Angeborenes Immunsystem: Zentrale Funktionen von Zellen entdeckt
Das menschliche Immunsystem besteht aus zwei miteinander verzahnten Teilen. Es gibt zum einen das erworbene Immunsystem, das mit jeder Infektion etwas hinzulernt und sich im Laufe des Lebens stetig weiterentwickelt. Und zum anderen das angeborene Immunsystem, das zwar weniger spezialisiert ist, dafür aber besonders schnell und effektiv reagiert. Die Zellen des angeborenen Immunsystems sind in den Schleimhäuten der Atemwege und des Darms verortet und bilden so bereits an der Eintrittspforte für Erreger das erste wirksame Abwehrschild. Dazu gehören unter anderem die sogenannten angeborenen Lymphozyten der Gruppe 2 (kurz: ILC2), die etwa bei Parasitenerkrankungen im Darm oder bei Allergien in den Atemwegen aktiv sind.
ILC2-Funktion jetzt aufgedeckt
„Die angeborenen Lymphozyten wurden vor rund zehn Jahren entdeckt. Man hat schon viel über sie herausfinden können, doch ihre genaue Funktion im Getriebe des Immunsystems ist noch nicht in Gänze verstanden“, sagt Dr. Christoph Klose, der am Institut für Mikrobiologie und Infektionsimmunologie der Charité die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe „Regulation von Typ-2-Immunantworten durch Neuropeptide und Neurotransmitter“ leitet. „Da eine Gruppe von Immunzellen des erworbenen Immunsystems – und zwar die T-Zellen – im Rahmen der Typ-2-Immunantwort teilweise ähnliche Funktionen übernehmen, dachte man bislang, dass die Rolle der ILC2 womöglich redundant und durch die T-Zellen problemlos ersetzbar wäre.“ Das konnte das Forschungsteam um Klose in der nun veröffentlichten Studie aber widerlegen. Mit einem Tiermodell sowie modernen molekularen Methoden wie etwa der Einzelzell-Sequenzierung, mit deren Hilfe in einzelne Zellen hineingezoomt und ihr molekularer Zustand analysiert werden kann, haben die Forschenden zentrale Funktionen von ILC2 aufgedeckt. „Eine bestimmte Gruppe von Immunzellen – sie heißen Eosinophile – konnte sich in Abwesenheit von ILC2nicht entwickeln. Eosinophile sind Zellen, die Entzündungsprozesse in Geweben steuern. „Dieser Zusammenhang war bislang unbekannt und hat uns wirklich überrascht“, sagt Klose.
Wirkung auf Epithelzellen
Darüber hinaus haben ILC2 eine entscheidende Wirkung auf Epithelzellen, um die Schleimproduktion zu fördern und Parasiten wie etwa Würmer aus dem Körper auszuschwemmen. „Das Fehlen von ILC2 machte sich in unseren Untersuchungen zur Immunantwort bei Wurminfektionen deutlich bemerkbar. Die Schleimproduktion im Gewebe fand nur noch eingeschränkt statt, und die Parasiten konnten nicht mehr effektiv bekämpft werden“, resümiert Klose die Studienergebnisse.
Neue Ansätze für antiallergische Therapien?
In weiteren Versuchsansätzen, in denen die Forschenden die Symptome von allergischem Asthma untersuchten, besserten sich diese in Abwesenheit von ILC2. „Hier könnten zukünftige Studien ansetzen, um mögliche Therapien zur Behandlung von Allergien zu entwickeln“, sagt Dr. Klose. „Mit unserer Studie konnten wir zeigen, dass die angeborenen Lymphozyten der Gruppe 2 essenzielle Zahnräder im Getriebe des Immunsystems und im Sinne einer effektiven Immunantwort nicht zu ersetzen sind.“ In künftigen Forschungsprojekten möchte Klose mit seinem Team untersuchen, ob die angeborenen Lymphozyten womöglich noch weitere Bereiche der Immunantwort regulieren.
Quelle: Charité
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