Das Konzept der Globalen Gesundheit

Rezension
Hardy-Thorsten Panknin
Cover zur Buchbesprechung: Global Health
© De Gruyter
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Jeder Mensch auf der ganzen Welt verdient es, ein langes Leben in Gesundheit zu führen. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir aussagefähige Daten, was Menschen in den unterschiedlichen Ländern auf den sieben Kontinenten unserer Erde behindert und tötet. Krankheiten, Verletzungen und Risikofaktoren müssen daher genau untersucht und verglichen werden, sodass die Gesundheitssysteme verbessert und Ungleichheiten beseitigt werden können.

Einleitend zu dem neuen Lehrbuch schreibt Hermann Gröhe, Bundesminister für Gesundheit a. D.: „Alle Menschen auf der Erde können von Versäumnissen in der Globalen Gesundheit betroffen sein. Und umgekehrt haben wir alle etwas von einer guten Globalen Gesundheit. ... Es griffe aber zu kurz, wenn man denken würde, bei der Globalen Gesundheit gehe es in erster Linie um die Frage, wie es möglichst vielen Menschen auf der Welt, also auch in den armen Ländern, gesundheitlich bald so gut geht wie uns in Mitteleuropa. ... Eines der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen im Rahmen der Agenda 2030 aus dem Jahr 2015 sieht dies vor. Um das Ziel zu erreichen, muss man in den Entwicklungsländern tragfähige Gesundheitssysteme aufbauen, auch mittels der Entwicklungszusammenarbeit. Man muss gleichzeitig bei uns erreichte Fortschritte der modernen Medizin möglichst kostengünstig zur Verfügung stellen, ergänzt um die Weitergabe von Wissen, das erforderlich ist, um ganz verschiedene Erkrankungen ... erfolgreicher eindämmen und besser behandeln zu können.“ Die gegenwärtige Coronaviruspandemie demonstriert in besonderer Weise, wie wichtig es ist, sich mit Globaler Gesundheit intensiver auseinanderzusetzen. Um die heutigen Gesundheitssysteme an die Bevölkerung anzupassen, der sie in erster Linie dienen, müssen die politischen Entscheidungsträger zunächst die Gegebenheiten der gesundheitlichen Herausforderungen ihres Landes verstehen – und wie sich diese Herausforderungen im Laufe der Zeit verändern. Das bedeutet mehr als nur die Schätzung der Krankheitsprävalenz. Die GBD-Forschung beziehungsweise Globale Krankheitslastuntersuchung umfasst die Prävalenz einer bestimmten Krankheit oder eines bestimmten Risikofaktors als auch den relativen Schaden, den sie mit allen Wechselwirkungen verursacht, und sucht Lösungsansätze unter Einbeziehung von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. Der fachübergreifenden Zusammenarbeit verschiedener Akteure, vorwiegend aus dem Medizin-/gesundheitlichen Sektor, Entwicklungshilfe, Ernährungswissenschaften und namentlich der politischen Verantwortlichen, werden bei der Verbesserung der Globalen Gesundheit eine essenzielle Wertschätzung attestiert. Leider wird in der westlichen Welt der Gesamtglobalen Gesundheit wenig oder nur partielles Interesse beigemessen.

So stellen Durchfallerkrankungen ein großes weltumfassendes Gesundheitsproblem dar. 2016 war Durchfall die achthäufigste Todesursache: verantwortlich für mehr als 1,6 Millionen Todesfälle, mehr als ein Viertel der Todesfälle traten bei jüngeren Kindern unter fünf Jahre auf. Oft fehlen sauberes Wasser und sanitäre Einrichtungen, gleichzeitig ist die Bevölkerung einkommensschwach. Es gibt durchaus Anstrengungen, die Sterblichkeit durch Durchfall signifikant zu senken. Eine Salztherapie beziehungsweise eine orale Rehydratation („suero“) genügt, den Tod durch schwere Diarrhö zu verhindern; ja sogar durch Cholera. Um den Flüssigkeitshaushalt eines Kindes wiederherzustellen, genügen meist zwei Päckchen zum Herstellen einer oralen Rehydratationstherapie. In der westlichen Welt kostet ein Beutel 40–60 Cent. Würden Lebensmittel gerecht verteilt werden, würden die gegenwärtigen Vorräte mehr als ausreichen, um für alle Menschen eine ausreichende Ernährung zu sichern. Das bedeutet auch eine deutliche Minimierung aller Infektionskrankheiten auf der Erde – im Sinne einer Globalen Infektionsprävention. Globale Gesundheit ist für unser aller Gesundheit überlebenswichtig: Dies bedarf ein vielschichtiges Fachwissen von Krankheitslast und ihrer Prävention in der Welt, mit dem Ziel, „Gesundheit für alle Menschen“ zu erreichen. Zusammenfassend: Den beiden Herausgebern, Dr. Mathias B. Bonk, Think Global Health in Witzenhausen, und Prof. Dr. Timo Ulrichs, Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin, unter Mitarbeit einer Vielzahl von Co-Autoren aus Forschung und Lehre, ist es mit ihrem ersten Kompendium gelungen, eine Grundlage zum Einstieg in das Themenfeld „Globale Gesundheit“ für Studierende der Medizin, Gesundheitswissenschaften, den unterschiedlichen medizinischen Berufen, Lehrende und Vertreter aus den Bereichen der Humanwissenschaften sowie besonders auch den politisch Verantwortlichen an die Hand zu geben. Auf den über 600 Seiten werden unter anderem Zahlen, Fakten und Risiken der Globalen Gesundheit, ethische Aspekte, Umwelt, Welternährung, politische sowie rechtliche Aspekte und last, but not least Ökonomie und Verteilungsgerechtigkeit thematisiert. Manche Themenbereiche, zum Beispiel die Infektionskrankheiten und die dramatische Zuspitzung der bakteriellen weltweiten Resistenzen – im Sinne einer stillen Pandemie –, sollten in einer Neuauflage intensiver thematisiert werden: Infektionskrankheiten stellen nach wie vor ein hohes Bedrohungspotenzial für den Menschen dar.

Global Health: Das Konzept der Globalen Gesundheit.
Von: Mathias Bonk und Timo Ulrichs (Hrsg.), De Gruyter, 2021, ISBN: 978–3–11–044553–4, Preis: 51,95 Euro

 

Entnommen aus MTA Dialog 10/2022

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