BARMER: Pflegeversicherung am Limit

Neuer Pflegereport vorgestellt
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Pflegefachkräfte waren noch nie so sehr von Corona betroffen wie in diesem Jahr. Das geht aus dem aktuellen Pflegereport der BARMER hervor. Insgesamt hat die Corona-Pandemie die Pflegeversicherung bisher neun Milliarden Euro gekostet, so die Berechnungen. Ein Großteil der Kosten wurde noch nicht erstattet.

Besonders im März und Juli des Jahres 2022 gab es laut Pflegereport in dieser Berufsgruppe viele Krankschreibungen mit einer COVID-19-Erkrankung. Im März wurde mit 158 AU-Bescheinigungen je 10.000 Pflegefachkräfte im Heim die bisherige Spitze an AU-Bescheinigungen seit Beginn der Pandemie erreicht. Im Vergleich zu März 2021 waren es 14 Mal so viele Krankmeldungen (11 je 10.000). Im Juli dieses Jahres waren es sogar fast 40 Mal so viele wie im selben Zeitraum ein Jahr zuvor (118 und 3 je 10.000).

Corona-Hotspot Pflegeheim

Aber auch Pflegebedürftige in Heimen waren stark von den jeweiligen Corona-Wellen betroffen. Zu Beginn der Pandemie waren 50 bis 60 Prozent der mit COVID-19 Verstorbenen stationär Pflegebedürftige. „Für viele Menschen hat Corona seinen Schrecken verloren. Corona-Maßnahmen werden immer weiter heruntergefahren bis hin zur Aufhebung der Isolationspflicht in einigen Bundesländern. Doch Pflegeheime sind nach wie vor Corona-Hotspots. Hier finden sich besonders vulnerable Gruppen. Wir brauchen auch weiterhin ein Corona-Konzept mit Augenmaß vor allem für besonders Schutzbedürftige“, forderte Prof. Dr. med. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Die strikte Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln bleibe weiterhin erforderlich.

Zu Pandemie-Beginn weniger vollstationäre Pflegebedürftige

Wie aus dem Pflegereport weiter hervorgeht, sind gerade zu Beginn der Pandemie weniger Pflegebedürftige vollstationär gepflegt worden. Die Anzahl der Menschen, die von der häuslichen Pflege in die stationäre Pflege wechselten, sank von jeweils über 25.000 im April der Jahre 2018 und 2019 auf rund 17.000 im Mai 2020. Das entspricht einem Minus von rund einem Drittel. Erst im späteren Verlauf der Pandemie ist die Zahl der Menschen, die vom häuslichen in das stationäre Setting wechselten, wieder gestiegen. „Zu Beginn der Pandemie sind auch deswegen weniger Menschen ins Pflegeheim gekommen, weil die Angehörigen Angst um deren Gesundheit hatten.

Für neue Corona-Wellen wappnen

Durch die Impfungen und das Einhalten der Abstands- und Hygieneregeln konnte das Corona-bedingte Sterberisiko aber deutlich gesenkt werden. Die Pflegeheime müssen aber für weitere Corona-Wellen gewappnet sein“, sagt der Autor des BARMER-Pflegereports, Prof. Dr. Heinz Rothgang vom SOCIUM – Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen. Dazu sollten Eventualplanungen getroffen werden für den Fall, dass sich weitere Virusvarianten durchsetzen, die womöglich wieder zu schweren Verläufen führen.

Mehrbelastungen in Milliardenhöhe 

Doch nicht nur die Pflegebedürftigen und die Pflegenden hat die Pandemie enorm belastet. Der Pflegereport zeigt auch massive Auswirkungen auf die Finanzierung durch die soziale Pflegeversicherung. So gab es in den ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen einerseits Mehrausgaben, etwa für Sachmittel sowie Personal, und andererseits Mindereinnahmen, unter anderem durch nicht belegte Heimplätze. Dafür stellten die Einrichtungen seit März 2020 bei den Pflegekassen Anträge auf Erstattung in Milliardenhöhe.

Kosten für Antigen-Tests und Co.

Ein weiterer massiver Kostenblock waren die Ausgaben für Antigen-Tests ab Oktober 2020. Unter dem Strich haben sich die Beträge für Pflege-Rettungsschirme, Antigen-Tests und die Corona-Pflegeprämie bis zum ersten Quartal 2022 auf mehr als neun Milliarden Euro belaufen. Trotz nachträglicher Steuerzuschüsse sind davon 6,4 Milliarden Euro zum Ende des ersten Quartals 2022 offengeblieben. Die Pflegeversicherung ist bei den Milliarden schweren Corona-Ausgaben in Vorkasse gegangen und das in einer ohnehin angespannten Situation. Der Bund sei  aufgefordert, die noch offenen Gelder schnell an die soziale Pflegeversicherung zu erstatten sagte Straub. Wenn in diesem Winter die Fallzahlen wieder nach oben gehen sollten, würden die Belastungen für die Pflegekräfte wieder enorm sein. Es ist also an der Zeit, jetzt dafür zu sorgen, dass Pflegebedürftige und Pflegekräfte möglichst glimpflich durch den Corona-Winter kommen“, so BARMER-Chef Straub. Rothgang rechnet vor diesem Hintergurnd mit einer „moderaten Beitragssteigerung" von 0,3 Prozent aus, vorausgesetzt, es kämen „Steuerzuschüsse in beträchtlicher Höhe". Straub wagte derzeit noch keine Prognose. 

Corona-Isolationspflicht in Einrichtungen 

Die Corona-Isolationspflicht fällt in vielen Ländern und werde "mittelfristig wohl auch bundesweit fallen", wie Rothgang vermutet. In Einrichtungen sollte man seine Ansicht aber daran festhalten, betonte er. Es müsse sichergestellt werden, dass Pflegkräfte nach einem positiven Test zu Haus blieben, selbst wenn sie sich fit fühlten. Das gelte es auch arbeitsrechtlich abzusichern. Eine einrichtungsbezogene Impfpflicht hat seiner Ansicht nach aber keine Zukunft. Da setzte er nicht auf Zwang, sondern auf Freiwilligkeit.  

Quelle: BARMER

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