Im Blutplasma von Menschen, die eine COVID-19-Erkrankung überstanden haben, befinden sich Antikörper des Immunsystems gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Ob Hochrisikopatienten durch Gabe dieses Blutplasmas vor einem schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung geschützt werden können, untersucht die nun gestartete Studie „RECOVER“ unter Federführung des Universitätsklinikums Heidelberg. Neuer Ansatz des Forschungsprojekts ist der Einsatz bei Patienten, die aufgrund ihres Alters oder schwerer Vorerkrankungen der Infektion wenig entgegenzusetzen haben: Sie erhalten das Plasma bereits frühzeitig bei Symptomen einer COVID-19-Erkrankung. Ziel ist es, das Corona-Virus auszubremsen, bevor die Entzündungsreaktionen im weiteren Verlauf der Erkrankung bei ihnen lebensbedrohliche Schäden verursachen können. An der Studie, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, beteiligen sich zahlreiche Universitätskliniken und große kommunale Krankenhäuser in ganz Deutschland*.
Plasmaspender gesucht
Es werden für die Studie noch Plasmaspender, die in den vergangenen Monaten an COVID-19 erkrankt waren, gesucht. Sie können durch ihre Blutplasmaspende dazu beitragen, Hochrisikopatienten vor dem schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung zu schützen. Voraussetzungen für eine Spende sind auf der Webseite www.recover-Covid.de zu finden.
Die Studie RECOVER wird gemeinsam von Professor Dr. Carsten Müller-Tidow, Ärztlicher Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie, und Dr. Claudia Denkinger, Leiterin der Sektion Klinische Tropenmedizin, Zentrum für Infektiologie am Universitätsklinikum Heidelberg, geleitet. Kooperationspartner am Universitätsklinikum Heidelberg sind das Transfusionszentrum IKTZ, die Virologie und auf der klinischen Seite die Gastroenterologie und Thoraxklinik sowie die Anästhesiologie.
Bisher keine klare Aussage zur Wirksamkeit
Der therapeutische Einsatz von sogenanntem Rekonvaleszentenplasma ist in der Infektiologie erprobt, wie die Infektiologin Claudia Denkinger ausführt: „Das Konzept ist bekannt und kommt bereits bei anderen Infektionskrankheiten wie Ebola zum Einsatz. In China und Italien setzten Ärzte bereits Rekonvaleszentenplasma bei einigen schwer erkrankten COVID-19-Patienten mit gutem Erfolg ein. Allerdings sind die Patientenzahlen unzureichend, sodass bisher keine klare Aussage zur Wirksamkeit möglich ist. Die Anzahl der einzuschließenden Patienten ist ausgelegt, belastbare Daten speziell bei bestimmten Gruppen von Hochrisikopatienten zu liefern.“ Um die nötige Aussagekraft zu erreichen, sollen in die RECOVER-Studie rund 170 Patienten eingeschlossen werden.
Krebspatienten mit hohem Risiko
Krebspatienten seien neben hochbetagten und immungeschwächten Menschen besonders infektionsanfällig, wie der Hämatologe und Onkologe Müller-Tidow betont: „Speziell Leukämien und Stammzelltransplantationen, aber auch eine Chemotherapie bei anderen Krebserkrankungen schwächen die Immunabwehr. Krebspatienten haben daher ein hohes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf. Mit unserer Studie hoffen wir, eine schnelle und effektive Therapie für Patienten zu schaffen, denn die bisher zur Verfügung stehenden Therapien sind begrenzt.“
Bei nachgewiesener COVID-19-Infektion und Anzeichen einer Lungenentzündung erhält ein zufällig ausgewählter Teil der Patienten im Rahmen der Studie insgesamt zwei Gaben Blutplasma. Die Wirkung der Behandlung wird kontinuierlich bis zwölf Wochen nach Diagnose erfasst und dokumentiert. Der andere Teil erhält als Kontrollgruppe die gängige, auf ihren Gesundheitszustand abgestimmte Therapie und Unterstützung der Organfunktionen, aber kein Blutplasma. Sollte sich der Zustand dieser Patienten nach zehn Tagen nicht verbessern, erhalten auch sie Plasma.
Genesene COVID-19-Patientinnen und -Patienten, die Blutplasma spenden möchten, müssen den gesundheitlichen Kriterien für Blutspender entsprechen. Die Plasmaspende selbst verläuft wie eine Blutspende. Nähere Informationen finden sich unter www.recover-Covid.de.
*Liste der Partner, Stand Juni 2020:
Thoraxklinik am Universitätsklinikum Heidelberg
Charité Universitätsmedizin Berlin
Universitätsklinikum Dresden
Universitätsklinikum Essen
Universitätsklinikum Frankfurt
Universitätsklinikum Hamburg - Eppendorf
Klinikum Darmstadt GmbH
Universitätsklinikum Freiburg
Universitätsklinikum Münster
Universitätsklinikum Würzburg
Klinikum Bremen-Mitte
Quelle: idw/Universitätsklinikum Heidelberg
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