Behandlungsfehler: Neuer Höchststand

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Bei den Prozessen geht es oft um sehr große Geldsummen. Weissblick - Fotolia
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Die Techniker Krankenkasse (TK) hat bei ihren Versicherten einen neuen Höchststand bei den Behandlungsfehlern verzeichnet.

5.998 Versicherte und damit zehn Prozent mehr als im Vorjahr haben sich 2018 an die Kasse gewendet, weil sie bei sich eine ärztliche Fehlbehandlung vermuteten, teilte die TK mit. "Das ist ein neuer Rekord", so Christian Soltau, der Medizinrechtsexperte der TK. "Ungefähr bei jedem dritten Fall bestätigt sich der Verdacht im Verlauf der Überprüfung." Die Schadensersatzprozesse zögen sich in der Regel über viele Jahre. Die meisten Beschwerden gab es über Behandlungen bei Chirurgen (33% der Verdachtsfälle). Danach folgten Zahnärzte (16%), Allgemeinmediziner (12%) und Orthopäden (6%). 5% der Behandlungsfehler wurden nach einer Behandlung bei Internisten gemeldet. Bei Geburtshilfe, Gynäkologie und Augenärzte waren es jeweils 4%.

Der TK-Experte geht zugleich von einer erheblichen Dunkelziffer bei dem Thema aus. "Viele Versicherte wissen gar nicht, dass ihre Krankenkasse ihnen beim Kampf um ihr Recht helfen kann", sagt Soltau. Die Krankenversicherung könne beispielsweise beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) für den Versicherten kostenfreie Gutachten in Auftrag geben, die der Versicherte später für seine juristische Auseinandersetzung nutzen kann. In speziellen Fällen könne die TK auch medizinisch-juristische Gutachten bei privaten Gutachtern in Auftrag geben.

Soltau: "Wenn die Krankenkasse gegen den Arzt oder die Klinik klagt, hat das für den Versicherten den Vorteil, dass er ohne Risiko erst einmal in Ruhe den Ausgang der Kassenklage abwarten kann. Je nach Ausgang des Prozesses kann er dann überlegen, ob es sich für ihn lohnt, seinen Schaden und Schmerzensgeld vor Gericht einzuklagen."

Oft jahrelange Verfahren vor den deutschen Gerichten

Der TK-Experte für Behandlungsfehler kritisiert die oft jahrelangen Verfahren vor den deutschen Gerichten. Soltau: "Wenn bei einer Behandlung oder einer Operation etwas schiefläuft, ist das für die Opfer nicht nur eine gesundheitliche Katastrophe. Häufig stehen auch der Job und die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel." Nicht selten könnten die Patienten aufgrund der Behandlungsfehler nicht mehr arbeiten und Geld verdienen.

"Bei den Prozessen geht es oft um sehr große Geldsummen. Die Haftpflichtversicherungen ziehen die Verfahren deshalb gezielt in die Länge, damit die Opfer unter dem Druck von fehlenden Einnahmen und steigenden Schulden faule Kompromisse bei außergerichtlichen Einigungen eingehen." Bei Geburtsfehlern beispielsweise müssten die Opfer im Durchschnitt 10,2 Jahre für ihr Recht kämpfen. Teilweise gingen die Prozesse über mehr als 15 Jahre. "Da spielen sich nicht selten persönliche Tragödien ab", so Soltau. "Die Betroffenen werden oft zum zweiten Male Opfer aufgrund strittiger, langwieriger und teurer Verfahren."

Die schwache Position der Patienten führt Soltau auch auf die aktuelle Gesetzeslage in Deutschland zurück. "Es ist in den meisten Fällen der Versicherte, der beweisen muss, dass Ärzte oder Pfleger schuldhaft gegen die anerkannten Regeln von Wissenschaft und ärztlicher Praxis verstoßen haben. Oft kann er den Nachweis dafür aber nicht führen", so Soltau. "Wie soll ich im Nachhinein beweisen, dass ich meine Medikamente jedes Mal genauso eingenommen habe, wie im Beipackzettel beschrieben? Hier brauchen wir dringend verbraucherfreundlichere Gesetze."

Klare Vorschriften und Kontrollen gefordert

Selbst wenn ein Behandlungsfehler festgestellt werde, sei das kein Garant für eine angemessene Entschädigung. "Ärzte müssen zwar bei der Arztzulassung eine Haftpflichtversicherung nachweisen", so Soltau. Ob sie diese in den Folgejahren immer noch haben und ob die Deckungssummen ausreichend sind, werde aber bisher nicht überprüft. "Teilweise gehen die Versicherten deshalb leer aus, weil die Schäden die maximale Entschädigungssumme des Versicherungsvertrags übersteigt. Auch hier wären klare Vorschriften und Kontrollen dringend nötig."

Das gilt auch dann, wenn Patienten Hersteller für fehlerhafte Medizinprodukte wie etwa künstliche Gelenke zur Verantwortung ziehen möchten. Einen Knackpunkt stellen hier die Sicherheitsprüfungen und Zulassungsverfahren für sogenannte Hochrisikoprodukte wie beispielsweise Herzschrittmacher, Herzkatheter, Stents zur Aufdehnung der Herzkranzgefäße oder auch Brustimplantate dar, die aus Sicht der TK nach wie vor verbessert werden müssten.

Quelle: TK, 13.03.2019







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