Die Rolle der Praxisanleitung: Betreuer, Coach und Anleiter – Fluch und Segen zugleich

Bundesvorstand
Grafik zum Thema Ausbildung
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Das MTBG (Januar 2021) und die MTAPrV (September 2021) erweisen sich in Teilen der Umsetzung, insbesondere auch in der Durchführung und Anleitung der praktischen Ausbildung, als eine Herausforderung.

Was in der Industrie und im Handwerk seit Jahren funktioniert, zeigt in den Berufen des Gesundheitswesens mancherorts Hürden auf. Dabei wird die Verknüpfung des theoretischen und praktischen Unterrichts in der Schule mit der praktischen Ausbildung und einer dafür ausgebildeten praxisanleitenden Person des jeweiligen MT-Berufs für die Zukunft immer bedeutsamer für die Auszubildenden sowie auch für die Ausbildungsstätten.

Wer darf ausbilden?

In § 19 MTBG sind die Regelungen zur praktischen Ausbildung für alle vier MT-Berufe aufgeführt. Damit ist klar geregelt, welche Institutionen an der praktischen Ausbildung teilhaben dürfen. Nähere Erläuterungen dazu finden sich bei Igl, Seite 19 [1]. Darin heißt eszur Begründung des § 19 MTBG Abs. 1: „In Betracht kommen als Einrichtungen für die praktische Ausbildung Krankenhäuser, die zur Versorgung nach § 108 SGB V zugelassen sind und ambulante Einrichtungen. Als ambulante Einrichtungen kommen beispielsweise Laboratorien, radiologische und funktionsdiagnostische Arztpraxen in Betracht, in der veterinärmedizinischen Technologie Tierarztpraxen und Tierkliniken.“

In § 19 Abs. 2 MTBG wird der zu leistende Stundenumfang der Praxisanleitung geregelt. Gefordert wird ein Umfang von mindestens 15 Prozent, um die Auszubildenden nach § 20 MTBG an die praktischen und berufsspezifischen Tätigkeiten heranzuführen und den Lern­prozess zu begleiten. Bis zum 31. Dezember 2030 wurde den Ländern eine Ausnahmeregelung eingeräumt, wonach diese den Umfang der zu absolvierenden Stunden auf bis zu mindestens 10 Prozent absenken können. Diese Ausnahmeregelung wurde von den meisten Ländern genutzt. Die Bundesländer NRW, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind bei der Regelung zum Mindestumfang von 15 Prozent der zu absolvierenden Stunden geblieben. Zu beachten ist, dass mindestens 10 Prozent beziehungsweise 15 Prozent bedeutet, dass der Umfang fraglos höher sein darf. Die Auszubildenden werden durch die Praxisanleitung qualitativ gut ausgebildet und auf ihre zukünftigen verantwortungsvollen Tätigkeitsfelder vorbereitet. Sollten in den praktischen Ausbildungsorten keine Personen zur Praxisanleitung zur Verfügung stehen, so kann nach § 19 Abs. 4 MTBG die verantwortliche Landesbehörde die praktische Ausbildung untersagen.

Qualifikationen der Praxisanleitung

Die Qualifikationsanforderungen an die jeweiligen Praxisanleitungen werden in § 8 MTAPrV beschrieben. Demnach muss diese eine MT (§ 1 Abs. 1 des MTBG) oder MTA (§ 1 Abs. 1 des MTBG – gültig bis 31. Dezember 2022) in dem Beruf sein, für den die Praxisanleitung ausgeführt werden soll. Des Weiteren muss sie über eine mindestens einjährige Berufserfahrung in dem jeweiligen Beruf verfügen und eine 300-stündige berufspädagogische Zusatzqualifikation absolviert haben sowie jährlich 24 Stunden berufspädagogische Fortbildungen absolvieren (§ 8 Abs. 1.1–4 MTAPrV). Bestandschutzregelungen sind in § 8 MTAPrV Abs. 2 ausgeführt.

Um gemeinsam die Qualifikationen der Auszubildenden zu steigern, ist eine Zusammenarbeit zwischen MT-Schule und praktischen Ausbildungsorten dringend erforderlich. Die Umstellungen hin zu der direkten Beteiligung der praktischen Ausbildung an den MT-Ausbildungen in dieser gesetzlich geregelten Form ist für viele Ausbildungspartnerinnen und -partner auch im zweiten Jahr nach der Gesetzesreform und der damit verbundenen Umstrukturierung der MT-Ausbildungen eine immense Herausforderung. Gerade auch in Anbetracht der angespannten Fachkräftesituation werden oft Äußerungen laut, wie zum Beispiel: „Wir haben keine Zeit mit auszubilden und müssen alle Arbeitskräfte für die täglichen anfallenden Aufgaben einsetzen“ oder „wir strukturieren gerade um“.

