Bundestag beschließt Zustimmungslösung

Organspende wird reformiert
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Die Ausweisstellen von Bund und Ländern müssen den Bürgerinnen und Bürgern künftig Organspendeausweise aushändigen beziehungsweise elektronisch übermitteln. Wellnhofer Designs - stock.adobe.com
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Die Bereitschaft, Organe nach dem eigenen Tod zu spenden, soll künftig regelmäßiger erfragt werden. Das hat der Bundestag heute beschlossen. Eine Erklärung zur Organspende soll auch in Ausweisstellen möglich sein. Zuvor hatten die Abgeordneten eine Widerspruchslösung abgelehnt.

Nach jahrelangen Diskussionen über die Organspendenpraxis und vor dem Hintergrund des eklatanten Mangels an Spenderorganen hat der Bundestag heute die gesetzliche Grundlage geändert. In einer fraktionsoffenen namentlichen Abstimmung stimmten 432 Abgeordnete in dritter Beratung für die sogenannte Zustimmungslösung, die eine Gruppe von Abgeordneten um Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) und Karin Maag (CDU/CSU) vorgeschlagen hatte. 200 Abgeordnete stimmten dagegen, es gab 37 Enthaltungen. In zweiter Beratung hatten für diesen Gesetzentwurf zur Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende zuvor 382 Abgeordnete gestimmt. 261 votierten dagegen, es gab 28 Enthaltungen.

Den konkurrierenden Gesetzentwurf der Gruppe von Abgeordneten um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU/CSU) und Karl Lauterbach (SPD) zur Regelung der doppelten Widerspruchslösung im Transplantationsgesetz stimmten in zweiter Beratung 292 Abgeordnete zu, 379 votierten dagegen, es gab drei Enthaltungen. Da dieser Entwurf keine Mehrheit erhalten hatte, entfiel die dritte Beratung und Schlussabstimmung.

Was ändert sich?

Die derzeit geltende Rechtslage bleibt in ihrem Kern unverändert, das heißt, eine Organspende ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn der potenzielle Organspender zu Lebzeiten eingewilligt hat oder sein nächster Angehöriger zugestimmt hat.

Ziel ist es, die persönliche Entscheidung zu registrieren, verbindliche Information und bessere Aufklärung zu gewährleisten und die regelmäßige Auseinandersetzung mit der Thematik zu fördern.
Das Gesetz sieht unter anderem vor:

  • Die Einrichtung eines bundesweiten Online-Registers beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte.
  • Die Ausweisstellen von Bund und Ländern müssen den Bürgerinnen und Bürgern künftig Aufklärungsmaterial und Organspendeausweise aushändigen beziehungsweise elektronisch übermitteln. Dabei wird auf weitere Informations- und Beratungsmöglichkeiten sowie die Möglichkeit, sich vor Ort oder später in das Online-Register einzutragen, hingewiesen.
  • Hausärztinnen und Hausärzte können künftig bei Bedarf ihre Patientinnen und Patienten alle zwei Jahre über die Organ- und Gewebespende ergebnisoffen beraten. Das Gesetz sieht außerdem vor, die Organ- und Gewebespende verstärkt in der ärztlichen Ausbildung zu verankern.
  • Grundwissen zur Organspende soll zudem in den Erste-Hilfe-Kursen im Vorfeld des Erwerbs der Fahrerlaubnis vermittelt werden.

Werde ich automatisch Organspender?

Nein. Voraussetzung für eine Organentnahme nach dem Tod ist die Einwilligung des möglichen Organspenders zu Lebzeiten oder die Zustimmung seines nächsten Angehörigen.

Wann wird über eine Organentnahme entschieden?

Ob jemand als Organspender infrage kommt, wird nach Feststellung des sogenannten Hirntodes (unumkehrbarer Ausfall aller Hirnfunktionen) von den Ärztinnen und Ärzten im Krankenhaus unter Einbeziehung der nächsten Angehörigen geklärt. Niemand muss befürchten, dass die intensivmedizinische Behandlung vorzeitig beendet wird. Der Arzt darf erst dann eine Auskunft aus dem Online-Register erfragen, wenn der Tod des möglichen Spenders festgestellt worden ist.

Wer entscheidet auf welcher Grundlage?

Vor einer Organspende ist von dem Arzt zu klären, ob eine Erklärung des möglichen Organspenders zur Organ- und Gewebespende vorliegt. Hierzu hat der Arzt oder die Ärztin beim Organ- und Gewebespenderregister, das beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingerichtet wird, nachzufragen, ob zum möglichen Spender ein Eintrag gespeichert ist. Liegt dem Arzt eine solche Erklärung nicht vor, ist dessen nächster Angehörige zu befragen, ob ihm von diesem eine Erklärung zur Organ- und Gewebespende bekannt ist. Ist auch dem nächsten Angehörigen eine solche Erklärung nicht bekannt, so ist eine Entnahme nur dann zulässig, wenn ein Arzt die nächsten Angehörigen darüber unterrichtet und diese ihr zugestimmt haben. Der nächste Angehörige hat bei seiner Entscheidung den mutmaßlichen Willen des möglichen Spenders zu beachten.

Werden die Angehörigen befragt?

Ja, die Angehörigen werden vor der Entscheidung über eine Organspende befragt.

Wann muss ich mich entscheiden?

Jederzeit kann eine Entscheidung zur persönlichen Organspendebereitschaft getroffen oder geändert werden. Die Entscheidung kann auch einer Person des Vertrauens übertragen werden, die namentlich benannt werden muss. Die Erklärung kann auf bestimmte Organe und Gewebe beschränkt werden.

Wie alt muss ich sein, um eine Entscheidung treffen zu dürfen?

Die geltende Rechtlage ändert sich nicht. Die Einwilligung in eine Organentnahme und die Übertragung der Entscheidung auf eine Vertrauensperson können vom vollendeten 16. Lebensjahr, der Widerspruch kann vom vollendeten 14. Lebensjahr an erklärt werden.

Wann tritt die neue Regel in Kraft?

Das Gesetz wird zwei Jahre nach seiner Verkündung in Kraft treten, voraussichtlich im ersten Quartal 2022.

Weitere Informationen

Überblick über die Abstimmung und alle 3 Gesetzentwürfe zum Download auf der Internetseite des Deutschen Bundestages



Quellen: Deutscher Bundestag/BMG, 16.01.2020

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