Für die Meta-Analyse werteten die Wissenschaftler*innen 34 einzelne Studien aus vier Kontinenten aus, an denen mehr als 200.000 Proband*innen teilgenommen hatten.1 Dabei schlossen die Forschenden nur Studien ein, die vor und während der Pandemie Messdaten zur Einsamkeit erhoben hatten – wobei die Mehrzahl der Studien zu beiden Zeitpunkten auch dieselbe Personengruppe erfasst hatte. „Wir haben die Datenbasis sorgfältig ausgewählt, um die Aussagekraft zu erhöhen“, sagt Erstautorin Dr. phil. MSc. Psych. Mareike Ernst von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz. „Wir konnten so erstmals nachweisen, dass Einsamkeit in der Bevölkerung während der Pandemie weltweit zugenommen hat.“
Deutlicher Anstieg von Einsamkeit
Konkret ergab die Analyse für die Zeit der sozialen Einschränkungen einen Anstieg der Einsamkeit im Mittel um rund fünf Prozentpunkte. „Die These von der ‚Pandemie der Einsamkeit‘ ist damit sicherlich widerlegt“, kommentiert die Mainzer Psychologin das Ergebnis. „Dennoch handelt es sich um einen deutlich messbaren Anstieg, der nachteilige gesundheitliche Folgen haben könnte“, so Ernst. Zwar könne die Meta-Analyse keine näheren Angaben zu den Bevölkerungsgruppen machen, die sich verstärkt einsam fühlten. „Wir wissen aber, dass Personen nach dem Renteneintritt ebenso zu den Risikogruppen für Einsamkeit zählen wie Heranwachsende“, sagt Ernst.
Mehr als 400 Studierende befragt
Dass ein Teil der jungen Erwachsenen besonders stark unter den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie litt, belegt eine weitere Studie aus Deutschland.2 Zu diesem Zweck wurden 443 Studierende, die per Mail rekrutiert worden waren, vor und während der Pandemie zu ihrer mentalen Gesundheit befragt – in den Zeiträumen Juni bis August 2019 versus Juni 2020. „Im Schnitt waren die Befragten knapp 23 Jahre alt und zu 77 Prozent weiblichen Geschlechts“, erläutert Professor Dr. med. Dipl.-Psych. Manfred Beutel, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universitätsmedizin Mainz.
Single-Studierende besonders betroffen
Wie die Auswertung ergab, zählt Einsamkeit zu den Markern, die während der Pandemie in dieser Gruppe am stärksten anstiegen. „Der Wert hat sich fast verdoppelt“, erklärt Beutel. Die Befragung habe auch gezeigt, dass insbesondere Studierende, die vor und während der Pandemie keine feste Partnerschaft hatten, unter Einsamkeit litten. „Man kann sagen: Soziale Isolation durch Einbußen bei sozialen Kontakten und Freizeitaktivitäten plus gesundheitliche Sorgen während der Pandemie führten vor allem bei Single-Studierenden zu Einsamkeit“, resümiert der DGPM-Experte. Knapp die Hälfte der Befragten gab an, in keiner festen Partnerschaft zu sein.
Hohe gesundheitspolitische Relevanz
Einsame Studierende, auch dies ein Resultat der Studie, waren häufig depressiv und ängstlich gestimmt, und sie beklagten verstärkt körperliche Beschwerden. Für den Mainzer Psychosomatik-Experten stellt Einsamkeit daher einen wichtigen Befund dar. „Einsamkeit besitzt hohe gesundheitspolitische Relevanz, vor allem, wenn sie längere Zeit anhält“, betont Beutel. „Einsame Menschen leben ungesünder und sind häufiger krank. Sie stellen eine Risikogruppe da, auf die man achten muss.“
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM)
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