Fehlende praktische Ausbildungsorte

Für die MT-Schulen führt dies häufig dazu, dass Ausbildungsplätze wegen fehlender praktischer Ausbildungsorte reduziert werden müssen. Reduzierte Ausbildungsplätze führen letztendlich zu weniger MT, die ins Berufsleben einsteigen können. Damit wird ein Kreislauf ini­tiiert, der für die Diagnostik und Forschung verheerende Folgen haben kann und die ohnehin bereits angespannte Fachkräftesituation weiterhin verschärft. Vorübergehende Personalengpässe sollten ge­meinsam lösungsorientiert diskutiert werden, so dass eine Reduzierung von Ausbildungsplätzen vermieden werden kann. Sollten Umstrukturierungen in den jeweiligen Einrichtungen der praktischen Ausbildung stattfinden, so können Auszubildende bereits hier an der Umsetzung multidisziplinärer Lösungen zur Optimierung der Arbeitsabläufe teilhaben und für ihr bevorstehendes Berufsleben davon profitieren. Auszubildende bei Prozessumstrukturierungen mitzunehmen, verstärkt das Berufsverständnis beziehungsweise fördert ihr beruf­liches Rollenverständnis und ist Teil der Kompetenzanforderung.

Auf der anderen Seite sind ebenso solche Äußerungen zu vernehmen: „Es macht Freude, mit Auszubildenden zu arbeiten, sie anzuleiten, sie wollen etwas Lernen und man frischt noch einmal sein bereits abgelegtes Wissen durch die Aufgabe der Praxisanleitung wieder auf und bekommt mehr Einsicht in unterschiedlichste Lernverhalten.“

Solche Argumentationen unterstützten die Lernprozesse der beruflichen Handlungskompetenz, die sich nach Vorgaben der KMK (KMK, 2017) aus der Humankompetenz, Sozialkompetenz, Fachkompetenz sowie Lern-, Methoden- und der kommunikativen Kompetenz zusammensetzen. Ausbildung allein beruht damit nicht mehr nur auf dem „Zuschauen und Vormachen“ in der Praxis, die viel zu lang andauernde Einarbeitungsprozesse beim Berufseinstieg in der Vergangenheit verursachten. Vielmehr werden mit den Anforderungen der Ausbildung die unterschiedlichen Lerndimensionen (kognitiv, affektiv und psychomotorisch) (Meyer, 2020) angesprochen und bedient. Das spiegelt sich im aktuell gültigen MT-Berufe-Gesetz wider, welches mit seinen Anforderungen nicht nur die fachlichen Ziele, sondern auch die „überfachlichen Ziele“ aufgenommen hat (§§ 8–12 MTBG).

Daher sollten Auszubildende bereits in der Ausbildung so qualifiziert werden, dass sie ihre eigenverantwortlichen Tätigkeiten möglichst kurz nach Eintritt ins Berufsleben in den jeweiligen Bereichen übernehmen können. Dies erfordert, dass MT-Schulen sich mit den jeweiligen Praxisanleitungen in einen engen Austausch begeben, regelmäßige Kommunikation zu Anforderungen von und mit Auszubildenden führen und Umsetzungen der Kompetenzen reflektieren.

Verknüpfung zwischen MT-Schulen sowie deren Verantwortlichen und den Praxisanleitenden an den Orten der praktischen Ausbildungen ist ein wichtiger Faktor für eine zukünftige qualitativ hochwertige patientengesicherte Diagnostik.

 


Literatur

1. Igl G: Gesetz über die Berufe in der medizinischen Technologie (MT-Berufe-Gesetz – MTBG). Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Medizinische Technolginnen und Mediznische Technologen (MTAPrV), Gesetzes- und Verordnungsbegründungen – Erläuterungen. Heidelberg: medhochzwei-Verlag, 2024.

2. KMK: Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse. 2017, www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2017/2017_02_16-Qualifikationsrahmen.pdf (letzter Zugriff am 03.10.2024).

3. Meyer R: Lernziele formulieren. 2020, arbowis.ch/images/downloads/didaktik/Lernziele_formulieren.pdf (letzter Zugriff am 03.10.2024).

 

Entnommen aus MT im Dialog 11/2024

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