122. Deutscher Ärztetag
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) war zum zweiten Mal Gast des Deutschen Ärztetages. Wie schon im vergangenen Jahr in Erfurt musste er sich auch in Münster einer kritischen Auseinandersetzung mit seinen zahlreichen gesundheitspolitischen Initiativen und Gesetzen stellen. Eine kleine, aber laute Gruppe unter den rund 1.000 Teilnehmern an der feierlichen Eröffnungsveranstaltung quittierte seinen Auftritt gar mit Buhrufen und Pfiffen. „Mir liegt an einer konstruktiven Debatte, nicht schreien, nicht pfeifen“, konterte Spahn. Sein Gesprächsangebot sei kein Ritual. Er sei bereit, mit der Ärzteschaft über die Vorschläge aus seinem Haus zu diskutieren. Es gebe kein Gesetz, das nicht im Laufe des Gesetzgebungsprozesses besser geworden sei. „Warum machen wir denn Anhörungen?“, fragte der Minister. Es gehe schließlich darum, gute Argumente aufzugreifen und möglicherweise in den Gesetzestext einzuarbeiten.
Der Minister griff außerdem die Kritik an der Schlagzahl seiner Gesetzesinitiativen auf. „Wir haben viel angestoßen“, sagte er. Dabei gehe es aber nicht um Masse, sondern um Qualität. Als Beispiele führte er sein Vorgehen bei den Themen Organspende und Impfen an. 10.000 Menschen warteten in Deutschland zurzeit auf ein Spenderorgan. 2017 standen diesen 797 Organspender gegenüber, der niedrigste Stand seit 20 Jahren.
Dabei, so Spahn, erklärten bei Umfragen regelmäßig mehr als 80 Prozent der Deutschen, sie seien grundsätzlich zur Organspende bereit. Mit besserer Information und Aufklärung allein könne man den Organmangel offenbar nicht beheben. „Da muss man seine eigene Position überdenken“, meinte Spahn. Auch er habe vor Jahren einer Widerspruchslösung noch kritisch gegenübergestanden. Im April habe er dann einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf vorgelegt, der im Grundsatz vorsieht, dass jeder volljährige Bürger automatisch als Organspender gilt, wenn er nicht ausdrücklich widersprochen hat. Bereits im Februar hatte Spahn mit dem Organspendegesetz eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser vorgesehen, die Organe entnehmen.
Plädoyer für die Impfpflicht
Ähnlich sei die Situation beim Impfen, so der Minister. Durch Aufklärung allein habe man Impfziele nicht erreichen können. Deshalb benötige man eine Impfpflicht in Kita, Schule und für medizinisches Personal. „Hier geht es nicht nur um die individuelle Freiheit“, erklärte Spahn. Hier gehe es auch darum, andere nicht unnötig gesundheitlich zu gefährden.
Der Deutsche Ärztetag beschäftigte sich auch mit dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen. Er fordert die Bundesregierung dazu auf, die dringend notwendige Novellierung des MTA-Gesetzes und der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für technische Assistenten der Medizin vorzunehmen und die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten attraktiver zu gestalten.
„Nicht nur die Pflegeberufe, sondern auch die medizinisch-technischen Assistenzberufe (MTA) leiden unter einem deutlich ansteigenden Fachkräftemangel sowohl im Krankenhaus als auch in den Arztpraxen. Es ist dringend notwendig, die MTA-Berufsausbildung attraktiver zu gestalten, die veralteten Ausbildungsinhalte zu aktualisieren sowie adäquate Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen“, heißt es in der Begründung des Beschlusses.
Gerade die MTA-Berufe benötigten aufgrund hochkomplexer technischer Innovationen ein erweitertes Know-how und vor allem digitale Kompetenz. Zudem müssten Ausbildungsinhalte aufgenommen werden, die schon heute in Klinik und Praxis an die MTA delegiert werden, um die Patientenversorgung auf hohem Niveau zu sichern.
Der 122. Deutsche Ärztetag fordert die Landesregierungen außerdem dazu auf, die Schaffung zusätzlicher MTA-Ausbildungsplätze zu fördern. Schon heute existiere ein erheblicher Mangel an MTRA und MTLA in Krankenhäusern und in Praxen. Studien zeigen, dass in den kommenden Jahren überproportional viele MTRA und MTLA altersbedingt ausscheiden. Darum bestehe dringender Handlungsbedarf. Der Tarifabschluss von ver.di, der eine Vergütung für MTA-Auszubildende vorsieht, sei ein Schritt in die richtige Richtung zur Verbesserung der Ausbildungsbedingungen. „Nur leider fehlen vielerorts ausreichende Ausbildungsplätze. Hier sollte die Politik im Verbund mit Ausbildungsstätten und Kostenträgern Abhilfe schaffen und sich für einen Ausbau von MTA-Ausbildungsplätzen einsetzen, um auch in Zukunft die Versorgungsqualität auf hohem Niveau abzusichern“, fordern die Abgeordneten des Ärztetages.
Der neue Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt | © BÄK
Am 30. Mai wurde Dr. med. (I) Klaus Reinhardt zum neuen Präsidenten der Bundesärztekammer gewählt. Der 59-jährige Facharzt für Allgemeinmedizin tritt damit die Nachfolge von Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery an, der nach acht Jahren als Präsident der Bundesärztekammer nicht mehr für dieses Amt kandidierte. Reinhardt forderte die Ärzteschaft zur Geschlossenheit auf. „Im Gesundheitswesen ist der Kulturwandel in vollem Gang.“
Ausführliche Berichterstattung zum 122. Deutschen Ärztetag unter www.aerzteblatt.de/aerztetag2019
Entnommen aus MTA Dialog 7/2019
Artikel teilen