Laut Onkopedia erkranken in Deutschland jährlich etwa 30.000 Menschen neu an Harnblasenkrebs, wobei circa 3/4 aller Neuerkrankungen auf Männer entfalle. Damit sei der Harnblasenkrebs der vierthäufigste Tumor des Mannes und der neunthäufigste der Frau. Harnblasentumoren gehören somit zu den häufigsten Tumorerkrankungen in der Urologie. Der Verlauf der Erkrankung und damit verbunden die Art der Therapie ist abhängig von der Aggressivität der Tumoren. Erreichen diese noch nicht die Muskelschicht der Harnblase (nicht-muskelinvasive Harnblasenkarzinome), können sie endoskopisch abgetragen werden und die Harnblase wird erhalten. Bei Wachstum in die Muskelschicht (muskelinvasive Harnblasentumoren) muss jedoch die Harnblase komplett durch eine sogenannte Zystektomie entfernt werden.
pT1G3 Tumoren als Herausforderung
Es gibt nun eine Gruppe von Tumoren, die eine besondere Herausforderung darstellen: die sogenannten pT1G3 Tumoren. Diese sind noch nicht muskelinvasiv, aber schlecht differenziert, haben also ein hohes Aggressivitätspotenzial und damit z.T. die Fähigkeit, später in die Muskelschicht einzudringen. Hier müssen die Mediziner zwischen lokaler Therapie, also Harnblasenerhalt, und früher Zystektomie entscheiden. Um diese Entscheidung für jeden einzelnen Patienten bzw. Patientin genauer treffen zu können, seien Biomarker notwendig, die eine differenzierte Risikobewertung am Tumorgewebe oder sogar im Urin zur nicht-invasiven Diagnostik erlauben, da die alleinige histopathologische Analyse hier nicht ausreichend sei, so das Forschungsteam.
Übertherapie vermeiden
Die Forscherinnen und Forscher wollen mit ihrem Ansatz eine Optimierung der individuellen Therapieentscheidung erreichen. Eine Übertherapie mit Organverlust soll somit vermieden und eine frühzeitige Behandlung aggressiver Tumoren ermöglicht werden. Hierzu kooperieren die Teams von Prof. Dr. Kerstin Junker, Leiterin der Abteilung für klinisch-experimentelle Forschung in der Klinik für Urologie und Kinderurologie, Universitätsklinikum und Universität des Saarlandes, und PD Dr. Markus Eckstein, Oberarzt und Leiter der Studien- und Ringversuchszentrale des Pathologischen Instituts, Uniklinikum Erlangen, und Wissenschaftler der FAU Erlangen-Nürnberg.
Nicht-invasive Diagnostik mittels miRNA-Signatur im Urin?
„Hierfür wollen wir microRNAs (miRNAs) einsetzen. miRNAs sind kurze RNA-Moleküle, die in vielen Untersuchungen als vielversprechende, robuste Tumormarker in Tumorgeweben und Körperflüssigkeiten bestätigt wurden“, erklärt Junker. „In unseren Vorarbeiten konnten wir eine miRNA-Signatur identifizieren, die eine sichere Differenzierung zwischen nicht-muskelinvasiven und muskelinvasiven Tumoren erlauben und an unabhängigen Patientengruppen bestätigen.“ Ziel des aktuellen Projektes sei es nun, zu belegen, dass diese miRNA-Signatur auch eine sichere Diagnose an Präparaten der transurethralen Resektion, also bei der primären Diagnostik erlaubt. Darüber hinaus soll untersucht werden, ob eine Differenzierung der pT1G3 Tumoren hinsichtlich ihres Invasionspotenzials möglich ist. Des Weiteren soll die Möglichkeit der nicht-invasiven Diagnostik mittels miRNA-Signatur im Urin geprüft werden.
Besser als die histopathologische Analyse allein?
„Außerdem wollen wir die Bedeutung der molekularen Subtypen und deren Assoziation mit der miRNA-Expression insbesondere für die pT1G3 Tumoren analysieren“, sagt Junker. „Wir gehen davon aus, dass molekulare Subtypen die muskelinvasiven Harnblasentumoren hinsichtlich ihrer Aggressivität besser als die histopathologische Analyse allein differenzieren können“, betont Eckstein. Das Projekt wird mit insgesamt 321.000 Euro über drei Jahre durch die Deutsche Krebshilfe gefördert.
Quelle: idw/Universität des Saarlandes
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