4. Mikrobiologietage in Essen

Haus der Technik
Ursula Brett
4. Mikrobiologietage in Essen
Begrüßung der Teilnehmer/-innen zu den 4. Mikrobiologietagen © U. Brett
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Spannende Diskussionen zu aktuellen Themen der Bakteriologie, Virologie, Parasitologie und Hygiene gab es bei den diesjährigen Mikrobiologietagen am 4./5. November im Haus der Technik in Essen.

Karin Thees und Stefanie Berger von der DVTA-Bildungsgesellschaft sowie die Kolleginnen Marianne Vetter-Knoll, Rita Engelhard, Waltraud Malms-Fleschenberg und Nadja Ewers konnten wieder namhafte Referenten für die Vorträge und Workshops gewinnen. Christiane Maschek, Vizepräsidentin des DVTA, begrüßte die Teilnehmer im fast vollbesetzten großen Hörsaal im Haus der Technik und stellte in einer kurzen Eröffnungsrede die Aktivitäten des DVTA vor, insbesondere die mittlerweile sehr breit gefächerten Angebote zur Fort-, Weiterbildung und Akademisierung.

Größte Flüchtlingsbewegung seit dem 2. Weltkrieg

Dr. med. Inka Danniels-Haard vom Landesgesundheitsamt NRW sprach in ihrem Vortrag „Infektionsrisiken und Infektionsschutz“ über die größte Flüchtlingsbewegung seit dem 2. Weltkrieg, die Deutschland 2015 überrollt hat. Sie schilderte die enormen Herausforderungen, die in der klinischen und diagnostischen Infektiologie zu bewältigen waren, über Konzepte einer intensiven Zusammenarbeit, die zwischen öffentlichem Gesundheitswesen, klinischen Infektiologen, Mikrobiologen und Hygienikern entwickelt wurden, um die Zunahme von ansteckenden Erkrankungen wie Windpocken und Tuberkulose schnell zu diagnostizieren und durch prophylaktische Maßnahmen eine Ausbreitung der Infektionen zu verhindern.

Trinkwasserhygiene

Dr. Nina Parohl vermittelte Wissenswertes zu den unterschiedlichen Arten von Trinkwasser. Trinkwasser ist nicht gleich Trinkwasser. Welche natürlichen Keime in welcher Konzentration dürfen im Trinkwasser enthalten sein? Welche Krankheitserreger können im Trinkwasser vorkommen? Infektionswege und Infektionsgefahren wurden aufgelistet. Internationale und Deutsche Normen, Richtlinien und Trinkwasserverordnungen wurden aufgezeigt. Probenentnahmen sowie Untersuchungsparameter zur Aufbereitung von Wasser für medizinische Anwendung fanden Erwähnung.

Vom Antibiogramm zur Wahl eines Antibiotikums

Im „goldenen Zeitalter“ der Antibiotikatherapie glaubte man, die Infektionskrankheiten seien so gut wie besiegt, mitnichten. Vorkommen und Verbreitung von multiresistenten Keimen sind ein zunehmendes Problem. Das Antibiogramm gewinnt immer mehr an Bedeutung. Als Langzeitstrategie gegen Resistenzen muss nach wie vor der sinnvolle, wohlüberlegte und sparsame therapeutische Einsatz von Antibiotika angesehen werden, daher wird die Bedeutung des Antibiogramms in diesem Zusammenhang immer wichtiger. Der Vortrag von Dr. med. Marie-Luise Wimmer-Dahmen vom MVZ Dr. Stein, Mönchengladbach, begeisterte und war ein Gewinn, ihn gehört zu haben.

Seltene Infektionskrankheiten in Deutschland

Welche Rolle können exotische Stechmücken in Deutschland spielen? Dr. rer. nat. Rainer Oehme vom Landesuntersuchungsamt Baden-Württemberg stellte in seinem Vortrag 18 in Deutschland sporadisch vorkommende bakterielle, virale und parasitäre Infektionskrankheiten wie Tularämie, Brucellose, Hantavirus-Infektion, Frühsommermeningoenzephalitis, Denguefieber und andere in Steckbriefform mit zahlreichen Abbildungen und deren Vektoren vor.

Molekular biologischer Nachweis bei viraler Gastroenteritis

Prof. Dr. med. Jörg Timm, Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, hatte für seinen Vortrag das Thema: Molekularbiologischer Nachweis bei viraler Gastroenteritis gewählt. Akute Gastroenteritiden gehören weltweit zu den zehn häufigsten Todesursachen im Kindesalter. Schätzungsweise erkranken circa 700 Millionen Kinder pro Jahr in den ersten fünf Lebensjahren. 60 Prozent der nosokomialen Gastroenteritis-Fälle, die überwiegend bei Kleinkindern diagnostiziert werden, werden durch Rota-, Noro-, Astro- und Adenoviren verursacht. In Deutschland werden jährlich durchschnittlich 20.000 stationäre Fälle registriert.

