125 Jahre Entdeckung der Röntgenstrahlung – 124 Jahre Medizinisch-technisches Personal
Die Anfänge des Berufes, vor allem im Hinblick auf die Vorreiterrolle Marie Kundt am Lette-Verein Berlin oder auch die „Mutter des Berufes“, dürfte den meisten noch ein Begriff aus dem Berufskundeunterricht sein. Allerdings entwickelte sich erst in den 1920er-Jahren, nachdem die „Experimentierphase“ der Röntgenuntersuchungen in der breiten medizinischen Versorgung abgeschlossen war, eine Diskussion um Anforderungsprofile und die Notwendigkeit der ständigen Weiterbildung. Der Begriff des lebenslangen Lernens, der heute nicht nur im Beruf, sondern auf allen politischen Ebenen gefordert wird, liegt noch in weiter Ferne.
Wie Kirchberger (1985) eindrucksvoll recherchierte, gab es in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen ärztlich-beschränkten Blick auf die kognitive Leistungsfähigkeit der „Röntgengehilfinnen“. Sie sollten in erster Linie die Röntgenanlagen ausschließlich technisch bedienen und anatomisch-medizinisches Wissen und dessen Anwendung den Ärzten überlassen. Denn schließlich waren die Ärzte durch „vorzügliche Röntgen-Zeitschriften“ (Kirchberger 1985: 111f) immer auf dem aktuellen Stand, während Röntgengehilfinnen keinen Zugang zu diesen Zeitschriften hätten und ohnehin nicht fähig seien, ärztliches Wissen beispielsweise auf dem Röntgenkongress, „geistig [...] [zu] verarbeite[n]“ (ebd.). Immerhin sah man ein, dass auch das weibliche Personal auf dem aktuellen Wissensstand bleiben muss, und es wurde nicht nur die Zeitschrift „Röntgengehilfe“ 1921 begründet, sondern auch Vorträge angeboten.
Wie anders sieht es 100 Jahre später aus!
Medizinisch-technische Assistent/-innen arbeiten selbstständig an multimodalen Großgeräten, optimieren den Strahlenschutz, betreuen Patient/-innen nicht nur technisch, sondern verfügen zudem über ein medizinisch-anatomisches Wissen zur indika-tionsadaptierten Untersuchungsdurchführung als eine Grund-voraussetzung ihrer Tätigkeit. Aus Gehilfinnen wurden Assistent/-innen, bald sollen es Technolog/-innen werden und lebenslanges Lernen wird als Grundkompetenz in einer Wissensgesellschaft verstanden.
Weiterbildungen und Kongressbesuche sind eine Selbstverständlichkeit und Ärzt/-innen werden von Applikationsspezialist/-innen aus der Berufsgruppe der MTR(A) angelernt.
Staatlich anerkannt und gesetzlich gefordert sind Fort- und Weiterbildungen leider in den meisten Fällen noch nicht, auch wenn sich Verbände und wissenschaftliche Fachgesellschaften (auch die der Ärzteschaft!) dafür einsetzen.
Daher sind Institutionen wie das DIW-MTA mit seinen für die MTA-Berufsgruppe angebotenen Bildungsprogrammen (zum Beispiel berufsbegleitende Weiterbildung zur Radiologietechnolog/-in mit individueller Schwerpunktsetzung [MRT, CT, Pädiatrie, Dosismanagement, Neuroradiologische Interventionen etc.]) unerlässlich für die Qualifizierung des Personals mit dem Ziel: Patientensicherheit! Sicherlich hätte Marie Kundt dem DIW-MTA (beide am Lette-Verein angesiedelt) einen Besuch abgestattet und ihr Wissen für das Voranschreiten ihrer Kolleginnen und Kollegen eingebracht. Ich hätte sie auch gerne getroffen!
Literatur
1. Kirchberger, S: Medizinisch-technische Assistenz in der Gesundheitsversorgung. Frankfurt/New York: Campus Verlag 1985.
Entnommen aus MTA Dialog 10/2020
Artikel teilen