Welche genauen Mechanismen für die Entstehung von Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose (MS) sorgen und diese voranschreiten lassen, ist noch nicht ausreichend bekannt. Doch immer wichtiger wird die Beobachtung von Gliazellen, darunter insbesondere Astrozyten. Das sind Zellen im Zentralnervensystem (ZNS), die unter anderem durch eine Verbindung zu Blutgefäßen für die Versorgung der Nervenzelle mit Nährstoffen verantwortlich sind.
Beeinflussung von Entzündungsreaktionen
Astrozyten können Entzündungserkrankungen wesentlich beeinflussen und voranschreiten lassen, wie bisherige Studien zeigen. Jüngere Studien belegen jedoch auch, dass diese Zellen unterstützen, wie bei MS auftretende Entzündungen aufzulösen. „Ein Versagen dieser gewebeschützenden Mechanismen kann die Krankheit verstärken und zu Verläufen führen, die derzeit nur begrenzt behandelbar sind“, erläutert Prof. Dr. Veit Rothhammer, Heisenberg-Professor für Neuroimmunologie an der Friederich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU).
Anhand von Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit von MS-Patientinnen und -Patienten untersuchten Forschende aus Deutschland, Schweden und den USA diesen Mechanismus. Ins Augenmerk fiel dabei das Protein HB-EGF. „Uns ist aufgefallen, dass im Krankheitsverlauf das Protein HB-EGF, der sogenannte Heparin-bindende EGF-ähnliche Wachstumsfaktor, in deutlich geringerer Konzentration vorhanden ist als im frühen Entzündungsstadium“, erklärt Dr. Mathias Linnerbauer, Postdoktorand an der FAU und Erstautor der Studie.
Verringerte Protein-Bildung
Astrozyten bilden das Protein HB-EGF. Es spielt auch im ZNS eine zentrale Rolle bei der Besserung von entzündlichen Reaktionen. Die Forschenden gehen von einer Hemmung der Bildung des Proteins im Verlauf der Krankheit aus – ausgelöst durch spezifische Veränderungen der Erbinformation. Diese führen wiederum zu einer verringerten Produktion von HB-EGF, wodurch es seine gewebeschützende und entzündungshemmende Wirkung nicht ausüben kann.
Diese neuen Erkenntnisse können nach weiteren Studien in Zukunft in neuen Behandlungsstrategien resultieren.
Quelle: idw
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