgeltausgleichs sowie die im Zeitablauf erfolgte Veränderung von Alter und Geschlecht erklären zusammen etwa die Hälfte der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate der Ausgaben für Krankengeld.
Der Sachverständigenrat sieht die Notwendigkeit der Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung Betroffener, weist aber auch darauf hin, dass Fehlanreize bei der Inanspruchnahme von Krankengeld zu beseitigen sind. Seine Empfehlungen sind daher insbesondere:
„Die im Rahmen einer Krankschreibung festgestellte Arbeitsunfähigkeit prozentual zu differenzieren. Die Einstufung könnte dabei auf 100 %, 75 %, 50 % oder 25 % Arbeitsunfähigkeit erfolgen. Die Höhe des Krankengelds würde analog zur prozentualen Reduktion der Arbeitsfähigkeit berechnet. Die Festlegung der graduellen Arbeitsunfähigkeit sollte im Konsens mit dem Betroffenen ärztlich festgestellt und bei einer Veränderung des Gesundheitszustands angepasst werden. Gegenüber der derzeit in Deutschland praktizierten Alles-oder-nichts-Regelung (entweder „gesund“ oder zu 100 % arbeitsunfähig) ermöglicht eine differenzierte Ausgestaltung die Nutzung des verbleibenden „Restleistungsvermögens“ und vermeidet die sozialen und finanziell negativen Folgen einer unnötig verzögerten Wiedereingliederung ins Erwerbsleben.
Bei psychischen Erkrankungen (zweithäufigste Grund für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland) soll die Bedarfsplanung die tatsächlich erbrachten Psychotherapiestunden der gegenwärtigen Kassensitze abbilden.
Der Zugang zu psychotherapeutischer Versorgung, u. a. durch eine Akutsprechstunde und die Koordinierung der Behandlungswege und Therapieangebote in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Versorgung sollte verbessert werden.
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