Durch den demografischen Wandel wird in den nächsten Jahren die Zahl der Patienten und pflegebedürftigen Menschen weiter steigen, sodass bei Fortschreibung des Status quo bis 2025 voraussichtlich zusätzlich 80.000 Vollkräfte in den medizinischen Diensten der Krankenhäuser und weitere 80.000 Pflegefachkräfte in der Altenpflege benötigt werden. Gleichzeitig wird aber die Zahl der Personen zwischen 20 und 65 Jahren kontinuierlich sinken, im Zeitraum von 2015 bis 2025 um 4 Prozent.
Entsprechend nimmt der Engpass an Fachkräften deutlich zu, und es wird äußerst schwierig werden, den Personalbestand weiterhin in ausreichendem Maße mit der Leistungsmenge anheben zu können. „Arbeitssparende technische Innovationen werden immer wichtiger, um Ärzte und Pflegekräfte zu entlasten“, sagt Prof. Dr. Boris Augurzky, Leiter des RWI-Kompetenzbereichs „Gesundheit“. „Darunter fallen zum Beispiel Innovationen aus den Bereichen Digitalisierung, künstliche Intelligenz, Robotikassistenz, Sensorik, Ambient Assisted Living und Telemedizin. Der derzeitige Digitalisierungsgrad deutscher Krankenhäuser ist dabei noch äußerst bescheiden“, so Augurzky.
Zudem sollte das Angebot an Pflegefachkräften erhöht werden. Dazu muss mehr Nachwuchs für den Beruf gewonnen, die Anzahl der Berufsrückkehrer erhöht, die Wochenarbeitszeit von Teilzeitkräften ausgeweitet und qualifizierte Zuwanderung forciert werden. Hierzu sind vielfältige Maßnahmen zu ergreifen.
Hierarchische Strukturen aufbrechen
So sollte ein Zuwanderungsgesetz erarbeitet, die Attraktivität der Ausbildung und generell der Gesundheitsberufe gesteigert, interessante Karrierewege für Pflegeberufe sowie neue Berufsbilder geschaffen und die gegenwärtigen starren hierarchischen Strukturen aufgebrochen und bürokratische Tätigkeiten abgebaut werden. Die zunehmende Knappheit an qualifizierten Fachkräften wird außerdem zwangsläufig zu einem höheren Lohnniveau führen. Ferner gilt es, die Ambulantisierung der Medizin über Anpassungen am Vergütungssystem zu unterstützen, um auf diese Weise mehr Zeit für die Betreuung stationärer Patienten zu gewinnen.
Einerseits sieht die aktuelle Regierungskoalition einige Maßnahmen vor, die geeignet sind, dieses Bemühen zu unterstützen. Andererseits beabsichtigt sie, durch regulierende Maßnahmen im Bereich der Pflege die Personalknappheit sogar noch zu verschärfen, beispielsweise durch die Einführung von Personaluntergrenzen in Krankenhäusern. Probleme in der Pflege können aus Sicht der Wissenschaftler aber nicht durch noch mehr Regulierung gelöst werden. Stattdessen raten sie dazu, die Pflegequalität der Krankenhäuser für die Patienten transparent zu machen und damit die Bedeutung der Pflege im Krankenhaus aufzuwerten.
Ihre Hausaufgaben für die Politik bündeln die Autoren der Studie in einer Gesundheitsagenda 2025. Die Autoren fordern erstens Antworten auf den zu erwartenden weiter wachsenden Fachkräftemangel. Zweitens sollte das Gesundheitswesen in das digitale Zeitalter überführt werden, unter anderem durch eine standardisierte elektronische Patientenakte, Telemedizin, künstliche Intelligenz und Robotik. Dabei könnte zum Beispiel Robotikassistenz Pflegekräften mehr Zeit für die menschliche Zuwendung ermöglichen. Drittens sollte das Gesundheitswesen durch eine Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses offener für Innovationen werden. Viertens sollte die Lücke bei den Investitionsfördermitteln im Krankenhausbereich geschlossen werden, um auf schwierigere Zeiten in den 2020er Jahre vorbereitet zu sein.
Ausbau der Qualitätstransparenz
Fünftens sollte zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit die Notfallversorgung neu ausgerichtet werden, wozu eine effektive Patientensteuerung gehört. Sechstens sollte die Qualitätstransparenz – auch und gerade sektorenübergreifend – konsequent weiter ausgebaut und für die Patienten zum Beispiel über digitale Angebote nutzbar gemacht werden. Siebtens sollte die sektorenübergreifende Versorgung und die Ambulantisierung der Medizin gefördert werden, wozu Adjustierungen am Vergütungssystem erforderlich sind. Empfohlen werden Vergütungsmodelle mit Qualitätszielen, welche die Gesamtverantwortung für die Versorgung einer Region in eine Hand legen. Damit ließe sich eine sektorenübergreifende Versorgung etablieren, die konsequent am Patientennutzen ausgerichtet ist.
Zu diesen Ergebnissen kommt der 14. „Krankenhaus Rating Report“, den das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und die Institute for Healthcare Business GmbH (hcb) in Kooperation mit Deloitte erstellt haben. Seine Ergebnisse wurden im Rahmen des „Hauptstadtkongress 2018 – Medizin und Gesundheit“ in Berlin vorgestellt. Der Report basiert auf einer Stichprobe von Jahresabschlüssen, die mehr als 860 Krankenhäuser umfassen.
Quelle: HSKI, 07.06.2018
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