Am Universitätsklinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM) werden bereits seit Monaten neutralisierende Antikörper erfolgreich bei stationären Patientinnen und Patienten eingesetzt. Das Angebot des Antikörperzentrums wurde nun auch für ambulante Patientinnen und Patienten ausgebaut. Die neue Form der Therapie schützt vor allem chronisch kranke Menschen, die auf eine aktive Impfung nicht ausreichend ansprechen, sehr wirksam vor einem schweren COVID-19-Verlauf.
„Mit der Zulassung durch die Europäische Arzneimittelbehörde EMA am 12. November können die neutralisierenden Antikörper in einem frühen Krankheitsstadium nun breit eingesetzt werden“, sagen Privatdozent Dr. Christoph Spinner, Infektiologe und Pandemiebeauftragter des Universitätsklinikums rechts der Isar, und sein Kollege, Privatdozent Dr. Jochen Schneider, der am Universitätsklinikum die neue COVID-19-Ambulanz für monoklonale Antikörper-Therapie leitet.
Die neue Therapie ist bald breitenwirksam verfügbar
Mit den aktuell stark steigenden Patientenzahlen, insbesondere auch in Bayern, ist diese Therapie den Experten zufolge für viele Menschen sinnvoll und soll daher auch möglichst bald breitenwirksam verfügbar gemacht werden. „Hierzu teilen wir unsere Kompetenz und unsere Erfahrungen aus der Universitätsmedizin gern mit Kolleginnen und Kollegen aus anderen Krankenhäusern, um gemeinsam erfolgreich die Pandemie zu bekämpfen“, sagt PD Dr. Spinner.
Bei der Therapie handelt es sich im Grunde um hochspezialisierte Abwehrstoffe, die als sogenannte passive Impfung eingesetzt werden. „Im Labor hergestellte neutralisierende Antikörper können das Virus SARS-CoV-2 inaktivieren, also de facto Schachmatt setzen“, erklärt Spinner. Man könne sie intravenös oder subkutan, sprich unter die Haut, spritzen. Die Antikörper wirken antiviral. Sie verhindern, dass die Viren in menschliche Zellen eindringen und stoppen somit die Virusvermehrung. Experten zufolge ist aber entscheidend, dass die Antikörper innerhalb der ersten sieben Tage nach Symptombeginn verabreicht werden, ambulant oder stationär in der Klinik. Denn nur so könnten sie ihr volles Wirkungspotenzial entfalten.
Bei einem späteren Einsatz ist die Wirksamkeit demnach nicht mehr sinnvoll. Studien haben hier gezeigt, dass dann das überschießende Immunsystem für die schweren Verläufe ursächlich ist, nicht mehr SARS-CoV-2 selbst. „Die Patientinnen und Patienten vertragen die einmalig zu verabreichende Therapie sehr gut“, bestätigt Schneider. „Relevante Nebenwirkungen sind äußerst selten.“
Die „passive Impfung“ kann sogar vorbeugend erfolgen
Vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen oder mit einer Immunschwäche können von der Antikörper-Therapie besonders profitieren, da sie oft auf eine aktive Impfung nicht ausreichend ansprechen – aber dennoch ein hohes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu erleiden. „Die neue Therapie verhindert schwere Verläufe bis zu mehr als 80 Prozent“, sagt Spinner. Sie ist letztlich eine passive Impfung, weil man im Labor hergestellte Antikörper von außen injiziert.
Diese Therapie kann sogar prophylaktisch erfolgen oder unmittelbar nach Kontakt mit SARS-CoV-2 - was auch insbesondere für chronisch kranke Menschen ein wichtiger Schutz sein kann. Konkretes Beispiel: Eine Risikopatientin oder ein Risikopatient lebt im gleichen Haushalt wie jemand, der gerade sein positives Testergebnis bekommen hat. Für den vorbeugenden Einsatz dieser Therapie müssen allerdings noch gesetzliche Rahmenbedingungen angepasst werden.
Karagiannidis, Christian; Lang, Katharina; Mikolajewska, Agata; Malin, Jakob J.; Kluge, Stefan; Spinner, Christoph D.: Therapie und Prophylaxe: Antikörper gegen COVID-19. Dtsch Arztebl 2021; 118(47): A-2212 / B-1825
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