Auch nach Ende der COVID-19-Pandemie sind virale Infektionen wie SARS-CoV-2 für Patientinnen und Patienten mit geschwächtem Immunsystem eine ernst zu nehmende Bedrohung. Zu dieser Gruppe gehören insbesondere an Krebs erkrankte Menschen, die durch die Erkrankung selbst oder aufgrund der Tumortherapie keine ausreichende Immunantwort nach einer natürlichen Infektion oder einer Impfung mit herkömmlichen Impfstoffen bilden können. Bei diesen Personen entwickeln sich häufig keine Antikörper gegen die Viruserkrankung. Für diese immungeschwächten Menschen hat das Tübinger Team einen Impfstoff entwickelt, mit dem Ziel, sie besser vor Infektionserkrankungen zu schützen. Dieser aktiviert gezielt T-Zellen, die ein wichtiger Bestandteil unseres Immunsystems sind und in der Abwehr von Infektionserkrankungen eine entscheidende Rolle einnehmen.
T Zell Aktivator CoVac-1
Die Forschenden haben dafür den neuartige T Zell Aktivator CoVac-1 verwendet, der für die Krebsimmuntherapie entwickelt wird. Dies ist der Hauptforschungsschwerpunkt der Tübinger Immunologinnen und Immunologen. CoVac-1 wurde schon 2022 erfolgreich an gesunden Probandinnen und Probanden erprobt und zeigte eine gute Verträglichkeit bei sehr guter Immunstimulation, also einer sehr starken Aktivierung der T-Zellen.
Ergebnisse der Phase-II-Studie
Insgesamt wurden 54 Patienten und Patientinnen im Rahmen der Studie einmalig geimpft. Die meisten Studienteilnehmenden litten an Blutkrebserkrankungen und zeigten aufgrund ihrer Erkrankung selbst oder aber der Tumortherapie ein deutlich geschwächtes Immunsystem. Es traten so gut wie keine Nebenwirkungen auf.
Nur vereinzelt wurde über leichte Beschwerden wie Kopfschmerzen und Müdigkeit berichtet.
Lokale Verhärtung nach Impfung erwünscht
Bei allen Probandinnen und Probanden entwickelte sich an der Impfstelle eine lokale Verhärtung. „Diese Lokalreaktion wird für unseren T-Zell-Aktivator erwartet und gewünscht. Sie ist Ausdruck der Bildung eines Depots an der Impfstelle, das einen schnellen Abbau der T-Zell-Reaktion verhindert und so eine langanhaltende Immunreaktion ermöglicht“, erklärt Dr. Jonas Heitmann, einer der Erstautoren der Studie.
Langanhaltende Wirkung
Besonders hervorzuheben ist die langanhaltende Wirkung. Noch vier Wochen nach Impfung wurde eine breite und starke T-Zell-Immunantwort nachgewiesen. In ersten Folgeuntersuchungen blieben diese Immunantworten in unveränderter Stärke bestehen. Selbst in stark immungeschwächten Patientinnen und Patienten waren die durch CoVac-1 aktivierten T-Zell-Antworten deutlich stärker ausgeprägt als bei Genesenen nach natürlicher Infektion und auch potenter als die T-Zell-Immunität, die durch zugelassene mRNA- oder Vektorimpfstoffe erzeugt wird.
Eigene Impfstoffentwicklung, Herstellung und Erprobung
CoVac-1 wird im Wirkstoffpeptidlabor und der sogenannten GMP-Einheit des Universitätsklinikums und der Medizinischen Fakultät Tübingen hergestellt. Auch hier wird auf die langjährige Erfahrung und Expertise bei der Produktion von Impfstoffen für Krebserkrankte zurückgegriffen. Die klinische Evaluation des T-Zell-Aktivators erfolgt in der KKE Translationale Immunologie, einer deutschlandweit einzigartigen Einrichtung im Department Innere Medizin des Universitätsklinikums. Diese wurde etabliert, um innovative Immuntherapiekonzepte möglichst rasch in ersten klinischen Studien erproben zu können, damit Patienten und Patientinnen schnellstmöglich von neuen Erkenntnissen der Forschung profitieren. Die Studie wurde unter Leitung des Tübinger Universitätsklinikums in Tübingen und an Kliniken in Frankfurt am Main und der Berliner Charité durchgeführt.
Weitere Entwicklung von T-Zell-Aktivatoren
Basierend auf diesen ermutigenden Ergebnissen arbeitet das Team bereits an der Entwicklung von Impfungen unter Verwendung von T-Zell-Aktivatoren gegen zahlreiche weitere Infektionserkrankungen, die eine Bedrohung für immungeschwächte Tumorpatienten und -patientinnen darstellen. Zudem liefert diese Studie einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung von therapeutischen Impfungen für Betroffene. Dies wird derzeit in Patientinnen und Patienten mit verschiedenen soliden Tumoren und Blutkrebserkrankungen untersucht.
Quelle: idw/UniklinikumTübingen
Artikel teilen