Ausführlich erläuterte Professor Timm anhand zahlreicher informativer Folien die Vorgehensweise der molekularen Diagnostik bei Gastroenteritis-Erregern am Institut für Virologie des Universitätsklinikums Düsseldorf.

Am Samstag standen fünf Workshops mit interaktiven Vorträgen zur Auswahl. Wie nicht anders zu erwarten, fand der parasitologische Workshop wieder großes Interesse und war schnell ausgebucht. In bewährter Form wurden die Teilnehmerinnen im kleinen Kreis an 25 Einzelmikroskopen anhand zahlreicher ausgewählter Malaria- und Stuhlparasiten-Präparate intensiv von Marianne Vetter-Knoll und Hanne Fleischmann betreut.

Umgang mit der modernen Labordiagnostik

Unter dem Vorsitz von Rita Engelhard zum Thema aktuelle Diagnostik in der Mikrobiologie referierte Dr. med. Marie-Luise Wimmer-Dahmen zum Umgang mit der modernen Labordiagnostik. Was ist sinnvoll, was sinnlos? An Fallbeispielen erläuterte sie, welche Laborparameter wann sinnvoll und wann sinnlos sind. Ein lebendiger Vortrag, der zur regen Diskussion führte.

Gut angenommen wurde der Workshop Infektionsserologie in der Schwangerschaft, den Nadja Ewers geplant hatte. Viele Informationen vermittelte der Vortrag von Professor Dr. rer. nat. S. Modrow zum Cytomegalievirus und Parvovirus B 19, den heute wichtigsten Virusinfektionen neben der parasitologischen Toxoplasmose, die in der Schwangerschaft zu Fehl-, Totgeburten oder zu schweren Komplikationen führen können, wenn die Mutter sich zum ersten Mal während der Schwangerschaft infiziert, also noch keinen Immunschutz aufweist.

Für den Workshop Nosokomiale Infektionen, stets ein Renner unter den praxisbezogenen Themen, konnte Waltraud Malms-Fleschenberg als Referenten ein bewährtes Team aus dem Institut für medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Essen gewinnen. Aktuelle Information zu multiresistenten S.-aureus-Stämmen (MRSA), Vancomycin-resistenten Enterokokken (VRE) und multiresistenten Gram-negativen Darmbakterien wie E. coli, Acinetobacter und andere Erreger, die gegen drei Antibiotikaklassen (3-MRGN) oder gegen eine weitere Klasse (4-MRGN) resistent sind, war die Thematik des Vortrages von PD Dr. Jörg Steinmann.

Qualitätssicherung in der Mikrobiologie

Ein Vortrag zur molekularen Sepsis-Diagnostik durfte nicht fehlen. Diesen Part hatte freundlicherweise Professor Dr. med. Peter-Michael Rath übernommen. Dirk Schmidt hat über die Wertigkeit der molekularen Pneumonie-Diagnostik gesprochen und Dr. med. Jan Dziobaka stellte den opportunistischen Krankheitserreger Clostridium difficile vor. C. difficile ist der am häufigsten übertragene Infektionserreger in den Kliniken. Inzwischen ist die Gefahr, während eines Krankenhausaufenthalts an CDAD zu erkranken, fast doppelt so hoch wie das Risiko einer MRSA-Infektion.

Trotz vorgerückter Stunde am Samstagnachmittag fand der Workshop zur Qualitätssicherung in der Mikrobiologie vor voll besetzten Reihen statt. Malms-Fleschenberg referierte zur Aktualisierung der neuen Richtlinie der Bundesärztekammer (RiliBÄK) B3 für die Mikrobiologie. Zum Abschluss der 4. Mikrobiologietage gab es noch einen sehr lebhaften Vortrag von Professor Dr. med. Marianne Abele-Horn zur Resistenzbestimmung EUCAST versus CLSI.

Dem Organisationsteam herzlichen Dank, das wiederum ein tolles wissenschaftliches und praxisbezogenes Programm zusammengestellt hat und namhafte Referenten gewinnen konnte. Ein weiterer Dank geht an die fachbezogene Industrieausstellung, die innovative Entwicklungen aus dem Bereich der mikrobiologischen Diagnostik vorgestellt hat und die Firmenvertreter zu informativen Gesprächen einluden. Die Resonanz der Teilnehmer über die bestens organisierte Tagung war entsprechend positiv.

Entnommen aus MTA Dialog 1/2017

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