Alkohol sorgt 
für erhebliche 
zusätzliche Kosten

Volkswirtschaftliche Folgen
Ludwig Zahn
Alkohol sorgt 
für erhebliche 
zusätzliche Kosten
© eyetronic – Fotolia
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Der Konsum von Alkohol ist nach wie vor weit verbreitet. So lag in Deutschland der Pro-Kopf-Verbrauch 2018 bei 94,2 Litern Bier und 3,4 Litern Schaumwein (Quelle: Destatis).

Laut Aktionswoche Alkohol sind etwa 1,77 Millionen Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren alkoholabhängig. Alkohol ist immer noch die am weitesten verbreitete psychoaktive Substanz in Deutschland. Es gibt einige Studien, die versucht haben, die ökonomischen Auswirkungen des Alkoholkonsums zu erfassen. In einer Erhebung aus dem Jahr 2009 in Substance Abuse Treatment, Prevention, and Policy wurden die ökonomischen Lasten in den zwölf untersuchten Ländern auf 0,45 bis 5,44 Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukt) geschätzt. Umgerechnet wären dies für Deutschland 15,2 Mrd. bis 184,2 Mrd. Euro. Wenn man bedenkt, dass die staatlichen Einnahmen aus der Bier-, Schaumwein- und Spirituosensteuer im Jahr 2016 bei 3,165 Milliarden Euro lagen (auf Wein wird in Deutschland keine Extrasteuer erhoben), dann werden die Dimensionen der geschätzten Schäden schon sehr deutlich. Diese lassen sich selbst mit diesen Steuereinnahmen nicht kompensieren.

Eine Studie aus dem Jahr 2018 im BMJ beschäftigte sich mit den zusätzlichen Kosten von alkoholabhängigen Patienten. Diese zusätzlichen Kosten wurden auf 11.839 Euro beziffert, wobei 4.349 Euro an direkten Kosten und 7.490 Euro an indirekten Kosten ausgewiesen wurden. Zu den indirekten Kosten zählen beispielsweise Absentismus oder Arbeitslosigkeit aufgrund des Alkoholkonsums. Die Arbeitslosigkeit sorgte hier sogar für höhere Kosten als in der erstgenannten Studie. Auch eine Studie in BMC Public Health aus dem Jahr 2016 hatte versucht, die ökonomischen Auswirkungen von Alkoholabhängigkeit in der deutschen Primärversorgung abzuschätzen. Das Ergebnis fiel recht eindeutig aus. So lagen die durchschnittlichen Kosten unter den alkoholabhängigen Patienten 50 Prozent über den Kosten der restlichen Patienten. Auf sechs Monate bezogen, betrugen die zusätzlichen Kosten 1.836 Euro pro alkoholabhängigem Patient, wobei mehr als die Hälfte dieser Kosten auf Produktivitätsverluste zurückzuführen waren.

Für Kanada wurde abgeschätzt, wie groß die Kosten durch das fetale Alkoholsyndrom sind. Für 2013 wurden die Gesamtkosten auf rund 1,8 Milliarden kanadische Dollar (circa 1,2 Mrd. Euro) beziffert (niedrigste Schätzung: rund 1,3 Mrd. C$, höchste Schätzung: 2,3 Mrd. C$), bei einer Bevölkerungszahl von etwa 35 Millionen 2013. Der größte Kostenanteil waren auch hier die Produktivitätsverluste durch höhere Morbidität und frühere Mortalität. Dieser Anteil lag bei 41 Prozent an den gesamten Kosten.

Bei Alkohol wird laut WHO inzwischen davon ausgegangen, dass er an der Entstehung von mehr als 200 Krankheiten beteiligt ist (alkoholattributable Krankheiten). Er wird damit von der WHO als bedeutendster Risikofaktor für die Altersgruppe der 15- bis 49-Jährigen eingestuft. Da der Kausalzusammenhang hier aber schwer zu führen ist, lassen sich diese Kosten nur schwer erfassen.

Doch die wahren Ausmaße der (volkswirtschaftlichen) Kosten von Alkohol dürften ohnehin noch weitaus höher sein. So war laut Destatis im Jahr 2017 bei 13.463 der 583.208 an Unfällen mit Personenschaden beteiligten Personen hierzulande die Verkehrstüchtigkeit durch Alkoholeinfluss beeinträchtigt. Während bei allen Unfällen mit Personenschaden elf Getötete und 220 Schwerverletzte auf 1.000 Unfälle kamen, waren es bei Alkoholunfällen 17 Getötete und 340 Schwerverletzte je 1.000 Unfälle. Wie die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik für 2018 auswies, wurden 317.745 aufgeklärte Straftaten unter Alkoholeinfluss verübt. Mehr als jeder vierte Fall (26,2 Prozent) der aufgeklärten Gewaltdelikte wurde von Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss begangen. Besonders hoch unter den Gewaltkriminalitätsdelikten ist der Anteil der Fälle mit Alkoholeinfluss bei Totschlag und Tötung auf Verlangen (35,4 Prozent), Körperverletzung mit Todesfolge (29,3 Prozent) und gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genitalien (28,3 Prozent). Die Dunkelziffer (und damit die tatsächlichen Kosten) dürfte jedoch deutlich höher liegen.

Literatur

1.     Thavorncharoensap M, Teerawattananon Y, Yothasamut J, Lertpitakpong C, Chaikledkaew U: The economic impact of alcohol consumption: a systematic review. Subst Abuse Treat Prev Policy, 2009 Nov 25; 4: 20, DOI: 10.1186/1747–597X-4–20.
2.    Dams J, Buchholz A, Kraus L, et al.: Excess costs of alcohol-dependent patients im German psychiatric care compared with matched non-alcohol-dependent individuals from the general population: a secondary analysis oft wo datasets. BMJ Open, 2018, 8: e020563.
3.    Manthey J, Laramée P, Parrott S, Rehm J: Economic burden associated with alcohol dependence in a German primary care sample: a bottom-up study. BMC Public Health, 2016, 16: 906.
4.    Polizeiliche Kriminalstatistik. Bundesrepublik Deutschland, Jahrbuch 2018, Band 1, Fälle, Aufklärung, Schaden, Bundeskriminalamt (Hg.), 66. Ausgabe, V 2.0.
5.    Popova S, Lange S, Larry Burd L, Rehm J: The Economic Burden of Fetal Alcohol Spectrum Disorder in Canada in 2013. Alcohol and Alcoholism, Volume 51, Issue 3, 1 May 2016, 367–75, DOI: 10.1093/alcalc/agv117.
6.    WHO: Global status report on alcohol and health 2018. Geneva: World health Organization.
7.    WHO: Policy in action–A tool for measuring alcohol policy implementation. 2017, Kopenhagen: WHO Regional Office für Europe.

Entnommen aus MTA Dialog 12/2019

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