Deutschland ist Schlusslicht bei Organspenden

Diskussion über Widerspruchslösung
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Seit 2010 ist die Zahl der gespendeten Organe in Deutschland um etwa 40 Prozent gesunken, und die Anzahl der Spender ist auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Deutschland bildet damit das Schlusslicht in ganz Europa.

„Im Durchschnitt sterben in Deutschland täglich mehr als zwei Patienten, die auf der Warteliste stehen, weil das lebensrettende Organ fehlt“, klagt Prof. Dr. med. Rainer Blasczyk, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover, auf der 51. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie (DGTI).

Dass es in jedem anderen Land in Europa mehr Spenderorgane als in Deutschland gibt, liegt laut Blasczyk an der dort geltenden Widerspruchslösung: „In dem von der WHO empfohlenen System gilt: Wer zu Lebzeiten der Organspende nicht widerspricht, gilt als Organspender.“ Damit wurde beispielsweise in Spanien die Organspende zum Normalfall. Patienten warten dort nur ein Jahr auf eine Spenderniere, hierzulande dagegen über sechs Jahre. Grund hierfür sehen die Experten in der in Deutschland geltenden Entscheidungslösung. Das heißt, die aktive Zustimmung – auf einem Organspendeausweis oder in einer Patientenverfügung – ist Voraussetzung für eine Organspende.

„Ohne Widerspruchslösung ist keine relevante Zunahme der postmortalen Organspende zu erreichen“, so Blasczyk. In Deutschland seien deshalb mutige politische Diskussionen und Entscheidungen nötig, um die eigentlich überwältigende Zustimmung der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger zur Organspende in die richtigen Bahnen zu lenken. „Die Erfahrungen aller europäischen Länder haben gezeigt, dass die Einführung der Widerspruchslösung das einzige Mittel ist, um die hohe Bereitschaft zur Organspende auch tatsächlich umzusetzen“, ist Blasczyk überzeugt.

Suche nach technischen Alternativen

Forscher suchen derweil nach technischen Alternativen. Blasczyk arbeitet mit Kollegen aus Hannover an sogenannten unsichtbaren Organen, die vom Immunsystem des Empfängers nicht erkannt werden können. Mit dem „Organ Engineering“ könnte die Abstoßung fremder Organe verhindert werden. Dem Patienten bliebe darüber hinaus die Einnahme von Medikamenten, die das Immunsystem unterdrücken, und damit deren Nebenwirkungen, erspart. Wenn keine wiederholten Transplantationen nach Abstoßungsreaktionen nötig sind, würden für mehr Patienten Organe zur Verfügung stehen.

„Bisher ist ein Organ durch nichts zu ersetzen“, erklärt Blasczyk. „Die Rettung vor dem Tod auf der Warteliste kann nur gelingen, wenn es ausreichend Menschen gibt, die zur Organspende bereit sind. Es bedarf darüber hinaus einer Politik, die das Thema Organspende mit Mut diskutiert.“


Quelle: DGTI, 28.08.2018


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